Werke

Predigt Haßbergen 7. September 2025

Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Schöpfer und Erlöser. Amen.

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht in der Apostelgeschichte des Lukas.

Apg 3,1-10

Einmal gingen Petrus und Johannes zum Tempel.

Es war um die neunte Stunde,

die Zeit für das Nachmittagsgebet.

Da wurde ein Mann herbeigetragen,

der von Geburt an gelähmt war.

Tag für Tag setzte man ihn

an das Tor zum Tempelvorhof,

das die »Schöne Pforte« genannt wird.

Dort sollte er bei den Tempelbesuchern

um eine Gabe betteln.

Der Mann sah Petrus und Johannes,

als sie gerade in den Tempel gehen wollten.

Er bat sie um eine Gabe.

Petrus und Johannes blickten ihn an,

und Petrus sagte: »Sieh uns an!«

Der Gelähmte sah zu ihnen auf

und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.

Doch Petrus sagte: »Gold und Silber habe ich nicht.

Aber was ich habe, das gebe ich dir:

Im Namen von Jesus Christus, dem Nazoräer:

Steh auf und geh umher!«

Petrus fasste den Mann bei der rechten Hand

und zog ihn hoch.

Im selben Augenblick kam Kraft

in seine Füße und Gelenke.

Mit einem Sprung war er auf den Beinen

und machte ein paar Schritte.

Er folgte Petrus und Johannes in den Tempel.

Dort lief er umher, sprang vor Freude und lobte Gott.

Das ganze Volk sah, wie er umherlief und Gott lobte.

Sie erkannten in ihm den Bettler,

der immer an der Schönen Pforte des Tempels

gesessen hatte.

Sie staunten und konnten nicht fassen,

was mit ihm geschehen war.

 

Liebe Gemeinde!

Der Predigttext erzählt eine Geschichte. Dies hat mich auf die Idee gebracht, die Predigt als Geschichte zu verfassen. Ich stelle mir vor, wie Menschen damals dies Ereignis erlebt haben, wie es sie verändert hat und was und wie sie uns davon erzählen könnten. Darum habe ich folgenden Brief geschrieben und diesem zuzuhören, lade ich Sie und euch herzlich ein.

Liebe Gemeinde, wo auch immer!

Mein Name ist Lydia. Das, wovon ich erzählen möchte, geschah kurze Zeit, nachdem ich mit meinem Mann nach Jerusalem gezogen war und das war einige Woche nach dem Passahfest im Jahre 33.

In dieser wunderschönen Stadt Jerusalem hatte wir gute Freunde und mit meiner Freundin Phoebe besuchte ich von Anfang an fast täglich den Frauenbereich beim Tempel.

Als wir eines nachmittags zum Gebet in den Tempel gingen, geschah dort etwas Wunderbares. Er hat mich so bewegt und beeindruckt, dass ich es unbedingt weitererzählen muss.

Phoebe und ich kamen zu den Stufen, die zum Tempel führten. Schon von Weitem sah ich den gelähmten Mann dort sitzen und betteln. Ich kannte ihn zwar nur vom Vorübergehen und manchmal gab ich ihm auch eine kleine Münze, doch wusste ich schon einiges mehr von ihm.

Phoebe hatte es mir erzählt. Der Bettler war schon von Geburt an behindert und saß schon seit Jahren am Tempeltor. – In gewisser Weise war Jerusalem eben wie ein Dorf, man wusste so einiges voneinander und es gab viele Geschichten. – Natürlich gab es mehrere Bettler auf den Tempeltreppen, aber dieser war jeden Tag da, wurde gebracht und abgeholt.

Als wir auf den Stufen kurz im Gespräch stehenblieben, überholten uns zwei Männer. Auch sie waren Phoebe bekannt. „Das sind Petrus und Johannes,“ flüsterte sie mir zu. „Sie gehören zu diesem Jesus aus Nazareth, von dem ja Unglaubliches erzählt wird.“ Ich kannte noch nicht so viele Geschichten über diesen Jesus, natürlich wusste ich, dass er gekreuzigt worden war – und angeblich auferstanden sein soll. Aber wer kann das schon glauben?!

Wir schauten den beiden hinterher. Sie waren nun nahe beim bettelnden Gelähmten. Er hielt die Hand auf und schaute verstohlen zu Boden. Leise murmelte er: „Eine milde Gabe, bitte.“ Die beiden Männer blieben stehen.

Eigentlich wollte Phoebe und ich weitergehen, doch meine Freundin bremste nun meinen Schritt und sagte: „Mal abwarten“, und ihre Kopfbewegung zeigt, dass sie sehen wollte, was nun geschah. Petrus und Johannes blickten den Bettler an. Doch er schaute weiter herab. Da sagte einer der Männer:“ Sieh uns an!“ Der Kranke hob langsam den Kopf und blickte überrascht und erwartungsvoll in die Gesichter dieser Männer.

Ich erschrak etwas, als ich sein Gesicht sah, denn mir wurde mit einem Mal bewusst, dass ich ihm, obwohl ich seit einiger Zeit fast täglich an ihm vorbeigegangen bin, noch niemals sein Gesicht gesehen hatte.

Es war ein trauriges Gesicht, und er musste doch noch jünger sein, als ich dachte. Ich sah ein kleines hoffnungsvolles Blitzen in seinen Augen, als er dieser Männer sah. Wohl, weil deren Verhalten auf eine größere Spende hoffen ließ. Und dann fiel diese Hoffnung wieder in sich zusammen. Auch ich erschrak etwas bei den Worten: „Silber und Gold besitze ich nicht.“ Was für eine Enttäuschung. Und dann kann dieser ungeheuerliche Satz hinterher: „Doch was ich habe, das gebe ich dir, im Namen Jesu Christi, geh umher!“ Wieder spürte ich Phoebes Hand an meinem Arm. Ich schaute sie an und bemerkte, dass sie aufgeregt und entsetzt war.

Und was dann geschah, was ja auch unglaublich. Der Mann, der Petrus hieß, fasste den Gelähmten an der rechten Hand und richtete ihn auf. Und der Behinderte fiel nicht nieder. Er konnte stehen, ging umher, ja sprang sogar. Neben mir sackte Phoebe in sich zusammen. Als ich mich zu ihr herabbeugte, sah ich aus den Augenwinkeln den ehemals gelähmten Mann nun mit diesen Jesusmännern im Tempel verschwinden.

Phoebe brauchte etwas länger, um sich zu erholen. Ich brachte ihr einen Schluck Wasser und wir saßen noch eine Weile zunächst stumm auf den Tempelstufen.

Dann hörten wir aufgeregte Stimmen. „Hast du gesehen, er sprang herum.“ „Von Geburt an gelähmt und nun auf einmal!“ „Und Gott hat er gelobt. Selten habe ich jemanden so Loblieder singen gehört!“ Die Stimmen gehörten Menschen, die aus dem Tempel kamen. Sie gingen an uns vorbei. Ihre Schritte waren schneller als sonst und ihre Bewegungen hektisch. „Sie haben ihn auch gehen sehen“, sagt Phoebe. „Das erste Mal“, dachte ich.

Dann sahen auch wir den Gelähmten aus dem Tempel kommen. Er sprang die Treppen hinab und sang laut, lobte Gott mit einer Stimmkraft, die ich ihm nie zugetraut hätte. Er erschien mir wie neugeboren.

Dies Erlebnis ließ mir keine Ruhe. Im Namen Jesu haben sie geheilt! Was macht dieser Glaube möglich? Ist doch etwas dran an der Auferstehung, an der Kraft zu neuem Leben? Ich wollte mehr wissen und fragte Phoebe aus, was sie über diesen Jesus wusste. Und dann haben wir gemeinsam den Predigten dieser beiden Apostel gelauscht.

Dies alles veränderte mich. Mehr und mehr hinterfragte ich mein Denken und Tun auf das, was ich von Jesus hörte und was er lehrte, lebte und getan hatte. Dabei lernte ich, Menschen neu zu betrachten und Zusammenhänge aus mehreren Blickwinkeln zu sehen. Ich fragte mich, wie mein Handeln Menschen nützlich sein könnte, dass es nicht nur kurz hilft, sondern sie in ihrem ganzen Leben stärken könnte. In diese Richtung versuchte ich mein Leben zu gestalten.

Wenn Phoebe und ich nun zum Tempel gehen, lassen wir uns auf den Stufen mehr Zeit für die, die um Hilfe rufen. Wir geben ihnen manchmal Geld, aber mehr noch etwas von unserer Zeit. Und wir kennen von vielen nun nicht mehr nur Geschichten über sie, sondern wir kennen auch ihre eigene Geschichte und sie selbst. Mit einigen haben wir sogar neue Freundschaften geschlossen.

Ich habe dabei für mich erkannt, dass es viele andere Begegnungen gibt, wo ich Menschen nicht ins Gesicht sehe oder es erst gar nicht will. Dort, wo ich den Blick von Angesicht zu Angesicht nun schon gewagt habe, ist vieles ehrlicher und echter geworden und manches Urteil, dass ich schon gefällt hatte, konnte ich mit dem Blick im Namen Jesu nicht mehr aufrechterhalten. Und einige ungesunde Beziehungen in meinem Umfeld wurden heiler.

Längere Zeit danach traf ich den ehemals Gelähmten auf den Stufen zum Tempel. Ich sprach ihn an und erzählte ihm, dass ich seine Heilung damals beobachtet habe. „Und das mir“, sagte er mir im Gespräch.“ Ich war kein Jesusanhänger und auch kein besonders gläubiger Jude. Die Heilung geschah ohne Vorleistung, ohne Bedingung. Es war ihr Glaube, der Glaube von Petrus uns Johannes, der mich heilte.“

„Vielleicht kann unser Glaube an Jesus auch anderen helfen,“ sagte ich ihm daraufhin.

Phoebe und ich wurden keine Wunderheilerinnen und keine Heiligen, eher Fragende und Versuchende. Doch dies hat das für uns und andere schon mehr hin zu einem erfüllteren Leben verändert, als wir dachten.

Und so haben wir es, wie viele andere Männer und Frauen, die an Jesus glauben, an die folgenden Generationen weitergetragen, dass wir alle versuchen im Namen Jesu zu leben, zu fragen, zu denken, zu handeln und Menschen anzusehen von Angesicht zu Angesicht.

Ich habe aber erfahren, dass dies in den Jahren schon mehr Menschen bewegt hat, mehr Menschen aufgerichtet und gestärkt hat, als ich es je für möglich gehalten hätte. Darüber freue ich mich und hoffe, dass diese Bewegung niemals endet. So bitte ich euch, erzählt diese Geschichten immer wieder und wieder. Eure Lydia

 

Wir können dieser Lydia nicht direkt antworten. Selbst, wenn es sie gegeben hätte, wäre sie schon lange tot. Doch ich hoffe, dass wir mit unserem Leben als Christinnen und Christen der Freude und der Hoffnung Antwort geben, die viele Menschen – so wie die erdachte Lydia – mit dem Evangelium verbunden haben. Dass wir als Gemeinde Jesu Christi weitertragen, was Generationen vor uns Menschen bewegt und gestärkt hat zum Leben, und dass wir von der heilsamen Kraft des Glaubens etwas unter uns spürbar machen können. Ich wünsche mir auch, dass wir versuchen, Menschen, denen wir begegnen, ins Gesicht zu sehen, und erkennen lernen, welche Hilfe unsere Nächsten wirklich brauchen. Und ich hoffe, dass wir uns über die Fülle des Lebens, an der wir dann Anteil haben, von Herzen freuen können und diese Freude auch zeigen. Amen.

 

 

Herr Stegner

Herr Stegner in Grabreihe sieben

ist letzte Woche tot geblieben.

Sein Tod kam rasch, zu früh

am Ende eines Tages Müh`.

Geklagt, getrauert und geweint,

hatte man am Grab vereint.

Doch lange ists nicht so geblieben,

Streit gab es in Grabreihe sieben.

Gleich nach dem Erdwurf schon Gemunkel.

Das Testament lag noch im Dunkel

und jeder meinte, dieses Erbe

allein nur ihm zu teil werde.

So war es still beim Leichenschmaus

und jeder ging für sich nach Haus.

Verwandte waren plötzlich Gegner.

Ach, der arme tote Stegner.

 

Dabei hat er laut gelacht,

als seine Seele um halb acht

noch einmal durch das Dörfchen flog,

wo jeder gern mal kräftig log.

Wo lobgepudelt, bauchgepinselt,

die Ehrlichkeit in Gully rinselt.

Wo Gier und Neid ganz oben stehen

und niemals müd` zu Bette gehen.

Ach, wie wird es im Himmel schön,

dachte die Seele noch beim Gehen

und entschwand in die Verheissung,

wohin es geht ganz ohne Leistung,

nur mit dem Herz am rechten Fleck,

denn das ist unser Lebenszweck.

Denn, was du angehäuft auf Erden,

wird meist ein Zangäpfelchen werden.

Schaut lieber hin wie der Herr Stegner

und lacht über die gierig Gegner,

wenn im Streit ums Testament

die Verwandtschaft auseinanderrennt.

Herr Stegner hat es früh geahnt

und sein Geld anderswo verplant.

Es war schon ausgegeben,

denn er genoss sein Leben.

Neben aller Tages Last

machte er doch gern mal Rast.

In die Näh` und in die Ferne

reiste er nämlich ganz gerne.

Nur für das Grab in Reihe sieben

war noch genügend Geld geblieben,

für Bodendecker, Rasenschnitt,

dreimal Bepflanzung und noch mit

Friedhofsgebühr und Tannengrün.

So konnte die Seele ruhig gen Himmel ziehn.

Ja, nun ist er tot geblieben.

Der Herr Stegner Reihe sieben.

Doch er hat gelebt, gelacht

und damit vieles gut gemacht.

 

Anke Dittmann 

Neu sehen lernen

Zur Geschichte der Heilung des blinden Bartimäus

Jeden Morgen ziehe ich mit meinem Karren durch Jericho, erst durch die Gassen, dann durch das Stadttor hinaus. Holz holen. Jeden Morgen. Heute ist aber etwas anders, ich kann nur nicht sagen, was. Gut, dass ich Simon treffe, meinen alten Nachbarn, den kann ich fragen. „Weißt du, was heute anders ist?“ „Anders?“, fragt er nach, lächelt dann und sagt:“ Der schreiende Bartimäus am Stadttor fehlt, falls du das meinst, und das für dich von Bedeutung sein sollte.“ Der schreiende Bartimäus? Der war mir nie aufgefallen, zumindest nicht bewusst. „Was war denn mit dem?“, frage ich nach. „Das weiß doch jeder“, entgegnet mein Nachbar. „Der war blind und bettelte jeden Tag am Stadttor. Eine laute Stimme hatte der, unüberhörbar.“ „Und jetzt? Wo ist er jetzt?“, will ich wissen. „“Joschua“, sagt Simon auf einmal mit würdiger Stimme, „wo lebst du eigentlich? Manchmal denke ich, das Leben zieht an dir vorüber, ohne dass du es wahrnimmst. Die ganze Stadt redet davon! Er ist geheilt von diesem Wanderprediger Jesus.“ Jesus? Nie gehört, schießt es mit durch die Kopf. „Und jetzt kann er wieder sehen?“, denke ich dann laut. „Richtig. Und deshalb sitzt er nicht mehr am Stadttor und schreit“, ergänzt Simon. „Das ist also anders. Ich muss jetzt aber weiter. Shalom, Joschua.“ „Shalom und Danke“, rufe ich ihm nach und ziehe ebenfalls meiner Wege.

Als ich mit dem voll Holz geladenen Karren in die Stadt zurückkomme, schaue ich das erste Mal beim Stadttor wirklich hin. Ein Platz unter den Bettelnden ist tatsächlich leer. Aber so viele andere sitzen noch da. Ich kann heute nicht anders und ziehe meinen Karren langsamer. Ich muss jedem ins Gesicht sehen: den Blinden, den Lahmen, den Alten und Schwachen, die mir ihre Hände entgegenstrecken. Ich hatte sie vorher nie so gesehen. Es fällt mir jetzt schwer, einfach so an ihnen vorbei zu ziehen. Zuhause lege ich mir einige Früchte zurecht. Morgen werde ich ihnen etwas davon in ihre Hände legen. Als ich an diesem Abend zum Schlaf die Augen schließe, weiß ich, dass ich heute neu sehen gelernt habe. Und dieser Jesus? Auf den bin ich neugierig geworden.

Anke Dittmann

Wie ein Baum am Wasser

„Gesegnet ist der Mensch, der sich auf Gott verlässt und dessen Zuversicht Gott ist, der ist wie ein Baum am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt.“ Jeremia, der diese Worte geschrieben hat, wusste, dass wir Menschen ohne ein Auftanken, ohne Bezug zu einer Lebensquelle nicht bestehen können. Verlässlichkeit und Zuversicht aus dem Glauben an Gott das sind Jeremias Lebensquellen, die ihn auch dürre Jahre überstehen lassen. Dahin hat er feste Wurzeln ausgestreckt.

Das Wort des Propheten lässt mich fragen, wohin ich meine Wurzeln ausgestreckt habe. Da denke ich an die Beziehung zu meinem Elternhaus, zu alten Freunden, zu Prägungen aus Schule, Ausbildung und Vereinsleben oder aus der kirchlicher Jugendarbeit. Ich denke an meinen Mann und meine Kinder, an die Entdeckung mancher Gaben in mir, die noch Anschub brauchen, um zum Tragen zu kommen. Ich denke an manch richtungsweisende Worte von Menschen, die mich im Leben begleitet haben.

Doch einige dieser Wurzeln sind mit den Jahren vertrocknet oder gekappt. Sie haben mir beim Wachsen geholfen, halten mich jetzt aber nicht mehr fest. Manche Wurzeln habe ich bewusst abgestoßen, habe mich in eine andere Richtung ausgestreckt, da schwindendes Wasser mich bedrohte, und ich Angst hatte, die Dürre nicht mehr überstehen zu können.

Aber eine Wurzeln zieht sich bei mir durch. Sie war früher unscheinbar und klein, ich habe sie kaum beachtet. Nun ist sie aber gewachsen und wenn alles reißt, ist sie neben meiner Familie mein Halt und Standbein. Es ist die Hoffnung mit unserem Gott des Lebens und mit all den Beispielen Jesu helfen zu können, die Welt zum Guten zu verändern. Die Wurzel, dass Gott mir zutraut dabei mitzumachen, aktiv für das Leben einzutreten, geht ganz tief in den Boden. Und das empfinde ich als großen Segen für mein Leben. Diese tiefe Wurzel hilft mir gegen Oberflächlichkeit. Sie überrascht mich mit Lebenskräften. Sie hilft mir auch trotz manch verlorener Wurzel weiterzuleben. Damit wird niemand etwas Besonderes oder eine Wundertäterin, aber doch ein Mensch, der sich nicht so leicht einknicken lässt.

Wohin strecken wir unsere Wurzeln aus? Wo erleben wir Verlässlichkeit und Zuversicht? Wo finden wir Kraft in Dürrezeiten? Wo erleben wir unser Leben als gesegnet? Jeremia erinnert an die Wurzeln, die uns mit Gott verbinden, der ein gelingendes Leben für uns will. Ich wünsche allen, dass wir solch eine segnende Lebensquelle finden und mit ihr leben können wie ein starker Baum am frischen Wasser.

Anke Dittmann

Lobe den Herrn, meine Seele

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Dies Psalmwort ist eine gute Überschrift für unsere Tage. Er hilft auf zweierlei Weise.

Zum einen denke ich an die Termine, auf die ich mich freue: Begegnungen, vielleicht ein Kinobesuch oder die Durchführung eines Projektes, dass ich lange und gut vorbereitet habe,… Schön, dass es in meinem Leben viele Möglichkeiten gibt, dass ich überhaupt etwas Gutes erwarten kann. Dafür bewusst zu danken – Gott zu loben aus mir heraus, aus meiner Seele, macht mir den Wert solcher Momente und Ereignisse deutlicher und damit auch die Freude darüber.

Ich denke aber zum anderen auch an Dinge, die mir bevorstehen: ein unangenehmer Arztbesuch, Angst, weil einem guten Freunde eine schwere Diagnose bevorsteht, Gespräche, denen ich lieber aus dem Weg gehen würde…, dann hilft mir die Erinnerung an Gutes, um Kraft und eine Perspektive zu behalten.

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Ich glaube, es ist ein Vers, der uns die Kostbarkeit der Momente, wo wir das Leben besonders intensiv spüren, vor Augen führen will und er möchte uns schützen davor, Scheuklappen der Verbitterung aufzusetzen und nur noch zu hadern. Was auch geschehen wird, das letzte Wort liegt bei Gott, bei dem, der uns im Leben mit so viel Gutem, mit Zuspruch, Liebe und Engelskraft begegnet ist. Das wird mich nicht einfach über alles hinwegtrösten, aber es lässt mich nicht ohne Hoffnung weiterleben. Und das trägt mich durch alle Tage und lässt mich Gelungenes genießen. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat, eine das Leben bereichernde Überschrift für alle Tage.

Anke Dittmann

Im Gebet ist Gott mein Seelsorger

Manchmal fehlen mir die Worte vor Glück, vor Schreck, vor Erschöpfung, vor Trauer, vor Betroffenheit. Dann stammle ich nur vor mich hin, meine Sätze werden unvollständig und andere können mich nicht verstehen. Wohin aufgewühlt mit so viel Gefühl? Wie soll ich mich so schnell ordnen oder meine erlebten, unbeschreiblichen Momente erklären? Das gilt für die Geburt meiner Kinder, beim letzten Abschied von meiner Mutter, bei einem engen, dichten Gespräch mit Menschen, die mir viel bedeuten, beim ohnmächtigen Mitansehen vom Tod der Menschen, die kaum glückliche Momente in ihrem Leben erlebt haben. Wohin mit all dem, was mich innerlich umtreibt, wohin mit dem Stöhnen, dem Jauchzen, den Tränen, den durcheinander geworfenen Silben. Wer kann mich so verstehen?

Im Psalm 66,20 heißt es: Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. Für mich ist es ein Trost zu wissen, dass Gott meine unvollständigen, gestotterten Wortfetzen versteht. Er kann meinem Schwall von Gefühlen Herr werden. Ihm kann ich klagen ohne Rücksicht auf ausgefeilte Formulierungen, selbst Anklagen hält er aus. Ihm kann ich Freude erzählen, auch wenn ich vor Aufregung kein Wort herausbringen kann. Er hat es trotzdem genau richtig verstanden. Und nicht nur das, er ist ein gütiger Zuhörer, vor dem ich meine tiefsten Gedanken nicht verbergen kann und muss. Mein Versteckspiel findet vor Gott im Gebet ein Ende, das kann manchmal erst einmal weh tun, doch tut es letztlich doch gut, weil Gott ein Zuhörer ist, der Halt gibt. Das hilft mir zu ertragen, was ich nicht ändern kann, und die Unbeschreiblichkeit stehen zu lassen, weil Gott sie versteht. Oder es hilft mir, mich zu sortieren und trotz allem, was geschieht, nach vorn zu schauen, aktiv zu bleiben.

Im Gebet ist Gott mein Seelsorger, darum: Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.

Anke Dittmann

Hier bin ich

Hier bin ich! Diese Worte gehören zur Berufungsgeschichte von Mose. Angelockt durch die faszinierende Beobachtung des brennenden Dornbuschs, der nicht verbrennt, kommt Mose am Berg Horeb Gott ganz nah. So nah, dass er hört, wie Gott ihn beim Namen ruft: „Mose, Mose!“ Mitten im alltäglichen Trott beim Hüten der Schafe geschieht dies. Mit einer Gottesbegegnung hat Mose dabei sicher nicht gerechnet.

Was würden Sie antworten, wenn Gott Sie mitten im Alltag mit einem Phänomen auf sich aufmerksam macht? Wenn sie sich an dies Wundersame näher herantrauen und Gott Sie unverhofft mit Namen ruft? Würden Sie vor Schreck davonlaufen? Oder würden Sie denken, da spielt mir jemand einen Streich, wo ist die versteckte Kamera? Würden Sie sagen, lass mich in Ruhe? Oder denken Sie, wäre ich bloß nicht hergekommen? Vielleicht würden Sie sich darüber freuen, dass Sie jemand ganz persönlich mit Namen ruft?

Mose antwortet einfach mit den Worten: „Hier bin ich.“ Damit nimmt er das Gespräch auf. Gott gibt sich ihm dann zu erkennen und gibt ihm den Auftrag, die Israeliten aus der Sklaverei zu befreien. Mose hat die Aufgabe zunächst Angst gemacht, aber Gott versprach ihm dafür seine Hilfe. Eine großartige Befreiungsgeschichte beginnt.

Hier in unseren Breiten werden wir das Phänomen des brennenden Dornbuchs nicht erleben. Aber von Gott gerufen werden wir auch. Und das können wir in uns fühlen, wenn andere unsere Hilfe, unseren Zuspruch oder ein Stück unserer Zeit nötig haben. Oftmals begegnen wir diesen Menschen zufällig mitten im Alltag. Wir können diesem Ruf Gottes aber auch Gehör schenken, wenn wir uns Zeit nehmen, in uns hineinzuhorchen auf einem Spaziergang, bei einem Musikstück, in einem Gottesdienst… Auf jeden Fall gehört ein Stück Neugier und Offenheit dazu. Hören wir den Ruf Gottes, brauchen wir nur noch wie Mose zu antworten: „Hier bin ich.“ Mit Gott an unserer Seite kann dann manch Wunderbares geschehen, auch Befreiendes für andere und für uns. Hören wir im Stimmgewirr unserer Zeit einmal mehr auf diese besondere Stimme und haben wir den Mut zu antworten.

Anke Dittmann

auf ein Wort

Hoffen heißt, an das Abenteuer der Liebe glauben

Bei Jesaja heißt es: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht
wird er nicht auslöschen. Es ist ein bekanntes Trostwort. Wer am Boden liegt,
wird nicht noch mit Füßen getreten. Wem durch Verurteilung anderer, Mobbing
oder Zwänge und Druck das Rückgrat beschädigt wurde, der wird nicht noch ganz
gebrochen. Wem durch Verlust eines Menschen, Verlust der Arbeit, Verlust der Lebenskonzeption
das Lebenslicht gelöscht wird, dem wird nicht noch die letzte Wärme genommen.
Es bleibt ein Hoffnungsschimmer.

Helder Camera schreibt: „Hoffen heißt, an das Abenteuer der Liebe glauben und
Vertrauen zu den Menschen haben.“ Gott ist dies Abenteuer der Liebe mit uns
eingegangen, als er als Mensch unter uns lebte. In Jesus hat er gerade die,
deren Leben angeschlagen, verletzt oder sogar fast ausgelöscht war, aufgerichtet.
Mit diesem Wort hat Jesaja uns die Botschaft hinterlassen, dass Gott uns dieses
Aufrichten auch untereinander zutraut.

Ich empfinde es als abenteuerlich in unserer Welt dieser Hoffnung zu folgen, viele
haben da bereits resigniert. Ich glaube aber auch, dass es keine Alternative
gibt, wenn wir Menschen mit Rückgrat bleiben wollen und auf Licht und Wärme für
uns und andere nicht gänzlich verzichten möchten. Gott setzt sein Vertrauen in
uns. Ich hoffe für uns und zum Heil dieser Welt, dass wir denen, die Leben
auslöschen und zerbrechen wollen, immer wieder etwas entgegensetzen, und den
Glauben an dies Abenteuer der Liebe nicht verlieren, sondern einander trösten
und aufrichten und wieder zum Leuchten bringen.

Anke Dittmann                   



Ein Wort – angedacht

Flatterie

2016 hat der Dudenverlag ein Buch herausgegeben mit dem Titel: „Versunkene Wortschätze, Wörter, die uns fehlen werden“. Das hat mich sofort fasziniert. Für heute habe ich das Wort Flatterie ausgesucht, das Verb dazu flattieren. Und ich behaupte: Ich mag es gern, wenn jemand mir eine Flatterie zukommen lässt.

Vielleicht überlegen Sie jetzt mit Fragezeichengesicht, was ich da wohl bekommen möchte. Oder ob man das überhaupt haben möchte? Die große Flatter ist zumindest nicht gemeint, auch nicht etwas Unstetes, Sprunghaftes oder Unbeständiges. Ob es etwas zu essen meint, einen besonderen Vogel etwa, der nicht mehr rechtzeitig davonflattern konnte? Oder ob es eine neue Form – eine Serie etwa – der Flatrate meint – Flatterie? Im Duden ist das Wort zwischen Flatterhaftigkeit und flatterig zu finden, was gar nicht weiter bringt. Eher der Hinweis: Das Wort sei veraltet. Ich mag diese Art des Veralteten gern, weil es immer weniger wird bei uns in der Gesellschaft. Also, ich mag nicht das Veraltete allgemein, aber das Flattieren vermisse ich.

Das Wort hat französische Wurzeln und bedeutete im alten Germanischen: die flache Hand über etwas gleiten lassen. Das nun jeder und jede die flache Hand über mich gleiten lassen möge, ist natürlich von mir nicht gewünscht, weder für mich noch für andere. Die #Me-too-Bewegung und wir natürlich auch haben da noch viel am Verständnisarbeit vor uns, wie wir jetzt auch aus dem Frauenfußball wissen. Erfahrungen, über die früher nicht gesprochen wurde, leider.

Die Flatterie nun ist ein altes Wort für Schmeichelei. Jemanden einmal zu schmeicheln, Komplimente zu machen, Herzchen zu schicken oder Smilies, das fehlt mir in unserem Miteinander. Wie oft heißt es: Du siehst heute aber kaputt aus? Was hast du denn an? Du solltest mal zum Friseur gehen…Das schaffst du eh nicht. Was ist denn das wieder für eine Schnapsidee… Der Daumen geht runter. In harter Kritik sind wir gut.

Schauen Sie aber mal in die Gesichter der Menschen, denen Sie ehrlich etwas Gutes sagen. Zum Beispiel zu einem schönen neuen Kleidungsstück, einer gutsitzenden Frisur, einem tollen Wortwitz, einer richtig originellen Idee…

Solche Gesichter würde ich gern mehr sehen. Es würde sich auf unser ganzes Miteinander positiv auswirken.

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Üben darin, Komplimente zu verteilen oder eben Flatterien zu verschenken.

©Anke Dittmann 31.8.2023

 

Quelle: versunkene Wortschätze – Wörter, die uns fehlen werden

Dudenverlag, Berlin 2016

 

Ein Wort-angedacht

Eselsbank

Bei einer Fortbildung zum Thema Gerechtigkeit haben wir uns als Teilnehmende einmal ausgetauscht, wo wir persönlich in unserem Leben Ungerechtigkeit empfunden haben. Überraschend war, dass fast alle von Erlebnissen aus der Schule erzählten. Ich auch. Zensuren wurden als eher willkürlich empfunden, Lehrende hatte ihre Lieblinge. Individuelle Ideen waren nicht immer willkommen.

Dabei finde ich Lernen wirklich toll, und es gibt so viel Interessantes.

Tief verborgen in mir tauchte in diesem Zusammenhang ein Wort auf, das ich mit der Kindheit meiner Großeltern verbinde: die Eselsbank. Rigoros wurden dort die SchülerInnen platziert, die wiederholten oder auch überforderten, weil sie den Rahmen sprengten; die SchülerInnen also, die störten, frech oder bockig waren oder die wirklich nicht mitkamen und mehr Hilfe gebraucht hätten. Ganz hinten oder ganz vorn saßen sie extra und nicht nur das: Sie wurden abgestempelt – als Esel.

Esel sind natürlich nicht dumm, wie oft behauptet. Sprichwörtlich als dumm, faul und stur verrufen, ist er (der Esel) in Wahrheit gesellig, loyal und überaus neugierig.“ (https://welttierschutz.org/tierportrait-esel/ ) Umsonst ist der Esel nicht schon so lange Zeit ein Haustier des Menschen. Doch im Umgangssprachlichen stehen die Esel leider noch häufig für stur und dumm.

Ich kann mir vorstellen, dass auch manch ein/e Schüler/in auf der Eselsbank eine gesellige Seite hatte oder überaus neugierig gewesen ist und vielleicht auch ganz loyal zu der Einstellung, ein eigenes Individuum zu sein. Das ist nicht immer einfach im Miteinander, aber kein Grund, klein gemacht zu werden. Ich hätte an so einem Stempel aus der Schulzeit lange zu tragen gehabt, wenn mir doch manche Zensurenentscheidung noch nach Jahrzehnten so hartnäckig als Unrechtserfahrung nachhängt.

Der Begriff legt es uns auf jeden Fall ans Herz, pauschale Urteile und Schubladendenken  abzubauen, und solche Plätze – wie Eselsbänke – weder real noch im Kopf zu billigen, da sie Ungerechtigkeit auslösen und verletzen.

©Anke Dittmann 14.9.23

 

 

Ein Wort – angedacht

Kollateralverwandter

Ein Wort aus dem verblüffenden Dudenbuch: „Versunkene Wortschätze“ – Wörter, die uns fehlen werden: Kollateralverwandter. Das klingt gar nicht so fremd, wenn man bedenkt, dass kollateral benachbart, seitlich angeordnet bedeutet. Ein Kollateralverwandter von mir wäre also etwa der Bruder von der Schwägerin meiner Cousine dritten Grades, kurz ein fast Unbekannter.

Bekannt wird dieser nur, wenn er zu einem Kollateralschaden für die weite Familie wird. Zu einer unbeabsichtigten, fatalen Nebenwirkung. Etwa zu einem Menschen, wo man sagen möchte, der oder die gehört nicht zu uns. Militärisch sind Kollateralschäden traurige, unerträgliche Geschehnisse mit unschuldigen Opfern, die in Kauf genommen werden. So weit kommt es aber im Familiären seltener. Aber unbeabsichtigte schlechte Nebenwirkungen gibt es von Verwandten zuhauf, da kennt jeder und jede Geschichten. Manchmal tauchen plötzlich menschenverachtende Parolen auf, manche Familien werden auseinandergemobbt, wenn sie das zulassen. Neid und Erbstreitigkeiten ziehen sich durch entfernteste Verwandtschaftszweige, die wir leider zu spät beschnitten haben. Unversöhnlichkeit, Rechthaberei…

Doch muss das Kollaterale nicht nur negativ sein. Kollaterale sind auch Gefäße im Blut- und Nervensystem, die uns versorgen, wenn Hauptleitungen verstopft sind oder etwa bei Operationen gekappt werden müssen. Also schon vorab eine rettende Notumleitung oder segensreiche Seitenlinie. So können uns Kollateralverwandte vielleicht auch zu Helfenden werden. Sie können eventuell etwas, was andere in der Familie nicht mehr mittragen können, oder einspringen, wo jemand fehlt. Sie geben Ratschläge als Spezialisten in Gebieten, wo sonst keiner eine Ahnung hat. Und dann kommen plötzlich die unbekannten Verwandten zusammen und bereichern sich, geben Gartentipps und packen mit an, haben tolle Rezepte, finden noch Fotos von längst verschollenen Erinnerungen…

Schauen wir hin, wer uns in der weitläufigen Familie zum Kollateralschaden wird oder zur rettenden Kollateralen. Und gucken wir auch selbstkritisch auf uns, in welcher Richtung wir uns eher einordnen würden.

Im besten Fall entwickelt sich ein tragendes weites Netz, das zusammenhält und uns gegenseitig trägt. Bei Kollateralverwandten, läuft es gut, kann die Seitenlinie gar nicht lang genug sein.

© Anke Dittmann 31.8.2023

Quelle: versunkene Wortschätze – Wörter, die uns fehlen werden, Dudenverlang, Berlin 2016

Tunneldurchhaltekompetenz

Ein Wort – angedacht

Tunneldurchhaltekompetenz

Ich weiß nicht mehr, wo mir dieses Wort zuerst begegnet ist und wem wir diese wunderbare Wortschöpfung zu verdanken haben. Mir hat das Bild gleich gefallen.

Manchmal fährt uns das Leben wie an eine Wand. Es gibt keinen Blick nach vorn, keine Möglichkeit, Geschehenes zu überwinden. Und doch geht das Leben weiter und die Zeit bleibt nicht stehen. Doch es fühlt sich oft an, wie in einem Tunnel.

Tunnel – davon gibt es auf der Welt viele. Sie helfen voranzukommen, wenn uns Berge im Weg stehen, die nicht so leicht zu überwinden sind. Oder wenn wir etwas untertunneln müssen, Gewässer etwa, Bahnschienen, breite Straßen. Sie nützen uns also. Manchmal sind sie viel länger als gedacht und unheimlich. Manchmal braucht es Jahrzehnte, den Durchbruch zu schaffen. Manchmal ist es lange dunkel, bis wir das Licht am Ende des Tunnels sehen.

Wie ist das auszuhalten? Ich brauche Vertrauen, dass ich nicht vor einer Wand stehe, sondern vor einem – wenn auch noch undurchsichtigen – Weg, der ein Ende findet. Ich brauche Hoffnung, dass es wieder hell wird, und die Berge oder die Fluten sollen danach über – oder unterwunden sein.

Miteinander durch Tunnel gehen oder fahren, mit Menschen, denen ich vertraue, den Eltern, den Großeltern, die sicher wissen, dass Tunnel ein Ende haben, sind eine grundlegende Lebenserfahrung, ganz einfach, fast zu selbstverständlich, und doch entscheidend. Wer in einem Tunnel ist und hindurchgeht, wird auch wieder herauskommen.

Doch zunächst ist da dunkel, kein Blick für irgendwelche neue Richtung, nur ein stures Folgen der vorgefundenen Röhre. Wir funktionieren. 

Wenn wir in Gefahr sind, dort stehen zu bleiben, helfen Gespräche mit Menschen, die Tunnel im Leben durchgehalten haben: Schmerz, Trennung, Trauer, Sorgen, Krankheit. Solcher Austausch stärkt Vertrauen, dass auch mein Tunnel ein Ende haben kann und wird.

Reden wir miteinander, erinnern wir uns an ganz kindliche Grunderfahrungen, suchen wir Nähe zu Menschen, die Tunnelerfahrungen nicht wegreden oder ihnen ausweichen. Dann baut sich eine Widerstandskraft auf, eine Kompetenz, den Tunnel nicht als Endstation, sondern als Durchgang zu wieder besseren Zeiten begreifen zu können.

Zugegeben, hinter dem Tunnel kann und wird es wohl ganz anders sein, und manches kommt nicht zurück. Wer Richtung Süden durch die Alpentunnel fährt, kann immer wieder über ganz neue Eindrücke nach jedem Ende erzählen, als wäre man auf einmal in einer anderen Welt. Doch es zeigt, es gibt eine Zukunft, die lohnt. In der Bibel sagt Jesaja es so: Aber die Zeit der Finsternis und der Hoffnungslosigkeit wird einmal ein Ende haben. (zitiert nach: Hoffnung für alle, Jesaja 8,23).*

Wenn wir eine gewisse Tunneldurchhaltekompetenz im Leben mit auf den Weg bekommen haben von denen, die uns ins Leben geleiteten, dann können wir unsere Tunnel durchschreiten, nicht immer mit festen Schritt, manchmal sicher auch mit wackeligen Knien. Und wir können denen, die sich im Tunnel nicht weitertrauen, die Hand reichen und so weit mitgehen, bis sie das Licht am Ende des Tunnels zumindest erahnen. Und dann ist die Tunneldurchhaltekompetenz wieder ein Stück größer geworden unter uns, und auch andere können sie weitergeben. Und je mehr das geschieht, desto hilfreicher können wir die Tunnel begreifen, nicht als ewiges Dunkel, sondern als nötigen Weg, Veränderung anzunehmen und zu gestalten.

©Anke Dittmann 2.9.23

* Direkt an dies Wort von Jesaja schließt sich eine der Weihnachtsverheißungen an (Jesaja 9 zitiert nach „Hoffnung für alle“): Das Volk, das in der Finsternis lebt, sieht ein großes Licht; hell strahlt es auf über denen, die ohne Hoffnung sind. Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! Er wird die Herrschaft übernehmen. Man nennt ihn »Wunderbarer Ratgeber«, »Starker Gott«, »Ewiger Vater«, »Friedensfürst«. Er wird seine Herrschaft weit ausdehnen und dauerhaften Frieden bringen. 

aussichtslos

Hoffnung gefüllt

mit Melodien –

wo? Wo nur?

Stille, die gut riecht,

rhythmischen Atem schenkt –

wo? Wo nur?

Ich finde

nur Ketten,

hinter dem Zaun

ist es leblos.

Unter dem Donner,

der meinen Himmel zerpflückt,

verwesen

zerrupfte Blüten

Warum?

Es gibt kein Wohin!

 

©Anke Dittmann

4.11.23

Das Kind mit Brot und Fisch – Geschichte zur Brotvermehrung

„Hier ist ein Kind mit Brot und Fisch.“ Joschua hört die Worte. Ist er gemeint? Hoffentlich nicht, denn die fünf Brote und die zwei Fische, die er bei sich hat, gehören seiner Familie. Der Weg Jesus hinterher ist weit gewesen. Nun hatten alle Hunger am Abend. Unmengen von Menschen sind am Berg zusammengekommen. Alle wollen Jesus sehen und vor allem hören. Er hatte so viel Hoffnung in seinen Worten und hat so vielen Gutes getan.

„Hier ist ein Kind mit Brot und Fisch.“ Schon wieder. Joschua schaut sich um. Tatsächlich, er ist gemeint. Verdammt! Wer hat das rausbekommen, dass er etwas zu essen dabeihatte. Jetzt schiebt ihn auch noch so einer der Freunde Jesu in die Richtung, wo Jesus sitzt. Hat denn sonst keiner an Verpflegung gedacht?

Joschua steht mit grimmigem Gesicht vor Jesus und hält seinen Beutel mit dem Essen fest.

Jesus lächelt. „Du hast auch Hunger, Joschua, nicht wahr?“, sagt er.

„Woher kennt er meinen Namen? Es waren doch tausende hier“, denkt Joschua.

„Schau mal“, sagt Jesus und zeigt auf all die Menschen, „sie haben auch Hunger.“

„Na und?“ Joschua zieht die Schultern hoch.

„Ich möchte dich um etwas bitten“, sagt Jesus. „Du kannst mir helfen, die Menschen satt zu machen.“

„Ich habe nur fünf Brote und zwei Fische, und die sind für meine Familie“, sagt Joschua und fasst noch fester um seinen Beutel.

„Ich weiß.“ Jesus bleibt ganz ruhig. „Aber, wenn wir Gott bitten, dann könnte das für alle reichen.“

Joschua zog skeptisch den Mund zusammen.

„Vertraue mir, bitte“, sagt Jesus und streckt ihm die Hand entgegen.

Joschua zögert. Ob er Jesus den Beutel geben soll?

Jesus schaut nicht fordernd. Jesus ist nicht ungeduldig. Jesus lässt seine Hand ausgestreckt und wartet. Dabei schaut er Joschua fest in die Augen. Es ist ein liebevoller Blick.

Joschuas Griff um seinen Beutel löst sich. Schließlich gibt er Jesus den Beutel.

„Danke, Joschua“, sagt Jesus.

Dann steht Jesus auf, nimmt Brot und Fisch aus dem Beutel und legt sie in leere Körbe, die die Jünger gebracht haben. Er öffnet die Hände zum Himmel und bittet Gott um Essen.

Joschua schaut mit hoch. Es ist nichts zu sehen. Aber, als er wieder in die Körbe schaut, sind sie voll Brot und Fisch.

Die Jünger verteilen das Essen. Es wird immer mehr statt weniger.

Einen Korb hält Jesus Joschua hin. „Nimm und iss“, sagt er. „Und bringe den Korb deiner Familie.“ Der Korb war voll. Es war mehr in ihm, als im Beutel gewesen war.

Joschua greift zu und rennt los. Doch dann hält er inne, stoppt und dreht sich noch mal um: „Danke“, ruft er Jesus zu.

„Ich danke dir“, antwortet Jesus und winkt ihm zu.

Kompletter Gottesdienst zu Rahab – eine der Stammmütter Jesu

(entwickelt mit dem Materialheft zur Dekade der Kirchen in Solidarität mit den Frauen, Lieder nach dem Liederbuch zum Reformationssommer 2017 Frei Töne)

 

Vorspiel

Begrüßung

Wir sind hier zusammen im Namen Gottes, er hat uns geschaffen, er ist uns in Christus zum Bruder geworden, und er stärkt uns täglich neu mit der Kraft seines Heiligen Geistes. Amen.

Herzlich willkommen heute zum Gottesdienst …

Heute geht es um Rahab. Bei Matthäus im Stammbaum Jesu ist sie als eine der Urmütter Jesu genannt. Ihre Geschichte findet sich im Buch Josua. Um Rahab besser zu verstehen, lade ich Sie heute im Predigtteil zu einem Briefwechsel ein.

Gott segne unseren Gottesdienst.

Lied 8, 1+2 Dich rühmt der Morgen

Pn.: Gott sei mit euch

Gem.: und mit deinem Geist.

Psalm 139 (im Wechsel)

Pn.: Gott, du erforschest mich und kennest mich.  

Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; 

du verstehst meine Gedanken von ferne. 

Gem.: Ich gehe oder liege, 

so bist du um mich und siehst alle meine Wege. 

Pn.: Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, 

das du, Gott, nicht alles wüsstest. 

Gem.: Von allen Seiten umgibst du mich ​

und hältst deine Hand über mir. 

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, 

ich kann sie nicht begreifen. 

Pn.: Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, 

und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht? 

Gem.:  Führe ich gen Himmel, so bist du da; 

bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. 

Pn.:  Nähme ich Flügel der Morgenröte 

und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort 

deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. 

Gem.: Spräche ich: Finsternis möge mich decken 

und Nacht statt Licht um mich sein –, 

so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, 

und die Nacht leuchtete wie der Tag. 

Pn.: Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; 

prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. 

Gem.: Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, 

und leite mich auf ewigem Wege.

Alle: Ehr` sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Klagegebet (endet mit: Darum bitten wir:)

Gott, wir kommen zu dir mit allem, was uns im Herzen und in Gedanken bewegt. 

Wir danken für Freude. Aber es gibt auch große Sorgen.

Wir sorgen uns um Frieden und den Erhalt der Demokratie.

Wir sorgen uns um wachsende Vereinsamung und Armut.

Wir sorgen uns um die Gewalt, die entsteht, 

wenn Menschen sich in der wachsenden Schere von arm und reich abgehängt fühlen, 

auf der Flucht abgewiesen werden, ohne Chancen bleiben.

Die Welt ist noch weit entfernt davon, dein Reich zu sein. 

All dies und die persönlichen Sorgen zehren an uns und unserer Hoffnung.

Darum bitten wir:

Gem.: Kyrie aus der Ukraine 

Gnadenwort (endet mit: Darum singen wir:)

Christus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken. Jesu Menschenfreundlichkeit lässt uns trotz allem zuversichtlich nach vorn blicken. Darum singen wir:

Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr und Dank für seine Gnade. Darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat, nun ist groß Fried ohne Unterlass, als Fehd hat nun ein Ende.

Gebet​

Gott, lass uns hier im Gottesdienst zur Ruhe kommen. Danke für die Zeit zum Nachdenken, für neue Hoffnung, für Gedankenanstöße. Schenke deinen Geist, der neue Perspektiven schafft und begehbare Wege weist. So finden wir Kraft für unseren Tag und unser Miteinander. Dies erbitten wir im Namen Jesu Christi, der für uns alles auf sich genommen hat, damit wir leben. ​​​

Gem.: Amen

Lesung Hebräer 11.30-31 und 12,1-2

Im Hebräer 11,30-31 und 12,1-2 wird an die Zeugen des Glaubens aus dem Alten Testament erinnert, auch an Rahab. Dort heißt es:

30 Allein der Glaube des Volkes Israel war es, der die Mauern von Jericho einstürzen ließ, nachdem die Israeliten sieben Tage lang um die Stadt gezogen waren. 31 Nur weil die Prostituierte Rahab Gott vertraute und Israels Kundschafter freundlich aufnahm, wurde sie nicht getötet wie alle anderen Bewohner von Jericho, die sich Gottes Willen widersetzt hatten.

1 Da wir nun so viele Zeugen des Glaubens um uns haben, lasst uns alles ablegen, was uns in dem Wettkampf behindert, den wir begonnen haben – auch die Sünde, die uns immer wieder fesseln will. Mit Ausdauer wollen wir auch noch das letzte Stück bis zum Ziel durchhalten. 2 Dabei wollen wir nicht nach links oder rechts schauen, sondern allein auf Jesus. Er hat uns den Glauben geschenkt und wird ihn bewahren, bis wir am Ziel sind.  

Bekenntnislied 137 Wir glauben: Gott ist in der Welt

Rahabs Geschichte Josua 2 und 6 – dazu ein rotes Band an die Kanzel hängen

Die Geschichte von Rahab beginnt in Kapitel 2 damit, dass Josua Kundschafter nach Jericho schickt

1 Die Israeliten lagerten zu dieser Zeit in der Gegend von Schittim. Von dort schickte Josua, der Sohn von Nun, heimlich zwei Männer los. Sie sollten das vor ihnen liegende Land auskundschaften, besonders die Stadt Jericho. Die beiden machten sich auf den Weg und erreichten gegen Abend die Stadt. Auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht kamen sie in das Haus einer Prostituierten namens Rahab. 2 Kurzdarauf erhielt der König von Jericho die Nachricht: »Heute Abend sind israelitische Männer eingetroffen, die unser Land erkunden sollen. Sie halten sich bei Rahab auf.« 3 Der König schickte sofort Soldaten zu Rahab. Sie befahlen ihr: »Bring die Männer heraus! Sie wollen unser Land ausspionieren.« 4 Rahab aber hatte die beiden Israeliten versteckt und stellte sich ahnungslos: »Ja, diese Männer sind bei mir gewesen. Ich wusste aber nicht, wo sie herkamen. 5 Sie brachen wieder auf, als es dunkel wurde und das Stadttor geschlossen werden sollte. Ich kann nicht sagen, wohin sie gegangen sind. Wenn ihr ihnen schnell nachlauft, holt ihr sie bestimmt ein.« 6 Rahabhatte die Israeliten auf ihr Flachdach gebracht und unter Flachsstängeln versteckt, die dort aufgeschichtet waren. 7 Die Soldaten des Königs nahmen die Verfolgung auf und eilten in Richtung des Jordanübergangs davon. Unmittelbar hinter ihnen wurde das Stadttor geschlossen. 8 Bevor die beiden Israeliten sich schlafen legten, stieg Rahab zu ihnen auf das Dach 9 und sagte: »Ich weiß, dass Gott eurem Volk dieses Land geben wird. Wir haben große Angst. Jeder hier zittert vor euch. 10 Wir haben gehört, dass euer Gott euch einen Weg durch das Schilfmeer gebahnt hat, als ihr aus Ägypten gekommen seid. Wir wissen auch, was ihr mit den Amoritern und ihren Königen auf der anderen Jordanseite gemacht habt: Ihr habt sie völlig vernichtet. 11 Als wir das hörten, waren wir vor Angst wie gelähmt. Jeder von uns hat den Mut verloren.  Euer Gott ist der wahre Gott oben im Himmel und hier unten auf der Erde. 12 Deshalb flehe ich euch an: Schwört mir jetzt bei eurem Gott, dass ihr meine Familie und mich verschont, denn ich habe auch euch das Leben gerettet. Bitte gebt mir einen Beweis dafür, dass ich euch vertrauen kann. 13 Lasst meine Eltern und Geschwister und alle ihre Angehörigen am Leben. Rettet uns vor dem Tod!« 14 Die Männer antworteten ihr: »Wenn ihr uns nicht verratet, stehen wir mit unserem Leben dafür ein, dass euch nichts getan wird. Wenn Gott uns dieses Land gibt, werden wir unser Versprechen einlösen und euch verschonen.« 15 Rahabs Haus lag direkt an der Stadtmauer. So konnte sie die Männer durch eines ihrer Fenster mit einem Seil hinunterlassen, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. 16 Sie riet ihnen: »Lauft erst ins Bergland, damit euch die Verfolger nicht finden! Versteckt euch dort drei Tage, bis sie zurückgekehrt sind. Danach geht, wohin ihr wollt.« 17 Die beiden Männer sagten zu ihr: »Der Eid, den wir dir gegeben haben, bindet uns nur unter diesen Bedingungen: 18 Wenn unsere Soldaten hier eintreffen, musst du das rote Seil, an dem du uns jetzt hinablässt, an dein Fenster binden. Und deine Eltern, deine Geschwister und alle Verwandten müssen hier bei dir im Haus sein. 19 Jeder, der nach draußen geht, ist selbst verantwortlich für seinen Tod. Wer aber bei dir im Haus bleibt und trotzdem angegriffen wird, für den stehen wir mit unserem Leben ein. 20 Solltest du uns aber verraten, ist unser Eid ungültig!« 21 »Einverstanden«, antwortete Rahab. Dann half sie ihnen, ins Freie zu gelangen. Als sie fort waren, band Rahab das rote Seil ans Fenster.

– Und im Kapitel 6 heißt es dann:

Als die Stadtmauern Jerichos gefallen waren, befahl Josua den beiden jungen Männern, die Jericho erkundet hatten: »Geht zum Haus der Prostituierten und holt sie und ihre Angehörigen heraus, wie ihr es geschworen habt!« 23 Die beiden liefen zu Rahabs Haus, brachten sie zusammen mit ihren Eltern, Geschwistern und allen Verwandten aus der Stadt und führten sie an einen Ort außerhalb des israelitischen Lagers. 24 Schließlich steckte man Jericho in Brand. Nur das Silber, das Gold und die bronzenen und eisernen Gegenstände nahmen die Israeliten mit und brachten sie in die Schatzkammer des heiligen Zeltes. 25 Von den Einwohnern der Stadt ließ Josua niemanden am Leben außer der Prostituierten Rahab, der Familie ihres Vaters und ihren anderen Verwandten. Denn sie hatte die israelitischen Kundschafter versteckt, die Josua nach Jericho gesandt hatte. Noch heute lebt sie in Israel.

Lied 1 Du bist ein Gott, der mich anschaut 

1.Brief an Rahab

Liebe Rahab!

Du sollst eine Ahnmutter Jesu sein? Mir fallt es schwer, das hinzunehmen. In meinen Augen hast du unverständlich gehandelt. Eigennützig nur an Dich und Deine Familie gedacht und die Stadt verraten; du hast dich mit den Feinden verbündet in einem unbarmherzigen Krieg, der allen anderen BewohnerInnen Jerichos das Leben gekostet hat.

Hattest Du keine Freunde und Freundinnen in der Stadt? Waren dir alle anderen egal? Hättest du nicht mehr herausschlagen können im Bündnis mit den Feinden?

Gab es keinen Widerstand, keine Chance, Jericho zu retten?

Oder hast du die Stadt und ihre Menschen gehasst, waren sie dir gleichgültig, oder feindeten sie dich an, weil du eine Prostituierte warst und eine reiche dazu?

Schlau warst du, das gebe ich zu. Mit dem Versprechen und dem Zeichen hattest du alles Nötige im Blick. Ich kann es trotzdem nicht billigen, was du getan hast, oder hast du aus Angst gehandelt? Ich würde dich gern besser verstehen.

Mit freundlichem Gruß

NN

Rahabs Antwort (rotes Band nehmen und um die Schultern legen)

Liebe NN,

so viele Fragen hast Du. Wie soll ich sie einer Frau aus dem 21. Jahrhundert nach Christus beantworten? Ich, eine Frau, die Jahrhunderte vor Christus lebte.

Du klagst mich an, weil du mich nicht verstehst. Das haben neben dir schon viele andere getan. Ich will dir ein wenig von mir erzählen, vielleicht klärt sich etwas für dich.

Ich bin eine Hure gewesen. Das stimmt. Aber deshalb hatmich niemand angeklagt. Prostitution war ein ganz normalesGewerbe. Männer durften zu uns kommen, nur der Umgang mit verheirateten Frauen war ihnen verboten.

Mich hat mein Beruf wohlhabend gemacht. Auch die Familie meines Vaters hat davon ganz gut gelebt. Ich besaß ein großes Haus, eine Gastwirtschaft, eine sich selbst tragende Hauswirtschaft. Knechte und Mägde, Sklavinnen und Sklaven habe ich befehligt. 

In meiner Position war ich unabhängig und selbständig und längst konnte ich mir meine Kunden aussuchen.

Dazu galt ich als schön und genoss das auch. Noch in Deiner Zeit wird von mir erzählt, dass alle Prinzen und Könige von weit herkamen, um mit mir eine Nacht zu verbringen. Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber nicht ganz falsch.

Auf diesem Weg vertrauten sich mir viele wichtige Personen an. So war ich auch politisch gut informiert. Wahrscheinlich besser als unser König. Und ich glaube, ich war meinen Kunden eine ebenbürtige Gesprächspartnerin und habe manch guten Rat gegeben.

Natürlich war dies alles nur möglich, weil ich nicht geheiratet habe. Mein Sohn Salmon, dessen Namen du aus dem Stammbaum Jesu kennst, war also unehelich. 

Ich war froh mit meiner Entscheidung, mich nicht zu binden. Nur so konnte ich mir damals meine Existenz und Unabhängigkeit aufbauen. Aber das muss jede selbst wissen.

Jericho war damals zu meiner Zeit keine so bedeutende Stadt. Innerhalb der Mauern war es klein. Die Geschichte von der Eroberung ist also etwas aufgebauscht worden.

Als ich die Kundschafter Gottes kennenlernte, erschienen sie mir als entschiedene Männer. Sie waren von ihrer Mission überzeugt. Ihr Wille, das Land in Besitz zu bringen, war groß und ihr Gott war auch ihrer Seite.

Ihr Glaube imponierte mir. Ihre Religion schien mir unseren Kulturen überlegen. Ich merkte, dass ich mit den Kundschaftern etwas kennenlernte, was stärker war als das, was mir bis dahin begegnet war.

Dieser alleinige Gott begann mich zu faszinieren. Ich habe diesem Gott seine Kraft geglaubt. Mein keimender Glaube – meine neue Überzeugung – ließ mich die Kundschafter verstecken und den Bund schließen. Mit mir stelle sich meine ganze Familie auf die Seite des Gottes Israels.

Widerstandsgruppen in der Stadt gab es nicht. Wir hätte ich sie auch überzeugen sollen, da ich auf der Seite der Feinde war? Und meinst du, der König hätte mir geglaubt, seine Macht niedergelegt und die Stadt kampflos übergeben? Daran war nicht zu denken.

So hatte ich nur die Möglichkeit meine Familie und mich zu retten. Das habe ich konsequent getan. Willst du mir das verübeln?

Und vergiss nicht, auch ich habe dabei einiges verloren. Mein Zuhause und auch einige Menschen, die ich gut kannte und die mir etwas bedeuteten. Ich habe nicht hämisch gelacht, als Jericho unterging. Mir war eher zum Weinen.

Du fragst außerdem, ob ich nicht mehr Menschenleben hätte retten können? Retten wollen bestimmt, doch die Umstände waren so, dass ich froh sein musste, meine Familie und alle in meinem Haus zu retten. 

Krieg ist unbarmherzig. Daran hat sich ja nichts geändert. Und dein und mein Gott hat sich erst später von einer Bindung allein an Israel gelöst. Erst mit Jesus hat er sich als Gott aller Menschen geöffnet. Zu meiner Zeit war er immer zuerst auf der Seite der Stämme Israels, verhalf ihnen zu Lebensmöglichkeiten, auch zu Land und das eben auch mit Krieg und Gewalt.

Hätte ich als Fremde und dazu neu im Glauben an den Gott „Ich bin der ich bin“ die Stämme Israels überzeugen sollen, nicht zu töten? Du erwartest Unmögliches von mir.

Übrigens, Angst hatte ich auch, aber das, was ich dann tat, war nicht aus Angst geboren, sondern klar überlegt. Es war meine einzige Chance für mich und mein Haus.

Das gerade ich nun im Stammbaum Jesu erwähnt werde, wundert mich. Aber es ehrt mich auch. 

Anscheinend wurde in bestimmten Situationen der Glaube doch schon über die Stammeszugehörigkeit gestellt. Und wie du sicher auch weißt, hat Gott oft einen ganz anderen überraschenden Blick auf Menschen. Er kennt keine Vorverurteilung. Mir gefällt das.

Ob du mich jetzt besser verstehst? Ich hoffe es.

Unser Gott sei mir dir!

Deine Rahab

Lied 50 Du bist mein Zufluchtsort (Kanon) -das rote Band wieder abnehmen)

2.Brief an Rahab

Liebe Rahab,

danke für deine Zeilen. Sie haben mich nachdenklich gemacht. Wie schnell hatte ich dich verurteilt, ohne genug zu wissen. Etwas, was mir, ich denke auch anderen, zu leicht passiert. Das habe ich auf jeden Fall gelernt.

Meine Idealvorstellungen hatte ich zu Grund gelegt. Wenn ich jetzt deine Situation überdenke, muss ich zugeben, ich bin mir unsicher, ob ich meine Familie da hätte retten können.

Dein Glaube und dein Gefühl, dass der Gott Israels stärker ist als die anderen Kulte, hat dich zu konsequentem Handeln veranlasst. Wie rasch hattest du die Lage durchschaut! Wie oft ist mein Tun dagegen undeutlich, wie oft bin ich unschlüssig.

Du hast viel riskiert. Dein Eid hätte vorher entdeckt werden können und du wärst entlarvt gewesen.

Ich habe auch verstanden, was du bei allem verloren hast. Du musstest dein Leben neu aufbauen, vom Glauben und vom ganzen Lebenskreis her. Du hast dein Zuhause verloren, alles, was du dich aufgebaut hattest.

Du hast deine Chance im entscheidenden Moment erkannt und genutzt und hast dich ganz auf Gott eingelassen. Ich wünschte, mir wären entscheidende Situationen so schnell deutlich und ich wäre so handlungsfähig wie du.

Meine Urteile und Anklagen gegen dich kann ich nicht aufrechterhalten. Sie waren nicht auf deinen Realitäten aufgebaut, sondern eher auf meinen Träumen. Ich habe falsch eingeschätzt, was zu leisten möglich war und was nicht. Jetzt erkenne ich an den Stellen, wo ich vieles als schlecht und misslungen gesehen habe, die Größe deines Tuns.

Auch deine Lebensform stellt mir neue Fragen, deine Freiheit, deine Selbständigkeit. Warum sind Familie und Selbständigkeit oft unvereinbar – gerade für Frauen? Warum nehmen Frauen noch immer so wenig ihr Schicksal konsequent in die Hand? Ich kenne bis heute so viele finanzielle Abhängigkeiten in Beziehungen.

Ich bewundere dein Selbstbewusstsein, Rahab, und wünschte, viele Frauen – auch ich – hätten mehr davon.

Jetzt denke ich: Schön, dass du im Stammbaum Jesu genannt bist. Als Fremde, als unabhängige Frau in einem umstrittenen Beruf, hast du einen guten Platz in unserer heiligen Schrift. 

Du hast dich frei für Gott entschieden und deinen Glauben konsequent umgesetzt. Du hast nicht zu viel gewollt und nichts erreicht, sondern klar die Situation erkannt und das Höchste erreicht, was zu erreichen war, auch wenn es nicht ohne Schmerz für dich gewesen ist.

Ich wünsche vielen Menschen, sie würden Realitäten so klar erkennen, statt unmöglichen Zielen umsonst nachzulaufen. Auch für unsere Gemeinden wünsche ich mir das. Veränderungen verunsichern und alte Hoffnungen und Gewohnheiten verstellen uns manchmal den Blick für das Machbare. 

Realitäten deutlich werden lassen und mit Hilfe des Glaubens aus gegebenen Realitäten das Beste machen – für andere und für mich. Beides hoffe ich mehr umsetzen zu können. Zumindest will ich es versuchen.

Danke, Rahab, für die Begegnung mit dir und für deine offenen Worte. Mir ist vieles klarer geworden, auch für uns heute.

Es grüßt dich

NN, eine neue Freundin/ein neuer Freund

Lied 25,1-4 Da wohnt ein Sehnen tief in uns

Abkündigungen

Lied 185,1-4 Bewahre uns Gott, behüte uns Gott

Fürbittengebet 

Gott, ich bitte dich für unsere christlichen Gemeinden, dass wir wie Rahab den klaren Blick für Realitäten und Chancen gewinnen und konsequent handeln können. Schenke uns dazu Kraft, Verständnis, Geduld und Zuversicht. Lehre uns einander und anderen mit Respekt zu begegnen.

Hilf uns auch, dass wir in schwierigen Situationen keinen unrealistischen Lösungen hinterherträumen, sondern in der jeweiligen Lage das Beste erreichen können, auch wenn manches schmerzlich ist.

Gott, wir bitten dich auch darum, dass du die Rechte von Frauen und Mädchen stärken hilfst. Wir denken mit Schrecken an die unterdrückten Frauen etwa in Afghanistan, wünschen uns aber auch mehr Frauenrechte in der katholischen und bei den fundamentalistischen Kirchen.

Gott, schon so lange bitten wir um Schutz der Flüchtlinge. Ausländerfeindlichkeit und Gewalt nehmen zu. Es fällt schwer, an eine solidarische Gemeinschaft zu glauben, dabei sind wir alle deine Kinder.

Gott, behüte uns immer wieder vor zu schnellen Urteilen, prüfe unsere Herzen und unser Gewissen. Bewahre uns vor Selbstgerechtigkeit und Hochmut. Hilf uns aber, dass wir aus Liebe leben und tatkräftig dein Reich mitgestalten. 

Alles, was uns weiter bewegt und worum zu bitten ist, fassen wir zusammen mit dem Gebet, das Jesus uns geschenkt hat.

Vater unser

Sendungswort und Segen

Nachspiel

Kinder erkunden Instrumente

Klein gegen groß – wie die Tiere den Wald vom Riesen Graubart befreien

Geschichte zum Vertonen mit Kindern ab 7 Jahren

Dauer ca. 15 Minuten. Es können auch andere Intrumente verwendet werden, je nachdem, was vor Ort ist.

Rollen:

Vogel Floh (Flöte)

Wind: alle

Blitz (Becken)

Donner (Cajon)

Regen (Trommel)

Igel Pix (Rassel)

Fee (Klangschale)

Riese Graubart (Pauke oder tiefe Trommel)

Maus Zui (Schelle)

Hase Kuller (Röhren)

Eule Huh (Kazoo)

Fuchs Flory (Xylophon)

Dachs Diddi (Gitarre)

Eichhörnchen (Finger auf Trommel)

Bussard (Stein fallen lassen)

Im Wald war es noch still am Morgen. Nur die Bäume ließen ein leises Rauschen hören, weil der Wind sanft durch die Blätter strich. (alle: Rauschen)

Floh, der kleine Spatz, war schon wach und machte sich mit seinem Gesang bemerkbar (Flöte).

Floh war mutig. Er hatte keine Angst vor starkem Regen (Trommeln) oder Blitz (Becken) und Donner (Cajon). Auch die Raubvögel machten ihm keine Angst, er war ja klein und konnte sich verstecken (Flöte).

Floh liebte den Wald. Ja, er liebte den Wald, wenn da nicht Graubart gewesen wäre, der grimmige Riese. Wenn er erwachte und durch den Wald ging, erzitterte alles. (laute tiefe Trommel/Pauke mit langsamen Schlägen) Und alle Tiere des Waldes erschraken.

Heute war von den schweren Schritten von Graubart noch nichts zu hören.

Floh (Flöte) traf seinen kleinen Freund, den Igel Pix (Rassel). Er konnte mal wieder nicht schlafen und raschelte durch die Blätter am Boden (Rassel).

„Gute Morgen, Pix“, flötete Floh (Flöte). „Kannst du nicht schlafen?“

„Nein“, sagte der Igel (Rassel). „Ich träume immer von Graubart. Da mag ich gar nicht einschlafen.“

„Mir geht es auch so“, rief die kleine Maus Zui, die herbeigelaufen kam (Schelle). „Gestern hätte mich Graubart fast zertreten.“

„So kann es nicht weitergehen“, flötete Floh. (Flöte)

„Aber wer kann schon etwas gegen einen Riesen ausrichten?“, klagte Zui. (Schelle)

Da kam der kleine Hase Kuller angehoppelt (zwei Röhren hintereinander schlagen etwa g-d). „Stimmt, wir sind alle viel zu klein“, stimmte er in die Sorgen der anderen ein. (Röhren)

Kaum hatte der Hase Kuller seinen Satz beendet, hörten sie die schweren Schritte des Riesen herannahen. (Trommel oder Pauke) Erst waren sie noch leise, dann wurden sie immer lauter. Schnell versteckten sich die Tiere. Der Igel Pix suchte Schutz an einem Baum unter einem Blätterhaufen (Rassel). Floh flog davon (Flöte) und die kleine Maus Zui sprang in ihr Mauseloch. (Schelle) Der Hase Kuller rannte zu seinem Bau (Röhren).

Immer lauter wurden die Schritte von Graubart (Trommel/Pauke). Er musste sehr nah sein und er brüllte fürchterlich (alle).

Jetzt traute sich niemand mehr in den Wald.

Floh (Flöte) war traurig und wütend darüber. Das muss anders werden, nahm er sich vor.

Vielleicht hatte der Dachs Diddi eine Idee. Floh suchte seinen Bau auf. (Flöte) Aber Diddi saß nur trübsinnig vor seinem Bau (e-moll auf der Gitarre).

„Wir müssen etwas gegen Graubart tun“, rief Floh. (Flöte).

 „Er ist zu stark“, antwortete Diddi kurz und ließ traurig den Kopf hängen (e-moll auf der Gitarre).

Enttäuscht flog Floh (Flöte) zu Flory Fuchs. Der war doch so schlau. Der musste eine Idee haben. Er fand ihn zusammengerollt unter der großen Eiche. (Xylophon g-c abwärts) „Du hast Ideen, kleiner Spatz“, sagte der Fuchs. „Einen Riesen vertreiben? Das hat noch niemand hier geschafft.“ (Xylophon)

(Kazoo) „Niemand“, tönte es von oben aus der Baumhöhle. (Kazoo) Es war die Eule Huh. Auch sie wusste keinen Rat. (Kazoo)

Floh flog auf seinen Lieblingsplatz ganz oben auf einen dünnen Ast einer hohen Birke. (Flöte) Er war niedergeschlagen und müde geworden. Und unten waren immer noch die Schritte von Graubart zu hören, wenn auch schon leiser. (Pauke)

Floh fielen die Augen zu. (Flöte wird leiser) Und als er wieder aufwachte, (Flöte) sah er etwas glitzern im Laub. Floh wurde neugierig. Was war das? Das musste er sich ansehen und er flog in kleinen Kreisen zum Boden. (Flöte).

Geheimnisvoll leuchtete es da (Klangkörper) und schöne Töne erklangen. (Klangkörper) Und dann war sie auf einmal da. Eine Fee! Hier in ihrem Wald! (Klangkörper) „Ich kenne eure Sorgen“, flüsterte die Fee. „Doch Graubart ist stark und wir sind nur klein und schwach. Aber ich kann dir einen Rat geben. Graubart fürchtet sich vor Gewitter und Lärm.“ (Klangkörper) Und plötzlich war die Fee wieder verschwunden.

„Graubart fürchtet sich!“ rief Floh laut. (Flöte laut) „Dann haben wir eine Chance, ich werden alle versammeln und den Regen und den Blitz und den Donner um Hilfe bitten.“ (Flöte fröhlich)

So geschah es. Floh (Flöte) flog zum Igel (Rassel) und zur Maus (Schelle), zum Hasen (Röhren) und zum Fuchs (Xylophon) und zum Dachs (em-moll Gitarre) und zur Eule (Kazoo). Aber alle hatten Angst und wollte nicht mitkommen zum Haus des Riesen.

„Wir sind aber nicht allein“, flötete Floh. (Flöte) „Regen, Blitz und Donner werden uns helfen und wir sind dann so laut wie wir können.“

Als die Tieren hörte, dass das Wetter ihnen helfen würde, fassten sie Mut.

Floh flog zum Himmel und sprach mit den Wolken, dem Donner (Cajon), dem Blitz (Becken) und dem Wind (alle Rauschen). Sie versprachen Hilfe.

Jetzt konnten sie den Wald von Graubart befreien.

Alle machten sich auf den Weg zu Graubarts Haus. Floh (Föte) und der Igel (Rassel), die Maus (Schelle)und der Hase (Röhren) und der Fuchs (Xylophon), der Dachs (e-moll Gitarre) und die Eule (Kazoo) und die Regenwolken mit Wind (alle Rauschen) und Blitz (Becken) und Donner (Cajon).

Zuerst waren sie ganz leise. Und sie hatten Angst. Sie schlichen sich an das Haus heran und da war er zu sehen: Graubart. Er saß vor seinem Haus. Wie riesig er war und wie riesig sein Haus!

Dann begannen die Regenwolken mit einem leichten Regen (Fingertrommeln). Graubart grummelte grimmig (alle). Der Regen wurde stärker und Graubart stand auf, um im Haus zu verschwinden (schwere, langsame Schritte mit Pauke/Trommel – evtl. eine Tür zuschlagen). Jetzt kam kräftiger Wind auf (alle) und der erste Donner war zu hören (Cajon). Der Regen wurde noch stärker (Fingertrommeln) und die Blitze zuckten rasch nacheinander (Becken). Die Donnerschläge häuften sich. (Cajon) Aus dem Haus hörte man den Ärger von Graubart. (alle)

Dann kamen die Tiere dazu. Der Dachs Diddi klagte seine Trauer laut (e-moll auf der Gitarre). Der Igel Pix (Rassel) und die Maus Zui (Schelle) und der Hase Kuller (Röhren) schlugen immer wieder mit aller Kraft an die Tür (Klangröhren und Instrumente auf den Boden aufkommen lassen) und die Eule Huh (Kazoo) zerschlug mit ihrem Schnabel eine Fensterscheibe nach der anderen. (Kazoo immer wieder kurz)

Graubart schrie auf (alle) und rannte aufgeregt mit seinen schweren Schritten im Haus umher. (Pauke)

Nun kamen noch andere Tiere hinzu. Das Eichhörnchen warf Nüsse auf das Dach (Trommel mit einem Finger). Und der Bussard warf einen großen Stein in den Schornstein. Er schlug krachend im Kamin auf. (Stein fallen lassen oder zwei Steine aufeinanderschlagen)

Nun reichte es Graubart. Seine Schritte wurden wütend. (Pauke) Er riss die Tür auf und rannte stampfend davon. (Pauke) Die Tiere machten weiter Radau und  Donner und Regen und Blitze hörten nicht auf, bis die Schritte von Graubart leiser wurden und gar nicht mehr zu hören waren.

Dann ließen Regen und Donner und Blitz nach. (klingen langsam leiser)

Die Tiere jubelten und sprachen alle durcheinander (alle Instrumente machen Geräusche).

„Der kommt nicht wieder“, flötete Floh. (Flöte)

„Hurra“, riefen alle. (alle nutzen noch mal ihr Instrument durcheinander)

Die Wolken und der Wind zogen wieder ab (alle: Rauschen, das leiser wird) und im Wald wurde es still und friedlich. Man hörte nur das Rascheln vom Igel Pix (Rassel), das Tippeln der Maus Zui (Schelle), das Hoppeln vom Hasen Kuller (Röhren) und das entspannte Schnarchen vom Fuchs (Xylophon leise). Die Eule Huh (Kazoo)hatte sich zurückgezogen und das Eichhörnchen sammelte seine Nüsse wieder ein (leises Tippen auf eine Trommel). Und als Floh (Flöte) zum Dachs Diddy kam, war dieser nicht mehr traurig. (E-Dur- Gitarre)

Floh flog wieder auf seinen Lieblingsplatz oben auf der hohen Birke. (Flöte) Im Gras schimmerte es auf einmal wieder geheimnisvoll und glitzern.(Klangschale) Er konnte die Fee noch einmal sehen. Sie winkte ihm zu (Klangschale) und Floh winkte mit seinem Flügel zurück (Flöte)

Floh liebte den Wald. Jetzt liebte er ihn noch mehr – ohne Graubart. Und es war nur noch das leise Rauschen der Blätter im Wind zu hören (alle: Rauschen).

©Anke Dittmann

Kompletter Gottesdienst Estomihi 2023 zu 1.Kor 12-13

Kompletter Gottesdienst Estomihi 2023 zu 1. Kor 13

Stichwort „Spiegel“

Ablaufzettel

Gottesdienst

Sonntag vor der Passionszeit – Estomihi

19.Februar 2023

Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild

wie in einem trüben Spiegel;

dann aber schauen wir Gott von Angesicht zu Angesicht.

Jetzt erkenne ich Gott nur stückweise,

dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;

aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

(1. Kor 13,12-13)

Vorspiel

Begrüßung

Lied 13,1-4 Lobet den Herren

Pn.: Gott sei mit euch

Gem.: und mit deinem Geist.

Psalm 31 (im Wechsel)

Pn.: Gott, auf dich traue ich,

lass mich nimmermehr zuschanden werden,

errette mich durch deine Gerechtigkeit!

            Gem.: Neige deine Ohren zu mir,

hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels

und eine Burg, dass du mir helfest!

Pn.: Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.

Gem.: Du wollest mich aus dem Netze ziehen, das sie mir heimlich stellten;

denn du bist meine Stärke.

Pn.: In deine Hände befehle ich meinen Geist,

du hast mich erlöst, du treuer Gott.

Alle (gesprochen):

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,

wie es war im Anfang jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Klagegebet (endet mit: Darum bitten wir)

Pn.: Kyrie eleison                   Gem.: Herr, erbarme dich

Pn.: Christe eleison                Gem.: Christe erbarme dich

Pn.: Kyrie eleison                   Gem..: Herr, erbarm dich über uns

Gnadenwort  (endet mit: Darum singen wir)

Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade, ein Wohlgefalln Gott an uns hat, nun ist groß Fried ohn´ Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Gebet                                      Gem.: Amen

Brieflesung 1.Kor 13            

Lied 25 Da wohnt ein Sehnen tief in uns

Lesung des Evangeliums                  

Bekenntnis

Lied 50 Du bist mein Zufluchtsort (Kanon)

Predigt

Lied 112: Anker in der Zeit

Abkündigungen

Lied: 190 Verleih uns Frieden gnädiglich (2x)

Fürbittengebet

Vater unser

Sendung und Segen

Nachspiel

(Lieder nach dem Gesangbuch freiTöne)

Begrüßung

Herzlich willkommen Ihnen und euch allen heute hier zum Gottesdienst am Sonntag Estomihi.

Estomihi bedeutet übersetzt „sei mir“ und stammt aus dem Psalm 31. Diesen Psalm sprechen wir gleich und dort heißt es: Sei mir ein starker Fels und eine Burg.“

Zum baldigen Beginn der Fastenzeit begegnet uns heute das Loblied des Paulus auf die Liebe. Er versucht damit, die Gegensätze und Brüche im Leben aushalten zu helfen. Darum wird es heute gehen.

Hinweis auf den Ablaufzettel

Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes.

Gott ist Liebe.

Jesus Christus hat gezeigt, wie Liebe Menschen verändert.

Der Heilige Geist stärkt uns, auch anderen diese Liebe zu schenken. Amen.

Klagegebet:

Gott, wir kommen heute zu dir mit unseren Sorgen.

Wir sind erschüttert von dem Leid im Erdbebengebiet in Syrien und der Türkei.

Wir sind erschrocken darüber,

dass Helfende und Hilfsgüter behindert wurden.

Gott, die Kriegsbilder aus der Ukraine machen ohnmächtig und wütend,

die Kräfte, die Freiheit und Demokratie gefährden, machen Angst.

Gott, wir erkennen ein Erstarken radikaler Kräfte in unserem Land, auch in unseren Dörfern, verstehen nicht, warum aus Leid nicht gelernt wird.

Wir sorgen uns dazu um unser Auskommen, um steigende Preise

und die wachsende Spaltung der Gesellschaft, und vergessen oft, was wir Gutes empfangen.

Gott, wir werden lasch im Umgang mit Fragen des Klimawandelns und fragen uns, was uns in diesen Zeiten noch hoffen lässt und Zusammenhalt stärken kann.

Es gelingt uns nicht, dass wir uns allein auf deine Liebe verlassen. Zu viele Scherben, Veränderungen und Schmerzen verbrauchen unser Vertrauen.

Deshalb bitten wir:

Kyrie

Gnadenwort

In Jesus Christus erfahren wir, was Liebe heißt.                                                                                      Er gibt uns nicht auf.                                                                                                                                 Er ermuntert uns durch seinen Geist, über unseren Schatten zu springen.                                                                     Wir können weitergehen und mehr erreichen, als wir meinten.                                                                            Dankbar für diese Barmherzigkeit singen wir:

Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr

Gebet

Gott, du leidest mit uns an dieser Welt und bist dem Leiden in Christus nicht aus dem Weg gegangen.                                                                                                                                           Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Verstehen und Hoffnungszeichen.                                                                       Hilf uns, dass auch wir Mut gewinnen, deiner Liebe zu folgen.                                                                                                        In dieser Hoffnung bewahre uns durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder.

Gem.: Amen.

Die GottesdienstbesucherInnen erhalten vor der Predigt einen kleinen Spiegelmosaikstein.

Die Liebe Gottes sei mit uns allen. Amen.

Bei Paulus heißt es: Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel; dann aber sehen wir Gott von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich Gott nur stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; ab die Liebe ist die größte unter ihnen.

Liebe Gemeinde!

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Diese Frage aus dem Märchen Schneewittchen ist weltweit bekannt. Und der geheimnisvolle Spiegel gibt eine Antwort.

Spiegel sind etwas Besonderes, sie ermöglichen es, dass wir uns selbst wahrnehmen. Die Schönste im ganzen Land, die Stiefmutter, muss, als sie älter wird, erkennen, dass Schneewittchen schöner ist als sie. Ob es ihr wirklich der Spiegel sagt, oder sie es sich im Stillen im Blick in den Spiegel eingestehen muss, sei dahingestellt. So ein Spiegelbild zeigt uns ja nicht immer das Angesicht, das wir gern sehen würden.

Für uns heute sind Spiegel selbstverständlich. In jedem Haus hängt ein Spiegel. Manche werfen eventuell noch einen Blick hinein, bevor sie aus dem Haus gehen. Wie sitzen die Haare? Sehe ich so müde aus, wie ich mich fühle? Wie steht mir mein neues Kleid?

Zur Zeit der Märchen war ein Spiegel für die einfachen Menschen ein Luxusgegenstand. Nur Reiche besaßen Spiegel. Erst ab dem 17. Jahrhundert konnte man einfacher Spiegel herstellen und in Königsschlössern entstanden ganze Spiegelsäle.

Im Altertum war sogar das Spiegelbild im Wasser die einzige Möglichkeit, sich selbst zu sehen. Zur Zeit von Paulus kann man von Spiegeln in heutiger Form noch nicht sprechen. Die ersten Spiegel waren aus Metall gegossen und wurden poliert. Zwar entwickelten die Römer im ersten Jahrhundert erste Glasspiegel, aber sie waren selten. Die polierten Metalle gaben nur ein trübes Bild, unscharf, matt. „Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel“, schreibt Paulus.

Das ist unbefriedigend, wenn wir uns gern erkennen möchten. Und das meint Paulus auch im übertragenen Sinn. Wir möchten die Welt gern begreifen, genauer durchschauen, uns selbst besser wahrnehmen. Doch in so vielen bleibt die Welt dem Menschen ein Rätsel und der Mensch dem Menschen auch. Paulus selbst hat es erlebt. War er doch einmal ein Christenverfolger gewesen und hatte Christen zur Anklage geführt. Nun war er selbst Christ geworden, verkündigte die Liebe Gottes, auch unter Lebensgefahr. So sehr können Menschen sich verändern. Und er hat sich für sein früheres Tun sicher geschämt und darunter gelitten, konnte aber das Leid, das er über andere gebracht hat, nicht mehr rückgängig machen.

Es gibt auch Menschen, die nach außen ganz reizend sind. Sie gelten als interessant, aufgeschlossen, offen und nach innen hinein in die Familie sieht es ganz anders aus, da wird bestimmt, befohlen, geherrscht, gedemütigt.

Oder umgekehrt. Zuhause ist alles liebevoll und auf der Arbeit zeigt sich eine andere Seite. – Die möchte ich nicht zur Chefin haben.  Eli Wiesel, ein KZ-Überlebender, hat das einmal drastisch gesagt, dass manche der grausamen KZ-Wärter in ihrer Familie wunderbare Väter waren. Gespaltene Persönlichkeiten.

Wie geht das zusammen? Wie ist das auszuhalten? Und wer sind wir wirklich? Wenn wir uns anschauen, bleibt es oft ein unklares Bild wie in einem alten Spiegel – verzerrt. Und dazu ist alles seitenverkehrt.

Niemand ist leicht zu erkennen und zu durchschauen. Manchmal ringen wir mit uns selbst, weil wir spüren, dass es schräg ist, was wir tun oder vorhaben, können aber einen besseren Weg nicht klar erkennen.

Paulus beschreibt mit dem trüben Spiegel auch noch die Beziehung zu Gott. Wir können uns nicht nur selbst nicht genau erkennen, sondern mit Gott kann es uns auch so gehen. Wir verstehen ihn nur stückweise. Es ist wie ein Puzzle, wo wir uns das ganze Bild noch nicht erschließen können. Warum lässt er so viel Leid zu? Warum hat er nicht aufgehört uns Menschen zu lieben? Wir erkennen nur bruchstückweise.

Mir gefällt diese Beschreibung unseres Daseins. Da gibt es im Leben so viele Puzzleteile, die ich einfach nicht zusammenbekomme. Wie können die Freude über Geburt und der frühe Tod an einer grausamen Krankheit in einem Bild verbunden werden? Wie soll ich beim Blick in die Welt angesichts von Krieg und Unrecht und Gewalt Kraft gewinnen, am Puzzle meines Lebens weiterzubauen? So vieles bleibt, dunkel, verzerrt, rätselhaft.

Paulus gibt im Korintherbrief zwei Antworten: Erstens:

  • Die Liebe bleibt! Glaube und Hoffnung auch, aber die Liebe ist die größte Kraft überhaupt. Brüche, Veränderungen, älter werden, wunderschöne Glücksgefühle, gelungene Beziehungen, Scheitern, Streit, Enttäuschung, Fragen ohne Antworten… wie kann uns das zusammenhalten als Mensch und als Gemeinschaft? Es geht, wenn wir uns angenommen und geliebt wissen. Von Gott, der mit uns in der Taufe einen Bund geschlossen hat, von unseren Eltern und der Familie, von FreundInnen. Wenn ich Bezugspersonen habe, wo ich so sein darf, wie ich bin. Wo ich Zuhause bin.

Dann erwächst aus der Liebe Hoffnung und der Glaube, dass es sich zu leben lohnt. Ich weiß dann:

*Ich bin nicht wertlos, wenn meine Abschlussprüfung daneben ging.

*Ich bin nicht wertlos, wenn meine Partnerin oder mein Partner mich verlassen hat.

*Meine Lebenszeit ist nicht wertlos, wenn ich auch die Lebenszeit eines geliebten Menschen nicht verlängern konnte und ihn viel zu früh hergeben musste.

*Ich bin nicht wertlos, wenn ich dem Druck im Beruf nicht standhalten kann.

*Mein Leben ist nicht umsonst, auch wenn ich selbst vielleicht nur Bruchteile der Welt verbessern kann.

Und die bleibende Liebe macht es möglich, dass wir einander in allem Leid Erfahrungen von Glaube, Hoffnung und Zuversicht schenken können. – Gemeinsam schweigen, Zeit teilen, Einladungen, gute Worte, etwas zum Wohlfühlen, all das hilft, die Bruch- oder Teilstücke unseres Lebens verbinden oder in unseren Lebensweg integrieren zu können.

Die Liebe Gottes zu uns, die Jesus uns vorgelebt hat, ist dabei ein gutes Vorbild. Man kann es auch so sagen: Mit jeder Tat der Liebe kommt der Himmel schon jetzt auf die Erde.

Antwort zwei von Paulus:

  • Es wird eine andere Zeit kommen als unser Jetzt. Zweimal sagt er: dann aber. Er verheißt, dass wir Gott schauen werden von Angesicht zu Angesicht und dann werden wir ihn und uns ganz erkennen. Die offenen Fragen werden eine Antwort finden. Wir werden mit dem Durcheinander in uns und in unserer Lebensgeschichte und unserer Welt nicht ohne Antwort bleiben. Aus dem Vorläufigen hier wird etwas Endgültiges.

Zugegeben, manches möchte ich jetzt schon genau wissen. Es gibt so viele große Warum?-Fragen ohne Antwort. Dass habe ich nicht nur bei Beerdigungen oft so empfunden, sondern auch bei Naturkata-strophen, für die Menschen nichts können, wie Erdbeben – wie jetzt in Syrien und der Türkei, und in der Folge davon Tzunamis, die so viele Menschenleben zerstören, wie wir es vor Jahren im indonesischen Raum erlebt haben.

Aber der Glaube hilft mir, trotzdem nicht aufzugeben. Weil es Schreckliches und Böses gibt, muss ich nicht aufhören, Gutes zu versuchen, Schönes zu schenken, oder an Gott zu glauben.

Hätte Gott uns sonst, nachdem Menschen Jesus gequält und hingerichtet haben, die Osterhoffnung geschenkt?

In den Stückwerken unseres Leben, im trüben Spiegel, der uns nicht alle Fragen beantwortet, und auch im Blick in den klaren Spiegel, der uns auf uns zurückwirft und kein Durchgang in eine neue Welt ist, wie in vielen märchenhaften Geschichten, – in all dem bleiben wir gehalten. Gehalten von einer Liebe, die uns hier und jetzt Kraft zum Leben gibt. Wir erleben sie im Vertrauen auf Gott und in einem liebevollen Miteinander, dass Gott uns zutraut.

Diese Liebe Gottes hat Paulus durch sein wechselhaftes Leben getragen, dass auch oftmals in Gefahr war; Schiffbruch und Gefängnis hat er durchlitten. Aber er hat nicht aufgehört, von dieser Liebe zu erzählen mit ganzer Kraft, mit vollem Risiko und ehrlich gegenüber seiner Person und seiner Lebensgeschichte.

Wir können ihm dafür danken. Aber mehr noch: Wir können diese Liebe erfahrbar machen als Kraft, die uns am Dunkel im Leben, an allen Rätseln und Verzerrtem oder an Brüchen nicht zerbrechen lässt, und deshalb trotz allem Liebe wagen im Miteinander. Und das hilft uns dann auch, dass wir beim Blick in den Spiegel uns selbst ins Gesicht sehen können.  

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft halte unseren Verstand wach und unsere Hoffnung groß. Amen.

Fürbitte

Gott, wir danken dir für die Größe deiner Liebe zu uns und dafür, dass diese Liebe niemals aufhört.

Wir danken dir für die Kraft der Liebe, die uns helfen kann, die Stückwerke und Brüche unseres Lebens auszuhalten und uns an guten Erfahrungen und liebevollen Begegnungen zu freuen und zu stärken.

Wir danken auch dafür, dass wir Liebe schenken können und damit anderen in Krisen ihres Lebens beistehen können.

So finden wir im Trüben neue Hoffnung und in Urklarheit und Angst bleibt unser Glaube ein starker Rückhalt.

Wir bitten dich in diesen Tagen für die Opfer von Naturkatastrophen. Lass sie die nötige Hilfe erfahren.

Wir bitten für die Opfer von Diktatur und Gewalt,

für die unterdrückten Frauen, die zu Unrecht Verhafteten, für Kriegsopfer und Flüchtlinge.

Diese Lebensbrüche fordern viel, hilf uns sie zu lindern, wo wir können, und lass uns nicht stumm bleiben,

sondern für die Leidenden unsere Stimme erheben.

Gott, wir bitten dich für die Menschen,

die große Verantwortung tragen,

dass sie weise Entscheidungen treffen.

Wir bitten um mehr Sachlichkeit in Konflikten und

auch um Eigeninitiative, wo Grenzen erreicht werden.

Lass uns vertrauen, dass wir auch Herausforderungen und sogar Zumutungen gewachsen sein können, wenn wir einander so begegnen, wie Jesus es vorgelebt hat.

Gott, wir bitten dich für die Menschen in unseren Gemeinden, die müde geworden sind von den Diskussionen um neue Strukturen und Zuständigkeiten. Lass sie viel mehr Kraft schöpfen aus deiner frohen Botschaft.

Wir bitten auch darum, dass wir in der Kirche Konflikte konstruktiv lösen können.

Und wir hoffen, dass viele zu unserer Gemeinschaft zurückkehren. Mutig können wir dafür werben.

Gott, wir bitten dich für die Menschen in unserer Gemeinde, die an Veränderungen, an Abschieden, Schmerz, Krankheit und Sorgen zu zerbrechen drohen. Wir denken an die Einsamen und diejenigen, die sich nicht verstanden fühlen und besonders an die Kinder und Jugendlichen, die sich um ihre Zukunft sorgen.

Lass uns dem Glaube, der Liebe und der Hoffnung ein Angesicht geben,

das klar ist, weil es um deine Liebe weiß.

Alles, was uns weiter bedrückt, schwer auf dem Herzen liegt und dazu die Menschen, die wir lieben, vertrauen wir dir mit an, wenn wir das Gebet sprechen, das Jesus uns geschenkt hat.

Vater unser

Der Nikolaus, der Nikolaus

 

Der Nikolaus, der Nikolaus,

der Nikolaus, das ist der Klaus.

Er wohnt nebenan im Haus

und teilt gern Geschenke aus.

 

Der Nikolaus, der Nikolaus,

der Nikolaus, der mag den Klaus,

denn er hilft ihm immer aus

beim Schenken von Haus zu Haus.

 

Der Nikolaus, der Nikolaus,

der Nikolaus, der fragt den Klaus,

wer teilt noch Geschenke aus?

Ich schaff es nicht allein, oh Graus!

 

Der Klaus, der Klaus,

der Klaus beruhigt den Nikolaus:

„Ich sag es dir geraderaus`,

jeder ist gern mal Nikolaus.“

 

Da atmet auf der Nikolaus.

So erreicht sein Gruß ja jedes Haus

pünktlich und ohne Saus und Braus!

Und er dankt dem Klaus!

 

Der Nikolaus, der Nikolaus,

der Nikolaus fragt dich wie Klaus,

teilst auch du gern Geschenke aus?

Dann komm mit von Haus zu Haus

und wir feiern alle Nikolaus.

 

© Anke Dittmann 1.2.23

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Predigttext

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

Ich lese den Predigttext noch einmal in der Übersetzung der Basisbibel  – Lesen Mk 2,1-12 –

Ein paar Tage später kam Jesus nach Kapernaum zurück. Es sprach sich herum, dass er wieder zu Hause war.2Daraufhin strömten so viele Menschen herbei, dass der Platz nicht ausreichte –nicht einmal draußen vor der Tür. Jesus verkündete ihnen das Wort Gottes.

3Da brachten Leute einen Gelähmten zu Jesus. Er wurde von vier Männern getragen.4Aber wegen der Volksmenge konnten sie nicht bis zu ihm vordringen. Deshalb öffneten sie das Dach genau über der Stelle, wo Jesus war. Sie machten ein Loch hinein und ließen den Gelähmten auf seiner Matte herunter.5Jesus sah, wie groß ihr Glaube war, und sagte zu dem Gelähmten: »Mein Kind, deine Sünden sind dir vergeben.«

6Es saßen aber auch einige Schriftgelehrte dabei. Die dachten:7»Wie kann er so etwas sagen? Das ist Gottes-lästerung! Nur Gott allein kann Sünden vergeben.«8Doch Jesus wusste sofort, was sie dachten. Er sagte zu ihnen: »Warum habt ihr solche Gedanken?9Was ist einfacher? Dem Gelähmten zu sagen:› Deine Sünden sind dir vergeben‹, oder: ›Steh auf, nimm deine Matte und geh umher‹?10Aber ihr sollt sehen, dass der Menschensohn von Gott Vollmacht bekommen hat. So kann er hier auf der Erde den Menschen ihre Sünden vergeben. «Deshalb sagte er zu dem Gelähmten:11»Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause.«12Da stand der Mann auf, nahm rasch seine Matte und ging weg – vor ihren Augen. Sie gerieten außer sich, lobten Gott und sagten: »So etwas haben wir noch nie erlebt.«

Liebe Gemeinde!

Schauen wir einmal auf die Personen der Geschichte.

Markus erzählt von einem Gelähmten. Er ist bewegungs-unfähig, liegt auf einer Matte, ist lahmgelegt. Er ist abhängig von anderen, unfähig für sich selbst zu sorgen, erscheint blockiert in seiner Sprache. Er ist passiv, vielleicht gleichgültig, vielleicht sogar ungläubig. Er ist willenlos, lässt Riskantes mit sich geschehen. Und schließlich ist er der, der bewegt wird, zunächst getragen, und dann trägt er sich mit seinen eigenen Beinen. Der Gelähmte – es hat ein gutes Ende mit ihm. Der Gelähmte wird – vielleicht sogar unverdient – der Geheilte.

 

Markus erzählt auch von vier Trägern. Es waren wohl Freunde des Gelähmten. Diese Vier haben einiges zu tun – mit ihren Händen und ihrer Körperkraft, aber auch mit ihrem Kopf. Der Gelähmte muss getragen, der Durchbruch durch die Menschenmenge probiert werden. Dies misslingt. So müssen sie Einfälle haben, Mut zeigen, Ideen suchen und Risikobereitschaft an den Tag legen. Der Weg über das Dach wird gefunden. Fremdes Eigentum wird auf dem Weg zu Jesus kaputtgemacht. Nur konzentriert auf das Vorhaben, dem Freund zu helfen, mit festem Willen und einer Menge Kraft gelingt es, den Kranken zu Jesus zu bringen. Die Träger sind uneigennützig und voller Vertrauen zur Person Jesu. Dies wird von Jesus erkannt. Ihr Vertrauen zeigt sich als gerechtfertigt. Es hat geholfen, dass sie – durch ihre Aktion auf dem Dach – Licht auf die Situation des Gelähmten warfen.

 

Weiter berichtet Markus von der Menge, ein unübersichtlicher Pulk von Einzelgängern, denen es nur darum geht, Jesus am nächsten zu sein. Aufdringlich, bis in ein fremdes Haus hinein wird vorgerückt. Drinnen ist vielleicht ein Kampf um die besten Plätze, nach außen aber herrscht Geschlossenheit – wie ein Block, sie schotten sich ab gegen die herannahenden Freunde des Gelähmten. Aus Angst, den erkämpften Platz zu verlieren, werden die Menschen in der Menge unfähig, auch nur einen Schritt zur Seite zu gehen. Erst der herabgelassene Gelähmte bewegt sie ein Stück. Die Sündenvergebung entlockt ihnen keine Reaktion, erst der sichtbaren Handlung folgt das Staunen und Loben. Wunderbarerweise ist dann da auf einmal auch Platz für den Geheilten hinauszugehen.

 

Markus zeigt uns außerdem einen Jesus, der eigentlich nach Kapernaum kommt, um Simon zu besuchen. Jesus, der sich zurückzieht in das Haus, der seine Ruhe haben will. Es wird aber bekannt, dass er da ist, und sofort wird er von vielen Menschen bedrängt. Und obwohl er sich zurückziehen wollte, verkündet er dann allen die frohe Botschaft. Als sich die Träger vertrauensvoll an ihn wenden, nimmt er sich ihr Anliegen zu Herzen. Ihr Vertrauen ermöglicht Jesus die Vergebung der Sünden und die Heilung des Kranken.

 

Schließlich erzählt Markus noch von den Schriftgelehrten, die dem Handeln Jesu dazwischenfunken mit ihren Gedanken. Es sind die Privilegierten, sie genießen Vorrechte. Wo alle stehen und drängeln, da haben sie noch einen Platz zum Sitzen. Die Schriftgelehrten sind zuständig für theologisches Denken und Handeln, für die Einhaltung der Gebote. Sie wollen aufpassen, was hier passiert. Und tatsächlich, der Glaube scheint in Gefahr, Gott wird angegriffen, weil Jesus sich anmaßt, Sünden zu vergeben. Es regt sich in ihnen Widerstand. Doch noch bevor sie etwas sagen und tun können, nimmt ein anderer, nämlich Jesus, das Gespräch in die Hand. Und er lässt den Schriftgelehrten keine Zeit zum Widerspruch. Zum Lobpreis Gottes nach der Heilung des Gelähmten wird es ihnen die Sprache verschlagen haben.

 

Als ich die verschiedenen Rollen in der Geschichte durch-dachte, überlegte ich, wer ich wohl gern gewesen wäre: der Gelähmte, ein Träger, eine in der Menge, Jesus oder ein Schriftgelehrter. Die Entscheidung fiel schnell und mir leicht.

Gern wäre ich eine der Personen, die den Gelähmten tragen. Die Kraft und den Mut wünschte ich mir: anderen, wenn es nötig ist, einmal aufs Dach zu steigen – Hindernisse einzureißen. Auch würde ich meine Eigennützigkeit gern aufgeben können, mehr für andere da sein wollen. Die Konzentration auf das wirklich Wichtige und das feste Vertrauen der Freunde auf Jesus, das wünsche ich mir auch.

 

Dann habe ich mich gefragt, zu welcher Personengruppe ich mich denn wirklich zählen müsste. Da, – muss ich zugeben -, könnte ich eher bei den Schriftgelehrten sein. Bin ich nicht zu bequem? Schaue ich nicht oft lieber zu – zwar mit ernstem Interesse, wie die Gelehrten hier – und denke mir dann meinen Teil im Stillen? Bin ich nicht zu festgefahren oder zu traditionell in meinem Denken? Ist mir das nicht lieber, als Bahnbrechendes für andere zu arrangieren? Ist mein Denken nicht oft zu traditionell und festgefahren? Ich bin doch ziemlich vom Sicherheitsdenken geprägt und meine Risikobereitschaft ist nicht so groß.

 

Und wenn ich die Rollen in der Geschichte so einordne, fällt mir auf, dass ich so unbeweglich bin wie der Gelähmte in der Geschichte. Und genauso bewegungsunfähig sind eigentlich auch die Menschen in der Volksmenge, die keinen Schritt tun mögen, um ihren erkämpften Platz nicht zu verlieren. Auch die Schriftgelehrten sind unbeweglich in ihrem Denken. So finden sich also noch mehr Gelähmte in der Geschichte als nur der eine.

 

Spinne ich diesen Gedanken weiter – auch über die Geschichte hinaus – dann fallen mir noch viel mehr Gelähmte, Unbewegliche und Lahmgelegte auf. Ich denke dabei an Menschen, die nur noch an sich denken können und andere nicht mehr beachten. Ich denke an Gleichgültige, die lieber nicht mehr über etwas nachdenken wollen; und an Einsame, Traurige und Unsichere, die es nicht schaffen, für sich selbst zu sprechen, die sich nicht mehr aus sich und ihrem sicheren Umfeld heraus trauen. Ich denke an Menschen, die in Rollenbildern verhaftet sind, die sie daran hindern, sich zu hinterfragen. Dann können sie sich aber auch nicht weiterentwickeln.

 

Was kann das aber sein, was mich oder andere hindert, in Bewegung zu geraten? Was hindert mich daran, das zu tun, was ich eigentlich möchte, wie, hier in der Geschichte, ein Freund zu sein? Was lähmt mich?

Von mir kenne ich viele Ängste, die mich immer wieder lähmen. Da ist die Angst, etwas falsch zu machen, die Angst, zu kurz zu kommen – die Angst, anderen nicht zu gefallen. Dazu kenne ich die Angst, Schuld auf mich zu laden, oder die Angst, verletzt zu werden. Auch habe ich Angst davor, mich eventuell ändern zu müssen, Gewohnheiten zu verlassen. Ich kenne auch die Angst, dass ich Ansprüchen nicht genügen kann und Angst davor, dass jemand nach meinen Fehlern fragt, nach dem, was bisher in meinem Leben alles schief gegangen ist, oder wo ich nicht genug geleistet habe.

 

Schaue ich so auf die Geschichte, lese ich sie neu. Ich erkenne, dass Markus mit ihr alle Menschen, die wie gelähmt leben, und in Ängsten verhaftet sind, zu Jesus trägt. All die Unbeweglichen, die Resignierten, die Ängstlichen.

Ich lasse mich einmal darauf ein und sehe mich mit meinen Lähmungen anstelle des Gelähmten. 

So unbeweglich, wie ich bin, liege ich vor Jesus und er sagt zu mir: „Kind, deine Sünden sind vergeben.“

Jesus überrascht mich. Er hat gar nicht gefragt, was in meiner Vergangenheit war. Er verlangt keinen Leistungsnachweis der guten Taten. Er hat keine Rede geschwungen, was ich tun oder lassen soll, oder darüber, wo ich versagt habe. Liebevoll hat er sich mir genähert. Er hat mich angenommen, wie ich bin. „Kind“ hat er zu mir gesagt. Das geht mir ganz nah. Er vergib mir meine Fehler, meine Schuld, meine Grenzen, meine Unzulänglichkeiten, an denen ich so oft zu scheitern drohe.

Seine Worte lösen eine Blockade in mir. Ein kleiner Ruck, ich gerate in Bewegung. Ich löse mich aus dem Festgefahrenen, kann mich verändern. Ich überdenke und erneure mein Verhalten zu anderen Menschen, zu meiner Umwelt. Ich traue mich, in mein Spiegelbild zu schauen und fest in das Gesicht des anderen. Ich entwickle mich.

Über das, was mich lähmt, will ich mit anderen sprechen. Und andere besser verstehen, die festgefahren sind. Ich habe den Mut, Fehler zuzugeben und lerne zu vergeben. Wunderbare Schritte auf neuen Wegen.

 

„Kind, deine Sünden sind vergeben“. Das sagt uns der, der zu allen Gelähmten auch das sagt: „Steh auf und geh!“ Als Kind Gottes kann ich immer wieder neu anfangen, neue Wege einschlagen und Ängste ablegen.

So bleibe ich ganz aufmerksam, was noch weiter in mir entsteht und wächst, wenn ich Jesu Zusage folge. Sicher komme ich dabei auch einmal ins Staunen, was Gott mir möglich macht und was er mich erleben lässt. Ich bin gespannt auf meine Einfälle und meinen Mut, die er mir möglich macht. Und ich will auch für andere auf dem Weg zu Jesus Hindernisse einreißen, andere auch tragen lernen, anderen helfen, ihre Not und Schwierigkeiten stärker sichtbar zu machen und vor Gott und die Welt zu bringen. Ich wage es, wie einer der Freunde des Gelähmten werden. Das ist wie ein Aufatmen.

Ich glaube, dass diese Geschichte von der Heilung des einen Gelähmten uns alle in Bewegung setzen will auf einen hoffnungsvollen Weg. Wir dürfen von uns absehen, über Schatten springen, staunen, was geht.

Jesus sagt zuerst: „Kind, deine Sünden sind vergeben“ und dann: „Steh auf und geh!“ Amen.

 

 

 

 

 

 

 

Leichtere Last

Gedanken zu Galater 6,1-10

Entlasten,

leichter machen die Last,

Lasten teilen,

gemeinsam tragen.

Eine trage des anderen Last,

der andere trägt die Last der einen mit.

Druck und Ballast,

Elend und Kummer

und auch den Seelenschmerz nehmen.

Eine Herausforderung!

Solange wir noch Zeit haben,

wollen wir allen Menschen Gutes tun.

Damit es kein Trauerspiel wird

mit dem Entlasten,

mit dem gemeinsamen Tragen,

lasst uns nicht müde werden.

Denn was der Mensch sät,

das wird er auch ernten.

©Anke Dittmann 9.9.2022

Erzählpredigt zum barmherzigen Samariter

© Anke Dittmann

Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Erlöser. Amen.

Liebe Gemeinde!

 

Ich möchte Sie heute zur Geschichte vom barmherzigen Samariter zu einer kleinen Erzählung einladen, die uns in die Zeit Jesu führt:

 

In Jerusalem sah ich einen Kaufmann in der Schänke sitzen. Um ihn herum waren viele Männer, die die Ohren spitzen. Auch ich wollte seine Geschichte hören.  Der Mann war gut gekleidet, schien wohlhabend zu sein. Was hatte er zu erzählen? Es gelang mir ganz nah an ihn heranzukommen. Seine Stimme zog mich in den Bann.

 

„Jeder kennt meine Geschichte“, begann er, „aber keiner kennt meinen Namen. Aber eigentlich glaubt nur jeder meine Geschichte zu kennen, denn selten wird sie ganz erzählt. Hört zu:

 

Ich bin ein Kaufmann, oft muss ich den Weg von Jerusalem nach Jericho gehen und von Jericho nach Jerusalem. Ihr wisst, der Weg ist gefährlich. Seit immer mehr Menschen in unserem Land verarmen, hat sich die Zahl der Überfälle erhöht. Gerade die Zeloten, die Widerstandskämpfer gegen die Römer, liegen dort oft auf der Lauer, aber auch hungernde Bauern, denen man das Land geraubt hat. Ich war allein, hatte gerade gute Geschäfte gemacht. Meine Ware wollte ich schnell nach Jericho bringen, dort wartete ein guter Kunde, der war Gold wert. 

Als ich dort meine Straße zog, hörte ich auf einmal ein Stöhnen. Es klang jämmerlich. Dann sah ich hinter einem Felsen am Straßenrand ein paar Beine hervorgucken. Ob das eine Falle war? „Hilfe“, hörte ich dann jemanden rufen. Falle oder Hilferuf? Ich war unsicher. Da ich unter Zeitdruck war und an mein Geschäft dachte, ließ ich die Rufe hinter mir und ging weiter. Vielleicht kamen ja andere, dachte ich. 

Auf dem weiteren Weg wurden mir die Schritte schwerer und ich hörte die kläglichen Rufe immer noch, obwohl ich längst außer Reichweite war. Egal, ich muss an mich und meine Familie denken. 

Meine Geschäfte in Jericho liefen planmäßig, es kam sogarnoch mehr Geld raus, als ich gedacht hatte. Meine Familie freute sich später mit mir über den guten Verdienst. Bald ging ich wieder zu ihnen nach Jerusalem zurück.

Man kann ja nicht die ganze Welt retten, dachte ich auf dem Rückweg, als ich an der Stelle vorbeikam, wo ich die Hilferufe gehört hatte. Es war niemand mehr da.

Ich vergaß die Sache. 

Und dann hatte ich wieder so gute Ware erhalten, die ich in Jericho noch besser würde verkaufen können. Ich zog los mit meinem Lastesel. Wie immer allein, dann war der Gewinn am höchsten. Doch diesmal meinte das Schicksal es nicht gut mit mir. Zwischen kleinen Büschen und Felsen stürzten sich Räuber auf mich. Ich bekam einen harten Schlag auf den Kopf und fiel zu Boden. An mir wurde herumgerissen und ich wurde getreten, mein Esel schrie mürrisch auf und sein Rufen wurde dann immer leiser.  Ich sah ihn nie wieder. Ich fiel in Ohnmacht und wurde erst wieder wach, als die Sonne hoch am Himmel stand. Alles tat mir weh, meine Zunge klebte am Gaumen. Ein Himmelreich für ein Schluck Wasser, dachte ich. 

Dann hörte ich jemanden kommen. Endlich Hilfe. Ich stöhnte auf. Doch der Mann, dessen Gewand fast mein Gesicht streifte, ging einfach weiter. Wirklich, er sah mich da liegen und ging weiter! Sein Gewand war schön, wie es die Priester im Tempel tragen. Das kann nicht sein, dachte ich und dann war wieder alles dunkel. 

Wieviel Zeit dann vergangen war, weiß ich nicht, aber ich hörte wieder etwas. Jetzt aber, dachte ich. Jetzt aber! Doch wieder kamen und gingen die Schritte als wäre ich nichts. Mein Ende! Es wurde wieder dunkel um mich. 

Plötzlich aber spürte ich auf einmal den Atem eines Tieres. Ich schreckte auf! „Ruhig, nur ruhig“, sagte da jemand neben mir am Boden. „Es ist nur mein Esel.“ Kurz darauf spürte ich einen Wasserschlauch an meinem Mund. Ich lebte, jemand war mir zur Seite. Ich öffnete die Augen. Ein Mann kniete bei mir und wusch mir die Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Ich starrte ihn an, es war ein Samariter, unverkennbar war es an der Kleidung zu erkennen. Stellt euch das vor, ein Samariter, mit denen wir doch verfeindet sind. Der half mir. „Viel kann ich nicht tun“, sagte er, „schaffst du es auf meinen Esel? Dann bringe ich dich zum nächsten Gasthof, da kannst du dich erholen.“ Ich versuchte zu nicken, fiel aber wieder in Ohnmacht. 

Erst später erkannte ich, dass ich fiel Blut verloren haben musste, die Verbände waren fast durchgeweicht davon. Der Samariter hat mich irgendwie auf seinen Esel gekriegt. Wie? Keine Ahnung. Dann brachte er mich zur nächsten Herberge. Ich hatte ja aber nichts mehr, weder Kleidung, noch Waren, geschweige denn Geld. Und dann hat er noch, wie ich später vom Wirt erfuhr, alles für mich bezahlt. Als ich erholter war, wurde mir bewusst, dass mir der Fremde das Leben gerettet hatte, der Samariter. Und was hatte ich getan?

 

Es dauerte bis ich wieder ins Geschäft kam. Ich war ganz schön angeschlagen und noch immer habe ich Schmerzen im rechten Bein. Aber wir hatten genug Rücklagen, Gott sei Dank.

Nach Wochen zog  ich wieder los von Jerusalem nach Jericho. Mir wackelten die Knie. Meine Frau wollte, dass mein großer Sohn mitkommt, aber ich wollte unbedingt allein gehen, nur so konnte ich die Angst überwinden. Es ging gut.

Das Geschäft war okay und ich machte mich auf den Rückweg von Jericho nach Jerusalem. Ich ging langsamer als früher wegen dem Bein und auch weil ich nachdenklicher geworden bin. 

Da hat mich doch mit schnellen Schritten ein Levit überholt, ein Gesetzeslehrer. Der hat es aber eilig, dachte ich noch. 

Ein Stück weiter holte mich ein Priester ein, der es auch so eilig hatte, ob die beiden Angst vor den Räubern hatten? Das Gewand kommt mir bekannt vor, dachte ich noch, als er vorbeizog.

Und dann hinter der nächsten Wegbiegung lag ein Verletzter mitten auf dem Weg. Er stöhnte. Ich beschleunigte, so gut es ging, meinen Schritt. Den Priester sah ich gerade noch davonlaufen. „Hey, bleib stehen, rief ich, hier braucht jemand unsere Hilfe!“ Doch der Priester ging weiter. „Um Gottes Willen, bleib stehen“, schrie ich. Da blieb er stehen und drehte sich langsam um. Ich war jetzt bei dem Verletzten, beugte mich herab und gab ihm ein Schluck Wasser. „Räuber“, hauchte er. „Räuber.“ Er zitterte. Sein Zittern übertrug sich auf mich. Ich hatte Mühe von meinem Gewand einen Streifen abzureißen. 

„Hier“, sagte da auf einmal eine Stimme und reichte mit ein Stück Stoff. Ich schaute hoch. Der Priester war tatsächlich umgekehrt. 

Wir versorgten den Mann gemeinsam. Nachdem er sich erholt hatte, hakten wir ihn unter und trugen ihn bis zur nächsten Herberge. Das war anstrengend und ich vermisste meinen Esel. Ich gab dem Wirt ein Geldstück, damit er den Überfallenen pflegte, der Priester gab auch etwas. Dann ging Der Priester mit einem stillen Gruß davon.

Ich trank noch einen Krug Wein. So viel ging mir durch den Kopf. Der Levit musste den Verletzten doch auch gesehen haben, hatte der nur seine Reinheitsgebote im Kopf oder warum ging er vorbei? Und warum war ich damals vorbeigegangen? Ich dankte in Gedanken noch einmal dem Samariter, der nun nicht nur mir damals, sondern durch sein Handeln auch dem Überfallenen heute geholfen hatte. 

Als ich aufbrach, kam ein Samariter in die Herberge. Ich kannte ihn nicht, aber ich grüßte ihn fast überschwänglich. Er schaute mich verwirrt an, grüßte aber zurück. 

Wenn ich jetzt den Weg gehe, habe ich immer etwas mehr Wasser und Stoffbinden dabei. Zum Glück brauche ich es nicht so oft. Benötige ich es nicht, teile ich es mit denen, die mich mit schnellen Schritten überholen. Für ein Schluck Wasser hält jeder an. Manchmal erzähle ich dann auch diese Geschichte. Meine ganze Geschichte von dem Menschen ohne Namen und dem Samariter ohne Namen. Ich werde nie vergessen, dass ich von einem Samariter gelernt habe, wer mein Nächster ist. 

Später habe ich einmal gehört, wie jemand, der mit Schülern durch unser Land zog, Ähnliches erzählte. Und der sagte am Schluss: So geht nun hin und tut desgleichen! Das ist auch meine Botschaft für Euch!

 

Die Geschichte war zu Ende. Ein Moment war Stille um den Mann in der Schänke. Ganz leise fragte einer: Ein Samariter, war das wirklich ein Samariter? Der Mann nickte. Nachdenklich zogen sich die Männer um den Erzähler zurück. Manche tranken noch einen Wein, viele gingen still nach draußen. Mir blieben die Schlussworte im Kopf hängen: So geh nun hin und tue desgleichen! Wo war ich schon überall einfach so vorbeigelaufen. Würde ich beim nächsten Mal helfen?

 

Und der Friede des Gottes, der uns bedingungslos liebt, sei mit uns, dass wir ihn mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit allen Kräften lieben können, so dass er unsere Herzen und unsere Sinne bewahren kann, damit wir unsere Nächsten lieben lernen wie uns selbst. Amen.

zulassen

 

Auferstehung

ist nur möglich

wo etwas gestorben ist

 

Sterben heißt

sich fallen lassen in Gottes Hand

loslassen

 

Das neue Leben

ist nicht das alte

das gilt es zuzulassen

 

 

 

©Anke Dittmann

31.10.2010

Unentdecktes

in mir

Wo hast du dich 

versteckt

Mich hungert nach dir

egal

ob du mir schmeckst

Wie gedeckelt

lebe ich sonst

beschränkt

beengt

lass dich finden

©Anke Dittmann 4.7.22

Du bist ein Geschenk

 

(ein Lied zur Geburt/Taufe)

 

Du bist ein Geschenk,

bist wie ein Sonnenstrahl

und mit einem Mal

ist unser Herz voll Glück.

 

Du bist ein Geschenk,

ganz klein in unserm Arm,

gewickelt und ganz warm

bist unser bestes Stück.

 

Refrain: Du bist gewollt, erhofft, geschenkt, geliebt

Es ist so wunderbar und schön, dass es dich gibt.

Du bist unser Kind, ab jetzt und alle Zeit,

wir sind für dich da, was immer auch geschieht.

 

Du bist ein Geschenk,

bist wie ein helles Licht,

das sich in Farben bricht,

so bunt kann Leben sein.

 

Du bist ein Geschenk,

bist kostbar und so zart,

einzig in deiner Art,

großartig und doch klein.

 

Refrain: Du bist gewollt, erhofft, geschenkt, geliebt

Es ist so wunderbar und schön, dass es dich gibt.

Du bist unser Kind, ab jetzt und alle Zeit,

wir sind für dich da, was immer auch geschieht.

 

© Anke Dittmann 3.1.2022

Tag für Tag

Tag für Tag

Die Welt wird wärmer

die Armen werden ärmer

die Reichen immer reicher

der Permafrost wird weicher

Erdboden wird zu trocken

anderswo fehlen die Schneeflocken

der Meeresspiegel steigt

doch die Politik, die schweigt.

Der Jugend – ungehört –

wird ihre Zukunft so zerstört.

Leben auf andrer Rücken

dass sie sich weit und weiter bücken

bis sie brechen – unheilbar!

                                               ©Anke Dittmann, 5.11.2021

Jonatan

Erzählpredigt zu Weihnachten

©Anke Dittmann

Es begab sich aber zu der Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war, da lebte ein junger Hirte mit Namen Jonatan in der Nähe von Bethlehem. Er war noch nicht lange ein Hüter der Schafe. Auf seiner Flucht aus Jericho hatte er Elia getroffen, einen alten Hirten, der ihm Unterschlupf gewährte und ihn schließlich bat, bei ihm zu bleiben. Elia war alt. Er wusste, er konnte die Tiere nicht mehr schützen. Da er keinen Sohn hatte, dem er sein Wissen vermitteln konnte und der einmal seine Tiere übernehmen würde, kam ihm der flüchtige Jonatan sehr zupass. Auch spürte er die Einsamkeit des jungen Mannes, der ohne Zuhause zu sein schien. Doch das allein war ja nicht ungewöhnlich in seiner Zeit.

Elia war ein weiser Alter, er drängte Jonatan nicht, seine Geschichte zu erzählen. Er konnte warten.

Jonatan lebte sich gut ein auf dem kargen Gelände um Bethlehem. Er lernte schnell, erkannte gute Weideplätze, merkte sich die Wasserstellen und war flink mit der Schleuder. Den Umgang mit Waffen war er wohl gewöhnt, beobachtete Elia. Es dauerte nicht lange, bis er herausgefunden hatte, dass Jonatan aus gutem Hause kam. Er konnte lesen und schreiben. Er kannte viele Psalmen auswendig. Und er konnte ebenso gut feilschen auf dem Markt. Elia hatte Vertrauen zu ihm und übergab ihm alles Geld, was er hatte. Es war erstaunlich, was Jonatan daraus für Gewinne zog. Er musste von Kind auf viel gelernt haben. Doch sprach Jonatan immer noch nicht von sich.

Wenn sie abends draußen auf den Feldern blieben, erzählte Elia am Feuer. Jonatan kannte niemanden, der so viele Geschichten in sich trug. Elia kannte die Geschichte Israels und schmückte sie aus wie kein anderer. Wenn Elia die Geschichte Israels lebendig werden ließ, sah Jonatan den König David gegen Goliath kämpfen, er sah Salomos Tempel entstehen, er sah das zerstörte Jerusalem vor sich und die Gefangenen auf ihrem Transport nach Babylon. Elias Geschichten lebten von seinem Glauben. Immer war es der unerschütterliche Gott, der handelte, der Bauten gelingen ließ, der den Kleinen Kraft gab gegen die Großen, der auch strafte, wo Menschen sich von ihm abwandten.

Eines Abends, als Elia die Geschichte von König Kyros erzählte, der als Werkzeug Gottes die Gefangenen Babylons befreite, konnte Jonatan nicht mehr schweigen.

„Du kannst wunderbar  die Geschichten aus alter Zeit erzählen, Elia“, sagte er. „Aber erzähle mir doch bitte einmal, wo heute noch dieser Gott, dem du so vertraust, am Werk ist.“

„Traust du Gott heute nichts mehr zu, Jonatan?“, wollte Elia wissen.

„Wie denn?“ entgegnete dieser ungewöhnlich scharf im Ton. „Er schaut doch nur zu, wie sein Volk zugrunde geht.“

„Er wird uns seinen Retter schicken“, warf Elia ein.

„Wie lange willst du denn noch darauf warten?“ Jonatan machte eine ablehnende Handbewegung, stand auf und ging zu den Tieren. „ich schaue noch einmal nach, ob bei den Schafen alles in Ordnung ist.“

Elia ließ Jonatan gehen. Er verstand seine Sorge, denn auch er wusste um das Elend im Volk.

Am nächsten Morgen musste Jonatan ins Dorf gehen, für die kommenden Tage brauchten sie etwas mehr Proviant. Als er aus Bethlehem zurückkam, hatte er ein verächtliches Lächeln auf den Lippen. „Im Dorf sind sie völlig aufgeregt“, erzählte er Elia. „Augustus hat befohlen, dass alle Menschen in seinem Reich gezählt werden sollen, wegen den Steuern natürlich. Nun muss jeder Mann in den Ort, wo er geborgen wurde. Ein Durcheinander ist das!“

„Wo musst du denn nun hin?“. Fragte Elia.

„Ich?“, entgegnete Jonatan verwundert, „ich bin wie tot, warum sollte ich irgendwo geboren sein? Es wird schon nicht auffallen, wenn ich fehle. Und du?“

„Ich bin hier aus Bethlehem“, antwortete Elia.

„Glück gehabt!“, meinte Jonatan und verschwand auf den Feldern.

Am Abend fragte ihn Elia: „Hast du noch mehr gesehen in Bethlehem?“

„Willst du es wirklich wissen?“, fragte Jonatan zurück.

„Du bist ein kluger junger Mann, hast scharfe Augen und einen klaren Verstand. Du hast es gelernt hinzusehen.“

Jonatan erschrak darüber, dass Elia ihn besser kannte, als es ihm lieb war. „Ich wünschte, ich könnte meine Augen schließen, hätte keinen Verstand und würde wie die Schafe nur einem guten Hirten hinterherlaufen“, sagte Jonatan niedergeschlagen und fuhr fort: „Ich sah römische Soldaten, sie trieben die Menschen wie Tiere auf dem Marktplatz zusammen, damit sie dem Ausrufer zuhörten. Es waren auch Frauen und Kinder dabei, denen das Entsetzen und die Angst im Gesicht standen. Gegen die bewaffneten Römer waren sie wehrlos. Noch mehr Steuern, das heißt, die Menschen werden noch mehr Hunger leiden. Und die Steuern sind doch nur für die vielen Kriege und Eroberungen bestimmt. Wie sind nicht mehr frei, Elia. Und Gott? Ich frage dich, wo ist dein Gott?“

Elia senkte den Kopf und sagte leise: „Auch wenn du mir nicht glaubst, Jonatan, ich stelle mir diese Frage auch und kann trotzdem nicht aufhören zu glauben.“

Er legte Jonatan die Hand auf die Schulter. Den Rest des Abends schwiegen sie.

Am nächsten Morgen machten sie sich auf mit der Herde gen Westen. Es war abgelegenes Land, sicherer für Jonatan. Als sie an diesem Abend den Feuerplatz einrichteten, sagte Jonatan: „Heute, Elia, erzähle ich dir meine Geschichte.“

Elia merkte, wie froh er über diesen Schritt Jonatans war, der ihm wie ein eigener Sohn ans Herz gewachsen war.

Nachdem die Tiere versorgt waren, begann Jonatan zu erzählen: Von seinem Zuhause in Jericho, von seinem Vater, dem guten Stoffhändler, von seinem reichen Leben ohne Not. Er erzählte von den Spielen mit seinen Geschwistern, von seiner Freude in der Synagoge die alten Schriften zu lesen und darüber zu diskutieren. Auch ließ er es nicht aus, Elia davon zu berichten, wie er kämpfen gelernt hatte. Der Umgang mit dem Schwert gab ihm ein Gefühl von Kraft und Macht. Doch seit immer mehr Menschen in Jericho mit den Römern zusammenarbeiteten, war das Leben schwerer geworden. Die Zölle stiegen ins Unermessliche. Sein Vater hatte viel Geld verloren und war darüber in Streit geraten mit seinem Nachbarn, der jetzt Oberzöllner war.  „Mein Vater kann Ungerechtigkeit nicht ertragen“, sagte Jonatan. „Er scheute sich nicht, unseren Nachbarn auch öffentlich anzugreifen. Das haben wir teuer bezahlt. Eines Tages kamen die Römer in unser Haus, plünderten, schlugen alles kurz und klein. Meinen Vater haben sie halb tot geschlagen und verschleppt. Meine Mutter brutal entwürdigt. Ich, der Älteste, was gerade nicht zu Hause, als es geschah, sonst hätte ich sie verteidigen können. Ich ging hinterher zu unserem Nachbarn, der uns angeschwärzt hatte, und habe Rache genommen.“

Jonatan stockte einen Moment. „Ich war starker als er und er erlag schon am Boden. Aber ich habe es nicht geschafft, ihn zu töten. Und dieser Schuft hat darüber gelacht – dieses Lachen werde ich nie vergessen, es trieb mich aus seinem Haus.“

Elia sah Jonatan durch die Augen ins Herz. Jonatan konnte nicht mehr weitersprechen. Elia tat es für ihn. „Deine Mutter meinte dann, es sei besser, wenn du dich in Sicherheit bringst?“ Jonatan nickt. „Und wir Hirten, verachtet am Rande der Gesellschaft, sind da ein guter Schutz“, sagte er und dachte: „Auch er wird dieses Unrecht nie ertragen können und zerbrechen, wenn er keine Hoffnung findet.“

Am nächsten Morgen schien Jonatan gelöster zu sein. „Ich bin froh, dass du es nun weißt“, sagte er zu Elia.

Es wurde danach eine stille Woche zwischen beiden, bis sie, als ihre Vorräte verbraucht waren, zurückkehrten nach Bethlehem.

Dort trafen sie gleich am ersten Abend mit anderen Hirten zusammen. Alle waren in Aufregung. Die Volkszählung war immer noch nicht abgeschlossen, eine ganzes Land war auf den Beinen, im Dorf selbst fand keiner mehr eine Unterkunft.“

„Gut, dass wir es gewohnt sind, draußen zu schlafen“, lästerte Amos, ein angereister Hirte aus Beer Schewa. „Aber was machen die, die alte und krank sind, was machen die müden Kinder. Ich habe ein Paar eine Herberge suchen sehen, wo die Frau hochschwanger ist, die wird ihr Kind noch auf der Straße zur Welt bringen müssen“, meinte er.

„Schlimme Zeiten sind das“, stöhnte Elia. Und Jonatan wunderte sich über die Hoffnungslosigkeit in seinen Worten.

In dieser Nacht blieben die Hirten nah beisammen aus den Feldern. Elia und Jonatan hatten die Wache für die Tiere der Hirten übernommen, die wegen der Zählung nach Bethlehem gekommen waren. So blieben sie wach, während die anderen zu schlafen versuchten.

„Du musst dich vielleicht doch besser in Sicherheit bringen“, meinte Elia zu Jonatan.

„Ich hatte gehofft, diese Zählerei hätte schon ein Ende“, erwiderte dieser. „Ich werde darüber nachdenken.“

Nach langer Stille sagt er dann: „Du hast lange keine Geschichte mehr erzählt, Elia.“ Doch dieser antwortete ihm nicht.

In der Mitte der Nacht stieß Jonatan Elia an. „Bin ich wieder eingeschlafen, ich alter Esel“, schimpfte dieser über sich selbst.

„Schau mal in den Himmel“, forderte ihn Jonatan auf.

Elia sah nach ober und konnte nichts entdecken.

„Es ist heller als sonst“, meinte Jonatan.

Elia strengte seine Augen an. „Meint du? Ich weiß nicht“, zweifelte er.

Da sahen beide aber auf einmal Licht vom Himmel herabkommen. Unwillkürlich fassten sie sich an. Die anderen Hirten erwachten, als das Licht näherkam. Sie rückten zusammen und starrten nach oben. Das Licht wandelte sich erkennbar in eine Gestalt, die ruhig und sanft zu ihnen sprach: „Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch eine große Freude! Der Messias ist heute geboren. Ihr werdet das Kind in einem Stall in Bethlehem finden. Es ist der Retter. Geht und seht, wie Gott euch liebt.“

Als diese Worte gesprochen waren, wurden mehr und mehr Lichtgestalten erkennbar. Einige am Himmel, andere aber hinter einem jeden Hirten. Gemeinsam sangen sie. Jonatan hörte nur ein Wort: Frieden. Dann war alles wieder dunkel.

Jonatan sah ein Leuchten in Elias Augen. Das war die Botschaft, auf die er so lange gewartet hatte.

Jonatan aber konnte es kaum glauben. „Lasst uns sehen, ob es wahr ist, was zu uns geredet wurde“, rief er.

Noch wie im Taumel schlossen sich ihm alle Hirten an, so zogen sie nach Bethlehem, fanden den Stall, Maria und Josef und das Kind.

„Das ist das Paar, von dem ich erzählt habe“, flüsterte Amos im Stall.

Elia trat hervor und ging auf Maria zu. Er erzählte ihr von den Worten der Himmelsboten. Und sie teilten mit den jungen Eltern von dem Proviant, den sie bei sich trugen, und sprachen Segengrüße aus für das Kind.

Jonatan blieb erst abseits. Seine Augen musterten den Stall, den müden Vater an der Krippe, das erschöpfte Lächeln der Mutter. So hatte er sich den Messias nicht vorgestellt. Doch dann spürte er in sich einen Drang, zur Krippe zu gehen. Es war wie ein Schubs. Er dachte an die Gestalt, die er vorhin auf dem Feld kurz hinter sich gefühlt hatte. Maria lud ihn ein, Jesus einmal in den Arm zu nehmen.

„Wie soll er der Messias sein?“, platzte es aus Jonatan heraus.

Maria lächelte ihn an und erzählte von ihren Engelsbegegnungen. Und so wie Maria die Worte der Hirten in ihrem Herzen bewegte, nahm Jonatan ihre Worte in sich auf: von Jesus, dem verheißenen Kind, in dem Gott die Niedrigen erhebt, die Hungrigen speist, Barmherzigkeit üben wird. Jonatan blickte wieder auf das Kind und dachte an das, was er auf dem Feld gehört hatte: Frieden.  „Friede sei mit dir“, sagt er zu dem Kind und legte es vorsichtig zurück in die Futterkrippe.

Die Hirten blieben nicht allzu lang. Sie wollten die kleine Familie nicht stören. Auch drängte es sie, weiter zu erzählen, was sie gehört und gesehen hatten. Nur Elia und Jonatan gingen zu den Herden zurück. Am Feuer brach Elia ihr Schweigen mit einer alten Weissagung, die Jonatan nur zu vertraut war: „Und ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst, auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende in seinem Königreich, dass er´s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.“

„Es wird ein anderer Weg werden als gedacht“, sagte Jonatan. Elia nickte.

„Und doch fühle ich mich diesem Weg so nah, warum nur?“, fragte er Elia.

Dieser wusste die Antwort: „Weil du selbst im Moment des größten Hasses, den Zöllner nicht töten konntest. Dieses Kind wird dich brauchen, Jonatan, schließe dich ihm an, wenn es so weit ist.“

Es gingen noch Jahre ins Land, bis Jonatan Jesus als Erwachsenen wiedersah. Aber er hatte das Warten gestalten gelernt, denn die Hoffnung hatte ihn wieder lebendig gemacht. Sein Vertrauen auf Gerechtigkeit und möglichen Frieden war in ihn zurückgekehrt. Die Freude der Engelsbotschaft fühlte er um und in sich. Willig hörte und lernte er noch von Elia, solange er an seiner Seite lebte, lernte Sorge zu tragen für das Leben und erkannte die Wahrheit der alten Geschichten. Und, wie Elia, erzählte er überall davon und lebte die Friedensbotschaft, die den Hirten verheißen war.

Erst als Jünger Jesu aber traute er sich wieder nach Jericho. Den alten Nachbarn gab es nicht mehr, aber den neuen raffsüchtigen Zöllner Zachäus, der sich durch Jesus verwandeln und befreien ließ.

Seine Familie suchte Jonatan auch wieder auf. Sein Vater war krank durch eine lang erlebte Kerkerhaft, doch ungebrochen in seinem Glauben an Gerechtigkeit. Jonatan hatten ihnen viel zu erzählen, von Elia und unzähligen Gesprächen am Feuer, vom Hüten der Schafe, von dem Licht von Bethlehem und von den Engeln, denen im Himmel und denen auf Erden.

Dann zog er weiter an der Seite von Jesus mit nach Jerusalem und konnte leben, was er schon immer in sich als Lebensweg empfunden hatte.

Predigt zu meinem Abschied in den Ruhestand

Gnade sei mit uns und Friede von Gott, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

 

Plötzlich und unerwartet – Wir freuen uns über das Kind, das uns anvertraut ist – vom schweren Leiden erlöst – Ich möcht´, dass einer mit mir geht – nach langem arbeitsreichen Leben – in guten wie in bösen Tagen – Was wird auf unser Kind zukommen? – – mitten aus dem Leben gewissen – aus Gottes Hand annehmen, lieben und ehren.

 

Liebe Gemeinde!

Das sind Stichworte, die zu den verschiedenen klassischen Amtshandlungen gehören, mit denen wir als Kirche Menschen über das ganze Leben begleiten. Taufe, Konfirmation, Trauung, Beerdigung. Neben den verschiedensten  Gottesdiensten, Besuchen, Gruppen oder Festen sind diese lebensbegleitenden Rituale die Anlässe, wo Menschen mit Kirche in Berührung kommen.

Hier in Ratekau sind diese Traditionen noch stark. In unserer schönen Feldsteinkirche, die viele wie eine Burg empfinden, die Geborgenheit schenkt, feiern wir oft Taufen und vor allem Trauungen. Wir haben in den letzten Jahren wieder eine steigende Anzahl von Konfirmand*innen und bei den Trauerfeiern haben wir im Schnitt mehr Besucher*innen, als in den normalen Sonntagsgottesdiensten.

Diese Berührungspunkte zeichnet etwas aus, was diejenigen erfahren, die sich offen und von Herzen darauf einlassen. Denn diese Berührungspunkte sind heilsam und ermöglichen Erfahrungen von Barmherzigkeit.

Wie schön ist es, bei der Taufe Dank zu sagen, das neue Leben als geschenktes Wunder zu begreifen und um Mithilfe in der Verantwortung für das Kind zu bitten, konkret mit Paten an der Seite.

Großartig ist es, wenn Jugendliche in diesen Jahren der explosionsartigen Entwicklung von 12-14-15 Jahren den Konfirmandenunterricht als einen Ort haben, wo sie so sein dürfen, wie sie sind, und gesegnet in ihre Zukunft gehen.

Und bei Trauungen ist es zwischen den Hochzeitsplanern und der „Locationsuche“ entlastend, wenn einmal davon gesprochen wird, dass wir unser Glück nicht allein schmieden müssen, und dass das Paar Gottes Segen zugesprochen bekommt, geschenkt. Aber auch, wenn jemand – etwa eine Pastorin – im Vorgespräch nachfragt: Was schätzt ihr aneinander?  Oder:  Wie habt ihr bisher Konflikte bewältigt? Oder: Wenn ihr goldene Hochzeit feiert, auf welche Erlebnisse würdet ihr da gern zurückblicken können? – eröffnet das Gespräche untereinander, die oftmals neu berühren.

Und bei Trauerfeiern legen wir ein Leben nicht in dunkle Erde, sondern in die Verheißung des Himmels, würdigen die einzigartige Lebensgeschichte, segnen, was war, finden Frieden mit allem, den guten und schweren Zeiten. Und in tragischen Fällen steht das Kreuz dort, das alle Wut und Enttäuschung aushält und tragen hilft.

Berührungen mit Kirche, dem Glauben, der Gemeinde, den christlichen Ritualen tun wohl. Und damit stehen sie in der guten Tradition mit der Art, wie Jesus Menschen berührt hat.

 

In der Evangeliumslesung haben wir es gehört: Jesus berührte die Zunge des Stummen und die Fessel der Zunge wurde gelöst und der Stumme redete richtig. Im Matthäusevangelium ist von einer Frau erzählt,  die jahrelang unter Blutfluss litt, und die den Saum vom Gewand Jesu berührte und zu derselben Stunde gesund wurde. In einer anderen Geschichte öffnete Jesus durch Berührung die Augen. Oder Jesus streckte seine Hand aus und rührte den Aussätzigen, den Unberührbaren, an und er wurde gesund. Und später heißt es sogar, alle, die ihn berührten, wurden gesund. Kinder wurden zu Jesus gebracht, damit er sie anrührte.  Berührung hilft auch auf. Als die Jünger bei Jesu Verklärung vor Schreck auf ihr Angesicht fielen, rührte Jesus sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!

Solche Art Berührung geschieht in der Begegnung mit Gottes Wort und Segen, und das besonders an den entscheidenden Meilensteinen oder Wendepunkten unseres Lebens.

 

Doch nicht jede Art Berührung tut gut. Im Hebräischen kann das Verb „berühren“ auch „schlagen“ bedeuten. Und das Hauptwort dazu bedeutet: „der Schlag“ oder auch „die Plage“ (die zehn Plagen von Ägypten sind so benannt). Deshalb ist die Art oder die innere Einstellung in der Berührung von Bedeutung.

Es geht also nicht um ein Schubsen, Anfahren oder Wehtun, auch nicht um den Befehl: Rührt euch!, und schon gar nicht um ein Glattrühren von Unebenheiten im Leben oder um ein Unterrühren von Konflikten. Sondern Jesus lehrt uns ein „Berührtsein“ und eine Berührung, die zu Herzen geht, die uns nicht gleichgültig lasst, sondern wo uns das Schicksal anderer nahe geht. Eine Berührung, die uns außerdem aufhilft und heilt. Eine Berührung, die uns mit anderen im guten Sinne in Verbindung bringt.

 

Wie schwer es is, auf Berührungen verzichten zu müssen, haben wir in den letzten Monaten in der Coronazeit erlebt. Viele Menschen sehnten und sehnen sich so nach Umarmung und nach fühlbarer Nähe.  

Es fällt mir nach wie vor schwer, Menschen nicht mit Handschlag zu begrüßen. Es ist fast unerträglich, beim Kondolieren am Grab auf Berührung verzichten zu müssen. Gern habe ich meine Konfirmand*innen am Ende des Unterrichts per Handschlag verabschiedet, da ist auch noch das eine oder andere persönliche Wort gefallen oder man hat es leichter gemerkt, wo jemand bedrückt war. Und wie schön war es, Menschen, die mir lieb sind, endlich wieder nach dem Impfschutz in den Arm nehmen zu können. Eine Berührung kann oftmals mehr sagen als Worte, beim Gratulieren wie beim Trösten.

 

27 Jahre lang habe ich hier meinen Dienst in Ratekau getan als Ihre und eure Pastorin, davor war ich fünf Jahre in Norderstedt und zwei Jahre im Vikariat in Hamburg. Ich glaube, dass „berühren“ und „anrühren“ ganz wichtige Worte für diesen Dienst sind.

Viele Schicksale hier aus den Lebensgeschichten haben mich berührt nicht nur bei Beerdigungen, sondern auch bei dem, was junge Paare und Familien, Jugendliche, Kinder oftmals schon durchgemacht haben. Da erfuhr ich von manchen Erlebnisse mit Berührungen, die eher wie ein Schlag ins Gesicht oder eine Plage waren. Da führten leidvolle Berührungen eher dazu, dass das Leben wie gelähmt verlief, ein Mensch sich nicht rühren konnte. Eine ganz starke Sehnsucht nach einer liebevollen Berührung war dann spürbar, eine Berührung, die aufrichtet.

Zu helfen, einen Wunsch auszusprechen, oder ein Tabuthema in einer Familie auf den Tisch zu legen, Zeit, ein Kompliment, Geduld oder eine richtige Frage und dann zusammen aushalten, was kommt,

das eröffnet gute Berührungserfahrungen.

Das habe ich versucht.

Ich denke da als ein Beispiel in Rahmen einer Beerdigung an eine Begegnung zwischen einer alten Mutter und ihren Kindern, wo ich einen langen Wunsch der Frau gegenüber ihren Söhnen aussprechen konnte. Die wussten nichts von diesem Wunsch, aber wollen ihn gern erfüllen. Diese Frau hatte nie gelernt, sich etwas  wünschen zu dürfen.

Es war aber auch berührend, wenn über die gemeinsame Zeit im Konfirmandenunterricht Vertrauen gewachsen ist, dass Jugendliche ganz persönliche Erlebnisse erzählen konnten, ohne dass jemand dazwischenredete oder einer darüber lacht. Einen Raum zu schaffen, der Mut macht, Berührendes auszusprechen, kann helfen, statt immer cool und stark und „in“ sein zu müssen, ein Gespür für barmherzige Berührung zu entwickeln. Ich danke da insbesondere den Jugendlichen, die auch Trauersituationen im Unterricht erzählt haben.

Anrührend war es auch, wenn ich bei Taufgesprächen erfuhr, dass manche so gar keine liebevolle Kindheit hatten und trotzdem gern Eltern wurden und es jetzt für ihr Kind bewusst anders versuchen wollten und gut im Austausch darüber waren. Die Taufe war da auch ein stärkendes Ritual für die Eltern.

Berührt hat mich auch, wenn jemand auf mich Acht gab. Am Ende einer Konfirmandenfreizeit saß ich einmal völlig erschossen im Bus auf der Rückfahrt und ein Konfirmand drehte sich besorgt zu mir um und fragte: Geht es Ihnen gut, Frau Dittmann? Konfirmanden sind einfach klasse!

Kinder sprachfähig zu machen für Freud und Leid ist auch ein Teil im Kindergottesdienst, für den mein Herz ja besonders schlägt. Bei der Runde mit den Steinen für Belastendes aus der Woche haben die Kinder viele schwere Lasten ein Stück mit ablegen können. Und das zu fördern und Belastendes mit anderen zu teilen, bestärkt es, dass wir Menschen werden, die Berührung in der Begegnung mit anderen zulassen.

Zu Herzen gegangen ist es mir außerdem, wenn wir einen Ausflug gemacht haben und am Ende des schönen Tages im Bus: „Guten Abend, gute Nacht“ gesungen haben.

Sie haben gemerkt, ich habe den Bogen der Berührungen vom Anfang mit den Amtshandlungen noch viel weiter gefasst.

Es ist gut, an den Schaltstellen und Brennpunkten des Lebens vor Gott zu treten und ihn an unserer Seite zu wissen. Ein ganz entscheidendes Angebot unserer Kirche. Mit Gott zu leben und die Geborgenheit auch zu genießen und sich gehalten zu wissen, ist aber weit darüber hinaus ein Angebot für alle Tage.

Ich bin fest davon überzeugt, dass kirchliche Gemeinschaft und gefeierter Glaube uns so anrühren und berühren, dass es uns aufrichtet und ermutigt. Wenn wir unser Miteinander liebevoller und solidarischer gestalten wollen, dann brauchen wir genau das. Und dann wächst unter uns eine liebevolle Verbundenheit, die Gott sich für uns Menschen wünscht und die Jesus vorgelebt hat.

Dafür ist die Kirche eine ganz entscheidende Größe unserer Gesellschaft, notwendig und Not wendend  und das nicht nur für alle Lebensphasen und nicht nur vor Ort, sondern auch als Stimme für mehr Barmherzigkeit auf allen Ebenen. Das gilt genauso weltweit, in diesen Tagen wieder besonders in Flüchtlings- und Menschenrechtsfragen und im Eintreten gegen den Klimawandel mit seinen katastrophalen Auswirkungen.

In diese Richtung habe ich hier 27 Jahre gearbeitet mit so vielen von Ihnen und euch zusammen, denn das macht Kirche aus. Viele — aus allen Generationen — engagieren sich in unserer Gemeinde für andere, und gewinnen dabei auch selbst etwas für ihr Leben. Vielen Dank für die Jahre zusammen, für so viel Berührendes, für so viel Nähe und Vertrauen, für Rat und für Rückhalt.

Das, was zu Herzen gegangen ist dabei, wird bleiben und viele Erinnerungen an schöne Erlebnisse. Und nun kommt neuer, frischer Wind, doch auf dem gleichen Fundament, das Christen seit 2000 Jahren verbindet. Es geht weiter, aber anders. Mit dem Segen Gottes darf ich heute in den Ruhestand gehen und mit dem Segen Gottes geht es für Sie und euch gemeinsam mit Pastorin XXX weiter in die Zukunft unserer Kirchengemeinde Ratekau. Und dass das Spaß machen kann, zusammenführt und verbindet, habe ich versucht in dem Bild darzustellen, was ich für euch gemalt habe und mit dem ich mich aus der Gemeinde verabschiede. Sie haben es als Postkarte erhalten und sehen es hier vorn. Ein fröhliches, buntes Miteinander rund um unsere schöne Feldsteinkirche, die kein Museumsgebäude ist, sondern lebendige Kirche.

Und auch, wenn Sie und ich bald an verschiedenen Orten sind, werden wir weiter aus der Berührung mit Gottes Liebe Kraft schöpfen können und Menschen weiterhin im Sinne Jesu berühren. Und das wird heilsam, barmherzig und wohltuend sein und bleiben für die, denen wir uns zuwenden, aber auch für uns. Und von diesen wunderbaren Erfahrungen wünsche ich Euch ganz, ganz, ganz viele.  Amen.

 

Konfirmationspredigt zum Symbol „Siegel“

Die Liebe Gottes und sein Friede sei mit uns allen. Amen.

Liebe Konfirmand*innen! Liebe Festgemeinde!

Heute ist es nun endlich so weit, wir feiern eure Konfirmation. Ein Jahr haben wir darauf gewartet und die Pandemie hat uns alle böse überrascht. Doch freuen wir uns heute trotzdem für Euch, feiern gern Eure Konfirmation und bringen eine gute Zeit, die wir miteinander hatten, zum Abschluss.

Ich habe mich auch gefreut, dass wir vorher noch einmal für uns zusammen waren, nicht nur per Zoom, sondern in der Kirche zu einer kleinen Abendmahlsfeier, die ja heute hier noch nicht möglich ist. Und auch der Aufbau der Zelte am Donnerstag war noch einmal ein spezielles gemeinsames Erlebnis. Es wusste nämlich keiner von uns so richtig, wie das geht. Aber auch das haben wir hinbekommen, mit Hilfe auch von Eltern, Geschwistern und Großeltern.

Ihr seid groß geworden im vergangenen Jahr, noch mehr eigenständige Persönlichkeiten geworden. Ihr musstet auch lernen, mit dieser neuen weltweiten Krankheit zu leben. Wir haben alle erfahren, wie brüchig unsere Sicherheit sein kann.  Und Ihr seid auf der Suche nach Euch selbst, schreibt Kapitel Eures Lebens, mehr und mehr allein oder mit guten Freunden und Freundinnen –  und seid dabei vielleicht manchmal für Eure Eltern ein Buch mit sieben Siegeln. Ich habe diese Zeit als sehr prägend für mein Leben in Erinnerung, entsinne mich auch, wie viel Energie ich damals in Eurem Alter hatte, was es alles auszuprobieren galt, manchmal auch durchzustehen. Aber es sind ganz tolle Jahre und das wünsche ich Euch auch.

Einen Teil durften wir Euch begleiten als Gemeinde, ich auch noch im Konfer. Ich weiß, dass viele von Euch die Wochenendfreizeit in M. besonders in Erinnerung haben und es ist schade, dass Corona die zweite Fahrt verhindert hat. Ihr ward immer engagiert dabei und interessiert und manche hätten auch gern noch mehr zusammen unternommen, z.B. eine geplante Kinonacht im Jugenddach hier mit einem Dreiteiler konnten wir nicht mehr durchführen. Mir hat die Zeit mit Euch viel Spaß gemacht.

Ein Lied, das wir oft gesungen haben, ist das Lied: Take, oh take me as i am. Wir singen es nachher noch. Darin liegt die Bitte, dass Gott sein Siegel auf unser Herz legt und in uns lebt.

Heute werden Siegel nur noch selten verwendet. Früher hatten sie die Bedeutung von Unterschriften. Wenn zum Beispiel ein Vertrag gesiegelt war, war er gültig. Gesiegelt wurden auch Briefe, Kaufverträge oder Bücher. Siegel wurde oft als Siegelring getragen. Wenn wir sagen: Darauf gebe ich Dir Brief und Siegel, dann heißt das, darauf kannst Du Dich verlassen.

Darum habe ich Euch im Vorfeld gefragt, worauf ihr Euch in Eurem Leben verlassen könnt. Wie an vielen anderen Stellen im Konfirmandenunterricht wurde deutlich, welchen hohen Stellenwert die Familie für Euch hat. Auf sie könnt Ihr Euch verlassen, auf die Eltern, auf ganz konkrete Menschen, die Ihr namentlich genannt habt und natürlich Eure Freunde.  Einige haben auch gesagt, dass sie sich auf ihre Tiere verlassen können oder auf ihr schönes Zuhause. Da klingt ganz viel Geborgenheit mit durch. Schön, dass Ihr sie erfahren habt.

Wenn die Bibel vom Siegel spricht, kommt noch eine weitere Bedeutung hinzu. Das Siegel bezeichnet das, was uns lieb und wertvoll ist, etwas, was wir nicht loslassen wollen. Und weil wir Gott wichtig sind, hat er uns im Glauben an Christus gefestigt, hat uns gesalbt und sein Siegel aufgedrückt, schreibt Paulus. Den Heiligen Geist gab es als Vorschuss ins Herz dazu. Mit dem Siegel Gottes sind wir geschützt – so sagt es die Offenbarung des Johannes.

Wer weiß, dass er geliebt ist und wertvoll und für andere, auch für Gott, wichtig ist, hat es leichter, auch andere lieb zu haben, wertzuschätzen oder zu achten.

Ihr wisst auch, was Euch lieb und teuer ist: (Aussagen der Jugendlichen dazu vorher sammeln) Freunde und Freundschaft, Liebe, Dinge mit Bedeutung, Eure Familie, die Eltern und Großeltern, aber auch Gesundheit, Sport oder eine Erinnerung an Verstorbene sowie Spaß am Leben und Glück. Auf Zeit mit der Familie oder den Freunden oder rauszugehen und unterwegs zu sein, könnt Ihr nicht verzichten. Wohl aber verzichten könnt Ihr – wie jemand von euch schrieb – auf Menschen, die Euch nicht guttun oder fake friends.

Auf dem Deckblatt des Gottesdienstzettels steht nun sogar: Das Siegel seid Ihr! Paulus hat dies so an die Gemeinde in Korinth geschrieben. Sie ist das Siegel seines Apostelamtes. Tragen wir etwas weiter von der Liebe Gottes in die Welt hinein, dann ist das wie eine Unterschrift oder ein Stempel des Glaubens, den wir dieser Welt aufprägen.

Wie großartig ist es, wenn die Art und Weise, wie Jesus Menschen begegnet ist, auch durch uns seine charakteristischen Spuren hinterlässt oder das Miteinander maßgeblich beeinflusst. Dann vermindern sich die Sorgen vom Mobbing in der Schule oder Hetze im Netz. Dann gäbe es keine Neiddebatten, etwa was vollständig Geimpfte schon vorher dürfen und andere erst etwas später. Wir könnten sogar den Menschen vergeben, die etwas getan haben, was uns ganz doll ärgert und sogar das, was uns verletzt hat. Neuanfänge werden möglich.

Ihr, liebe Konfirmanden, habt im Unterricht manche solcher Beispiele kennengelernt, über die biblischen Geschichten oder die 10 Gebote oder die Fragen zur Verantwortung für die Schöpfung und unser Miteinander. Kann ich einem Freund vergeben, der mich zu Unrecht in Schwierigkeiten bringt? Wie ist es mit der Ehrlichkeit in Beziehungen? Wage ich eine Hoffnung über mein Lebensende hinaus? Traue ich mir zu, die Welt ein Stück mit zu verändern?

Gott traut es uns auf jeden Fall zu, das Leben miteinander maßgeblich mitzugestalten und zu prägen mit den wertschätzenden Augen, mit denen er auch uns begegnet. Wir können die Welt zu einem besseren Platz machen, heilen.

Mit der Konfirmation bekräftigt Ihr Euer „JA“ zum Glauben, dass Ihr versuchen wollt, auf diesem Weg weiterzugehen. Auch diese Bedeutung steckt im Siegel, etwas festmachen oder bekräftigen.

Im Gegenzug bekommt Ihr Kraft, Euer Leben sinnvoll zu gestalten, Mut für den eigenen Weg, der um die Verantwortung für andere weiß, und die Fähigkeit, mit anderen mitfühlen zu können, was uns dann eine tiefe Verbundenheit und auch Vertrauen zu anderen schenken kann. Und Ihr könnt Euch sicher sein, dass Ihr liebenswert seid und geliebt werdet.

Darauf habe ich Euch heute Brief und Siegel gegeben und dazu bekommt Ihr ein Siegel mit dem Anfangsbuchstaben Eures Namens und Siegelwachs. Findet heraus, was für Euch Wert hat und steht dann auch dafür ein wie für eine besiegelte Sache.

Im Brief habe ich wichtige Liedaussagen für Euch zusammengefasst. Dort heißt es:

 Vergiss es nie:

Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls,

keine Laune der Natur. Du bist du.

Gott nimmt dich so an, wie du bist;

er legt sein Siegel auf dein Herz und lebt in dir.

Gottes Liebe ist wie ein Zuhause.

Du bist frei, ja zu sagen oder nein.

Wo Menschen sich verbünden,

den Hass überwinden und neu beginnen,

da berühren sich Himmel und Erde,

dass Frieden werde unter uns.

Wir sind Teil dieser Welt. Wir haben die Wahl. Wir können unser eigenes Leben retten

und jeden Tag besser machen für alle. Gott hat uns gezeigt wie.

 

So nehmt in diesem Sinne heute den Segen Gottes mit Euch in eine wunderbare Zukunft, die wir Euch allen wünschen. Amen.

 

 

 

 

 

Sendungswort #4

Weil Gott uns sein Angesicht zuwendet,

können wir einander

und uns selbst verstehen lernen

ohne Angst und voll Hoffnung.

Zuversichtlich dürfen wir mit seinem Segen

in die neue Woche gehen.

Sendungswort #3

Gott schenke uns Kraft, Toleranz,

Geduld und Offenheit,

wo etwas festgefahren erscheint.

Er beflügle unsere Hoffnung und

begleite uns wie ein Licht in der Nacht.

In seinem Frieden gehen wir

in jeden neuen Tag der nun kommenden Woche.

Sendungswort #2

Gott bleibt uns nah, Nacht und Tag.

Gott schenkt uns Fragen

und lässt uns Antworten finden.

Gott kommt uns nah

bis in unser Herz

stärkt und tröstet.

Wir gehen mit seinem Segen.

Sendungswort #1

Fürsorglich begleitet Gott unsere Wege,

unsere Pläne, unser Zusammensein,

seine Augen blicken barmherzig auf uns

und er trägt uns, wenn wir fallen.

Wir gehen in seinem Frieden.

Dieser liebevolle Gott begleitet uns auch

durch die kommende Woche.

Der Enkel des Gastwirts

Eine Weihnachtsgeschichte 

Wenn ich nach Hause komme nach Bethlehem, dann ist mein erster Stopp immer bereits draußen vor dem Dorf, auf der Wiese, wo der Stall steht. Jedes Jahr wundere ich mich, dass er noch steht, denn er ist ein bisschen schief, als würde er den Wind einladen, ihn um zu pusten. Aber der Stall hält. 

„Er wird ewig halten“, hat mein Großvater immer gesagt. Er muss es wissen, er hatte ihn gebaut. Ich habe meinen Großvater sehr geliebt. Er ist der Grund, warum ich jedes Jahr so gern nach Bethlehem zurückkomme. Hier kann ich mich am besten an ihn erinnern. 

Als er älter wurde, hat mein Großvater um den Stall herum einen Zaun gezogen. Aber das war erst lange nach der Nacht der Nächte. Er fing im Alter an, alte Esel aufzunehmen. Sie haben bei ihm das Gnadenbrot bekommen. Dass ihn dafür so mancher für verrückt hielt, störte ihn nicht. Er wollte Gutes tun und die Esel weckten Erinnerungen. In den Jahren davor hatte er den Stall nur genutzt für die Tiere von Gästen. Denn mein Großvater war Gastwirt. 

Ich nähere mich dem Zaun und schon kommt einer der Esel zu mir. Ich mag diese grauen Vierbeiner, auch wenn sie so störrisch sein können. Natürlich habe ich eine Möhre dabei, das ist Tradition. 

Der Zaun ist für mich kein Hindernis. Und mein Ziel ist natürlich der Stall. Wenn ich den Zaun überwunden habe, folgen mir manche Esel. So wie damals Großvater. Die Tiere wissen, wer sie mag.

Als ich noch ein Kind war, ging Großvater oft mit mir in den Stall. Wir setzten uns auf das Stroh und er erzählte. Es war immer dieselbe Geschichte, aber ich konnte sie gar nicht oft genug hören. Und ich erinnere mich genau. Wenn ich heute im Stall auf dem Stroh sitze, geht sie mir wie selbstverständlich durch den Kopf.

Als Großvater sehr alt geworden war, schnaufte er schon ein wenig, wenn es den leichten Hügel bergan ging. Im Stall angekommen, musste er sich erst einmal ausruhen, als hätte er eine lange Reise hinter sich gebracht.

„Weißt du“, begann er dann, „so erschöpft waren die beiden damals auch, der Josef und vor allem die Maria, als sie hier in Bethlehem ankamen. Was für ein Irrsinn, hochschwanger auf die Reise zu gehen, aber sie mussten ja. Der Kaiser wollte es so. Und die Römer hatten das Sagen, wie heute noch. Die beiden taten mir leid, aber ich hatte wirklich kein Zimmer mehr frei. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was damals los war, überall Menschen, dazu Karren, Esel, Geschrei und Gestank. Viele bauten sich schon ein einfaches Lager an der Straße. Man hätte meinen können, sie wären auf der Flucht.“ 

Großvater machte an dieser Stelle immer eine Pause und atmete tief ein. „Weißt du, Junge“, sagte er dann, „ich habe schon so viel Elend auf den Straßen gesehen.“ Er schüttelte den Kopf und schloss für einen Moment die Augen.  „Aber bei diesen beiden, dem Josef und der Maria, da musste ich mir etwas einfallen lassen. Ich konnte sie nicht einfach so wegschicken. Maria war noch so jung und in ihren Augen sah ich auch Angst. So schickte ich sie mit ihrem Esel in diesem Stall. Damals hatte ich noch den alten Ochsen von Joses dort stehen, aber zum Glück kamen die beiden miteinander aus. Es war ein merkwürdiges Gefühl, das junge Paar dort allein zurückzulassen, aber was sollte ich tun, meine Herberge war voll. Wir hatten viel zu tun, deine Großmutter und ich. Mit all den Gästen konnte ich sie doch nicht einfach allein lassen.“ 

Meist, wenn wir im Stall saßen, kam einer der alten Esel durch die offene Stalltür und stupste meinen Großvater mit dem Kopf. Großvater hatte immer eine Möhre dabei und gab sie dem Esel. Dann graulte er ihn hinter den Ohren. Der Esel ließ sich bei uns nieder, als wollte er hören, wie die Geschichte weiterging.

„Kommt jetzt das große Licht?“ fragte ich meinen Großvater. 

„Genau, Simon. Das heißt, ich habe es gar nicht bemerkt. Großmutter war es, die mich darauf aufmerksam machte. Der Himmel vor Bethlehem war hell erleuchtet und deine Großmutter war überzeugt davon, dass sich dort etwas am Himmel bewegte. Naja, ich hab´ ihr nicht geglaubt. Eine Zeit danach kamen dann Hirten durch das Dorf. Sie riefen in die Häuser hinein:  ‚Der Retter ist geboren. Ein Engel hat es uns erzählt und wir haben den Heiland mit eigenen Augen gesehen. Da draußen im Stall. Nun kommt endlich Frieden.‘                                      So riefen sie immer wieder. Meine Gäste schauten verwirrt, einige lachten. ‚Geht wieder zu euren Schafen‘, riefen sie. Du weißt ja, mit den Hirten will keiner etwas zu tun haben, sie gelten als rau, sind dreckig und so arm, dass alle ihre Geldbeutel festhalten, wo sie auftauchen. Nach einer Weile verschwanden die Hirten wieder. Es kehrte Ruhe ein.“

Großvater kraulte den Esel. Dann fuhr er fort: „Ein Retter im Stall? Mich ließ das aufhorchen. Sollte das Kind schon geboren sein? Ich verließ die Herberge und schlich mich an den Stall heran. Durch die Ritzen sah ich dann das Kind im Futtertrog liegen. Im Futtertrog! Maria sah erschöpft aus und Josef besorgt, aber auch erleichtert. ‚Was für eine Zeit, wo Kinder im Stall geboren werden und in eine Krippe gelegt werden müssen‘, dachte ich noch. Dann ging ich zur Herberge zurück und schickte deine Großmutter zu ihnen mit frischem Wasser und etwas Brot. Es dauerte eine Weile, bis sie wiederkam. Die drei haben sich wohl gut unterhalten. Auf jeden Fall wusste sie, dass das Kind Jesus hieß und dass die Geburt den Umständen entsprechend gut verlaufen war. Sie brachte Maria dann noch saubere Tücher und meinte, die drei bräuchten jetzt vor allem Ruhe.“ 

An dieser Stelle habe ich oft daran gedacht, was meine Mutter mir von meiner Geburt erzählt hatte. Wir waren auch hierher nach Bethlehem gereist, ich noch im Bauch. Aber es waren noch Wochen hin zur Geburt und meine Großmutter war dann dabei und half. Und ich bekam einen wunderbaren Platz auf einer Strohmatte und hatte es warm. Großmutter half uns so viel, dass meine Mutter sich gut erholen konnte.

Großvater lächelte mich dann an.                                                                                               „Na, denkst du daran, wie gut du es hattest?“, sagte er, als könnte er Gedanken lesen. 

Oft stupste der Esel dann mich an. Er wollte wohl noch eine Möhre, aber ich hatte keine. So trottete er wieder nach draußen. Vielleicht mochte er das Ende der Geschichte nicht, weil nun die vornehmen Leute kamen.

„Zur Ruhe kamen die drei aber nicht“, erzählte Großvater weiter. „Denn ein heller Stern war über dem Stall aufgegangen. Und dieser lockte drei seltsame Gestalten herbei, – echt vornehm, mit Kamelen und Dienern, und die Kamele trugen ihre Satteltaschen voll mit kostbaren Sachen. Ich konnte nicht anders, als den dreien zu folgen. Ich hatte ja schon so eine Vermutung. Und so kam es dann auch. Sie gingen in den Stall. Das war ein geradezu irrwitziges Bild. Drei Menschen, die wie Könige aussahen, vor dieser schrägen Hütte. Aber sie zögerten nicht und gingen hinein. Und da sie die Tür offenließen, konnte ich sehen, wie sie auf die Knie fielen. Und sie beteten das Kind an. 

Dann packten sie Geschenke aus. Maria und Josef waren ganz verwirrt, nahmen aber die Geschenke artig an. Nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, gingen diese vornehmen Herrn wieder, allerdings nahmen sie eine andere Route, das habe ich gleich gemerkt. Der Stern blieb noch über dem Stall. Es war schon eine seltsame Nacht.

Ich habe mich schließlich zur Ruhe gelegt, aber weder Großmutter noch ich konnten damals einschlafen. Mit diesem Kind stimmte etwas nicht. Den nächsten Tag ließen wir die drei in Ruhe. Großmutter brachte nur noch einmal Essen, Wasser und frische Tücher. 

Und am dritten Tag waren sie auf einmal weg, wie vom Erdboden verschwunden. Sie haben sich nicht einmal verabschiedet. Aber letztlich war es gut, dass sie weg waren, denn kurz darauf kamen die Soldaten von Herodes und suchten das Kind. Da war ich dankbar, dass es in Sicherheit war.“

Wieder machte Großvater eine Pause, doch ich wusste, die Geschichte war noch nicht zu Ende.

„Naja, du weißt ja, mein Junge“, sagte er dann. „Dieses Kind war noch einmal hier. Da war dieser Jesus aber schon erwachsen. Viele folgten ihm. Er tat Wunder und erzählte von Gott. Das hat mich auch beeindruckt. Und als er hier durch den Ort ging, stand ich am Straßenrand. Da blieb er direkt bei mir stehen und legte mir die Hand auf die Schulter.                                                                                  ‚Gott segne dich‘, sagte er. Ich habe mich von ihm erkannt gefühlt, so als hätte er gewusst, dass er in meinem Stall zur Welt gekommen war.                                                                     ‚Es tut mir leid, dass ich kein Zimmer mehr frei hatte‘, rief ich noch, da war er aber schon weiter. Diesen Moment werde ich nie vergessen. Jeden Tag habe ich dann über diesen Jesus nachgedacht. 

„Und dann, Großvater“, sagte ich, „hast du den Stall immer wieder ausgebessert.“

„Ich kann ihn doch nicht abreißen, wenn wirklich der Retter, der Messias, darin geboren ist“, erwiderte er nachdenklich.  

 Schließlich legte er sich auf das Stroh und streckte sich aus. Er war müde geworden vom Erzählen. Er schloss für eine Weile die Augen.

„Weißt du was, Simon“, sagte er dann. „An keinem anderen Ort finde ich so tiefen Frieden wie hier, wenn ich an dieses Kind denke.“

Dann schwiegen wir und gingen später stumm zurück. Aber es war kein peinliches Schweigen, sondern ein tiefes Verstehen. 

All das geht mir immer wieder durch den Kopf, wenn ich Bethlehem besuche. Wenn ich am Zaun ankomme, einen der alten Esel kraule und in den Stall hineingehe, denke ich daran, und  an Großvater, an diesen tiefen Frieden in seinem Gesicht und zwischen uns.  Und dies Gefühl ist geblieben und trägt mich.                                                                                                                                                     Ich bin meinem Bruder dankbar, dass er sich um die alten Esel kümmert und den Stall erhält, auch wenn er schon oft darüber geflucht hat. Natürlich kennt er die Geschichte von Großvater auch und sie ist wie ein Band zwischen uns allen geworden.

Mein Großvater war der Wirt von Bethlehem, der Wirt mit dem Stall vor dem Dorf. Und er war der, der in jener Nacht neugierig wurde und dann seinen Frieden fand. Ich finde ihn hier auch und bin dankbar, dass er mir alles immer wieder erzählt hat. 

Spontantheater: Amsterdam

In einem Spontantheater werden zu Beginn die Rollen vergeben, anschließend wird den Teilnehmern Zeit gegeben, sich vorzubereiten. Dann wird der Text gelesen und die Teilnehmernnen agieren und sprechen, was die Erzählerin vorträgt. Die Spielleiterin verteilt die Rollen, wie sie will.

Bei dieser besonderen Form des Spontantheaters schreibt vorher jeder Teilnehmer einen Spruch/Zitat/Sprichwort auf, die dann in eine Schüssel in der Bühnenmitte gesammelt werden. Immer wenn in der Regieanweisung Zettel steht, nimmt die sprechende Person einen Zettel heraus und liest ihn laut vor.

Amsterdam

Vorhang (2 Personen), Mond, Peter, Daniel, Maria, Johann, dunkle Gestalt, schwarzer Mann, 2 Gäste, 3 Musiker (einer davon Sänger, ein Triangelspieler), 1 Polizist, Publikum, Kellnerin.

 

Kulisse: Kneipe mit ein paar Tischen, Bühne für Musiker, Tresen, Straße, erhöhter Platz für den Mond.

 

Erzählerin: Der Vorhang geht auf. Wir befinden uns mitten in Amsterdam, in einer dunklen Ecke der Stadt, die für Oberstufenschüler aus Deutschland eigentlich verboten ist.

Der Mond steht am Himmel und lächelt und lächelt und lächelt, weil er auch mal so strahlen will wie die Sonne.

(Mond lächelt)

Peter und Daniel betreten die Bühne. Sie haben jeder eine Flasche Bier in der Hand. Sie torkeln schon etwas. Peter lehnt sich an seinen Kumpel und sag:

Peter: Endlich haben wir unseren Klassenlehrer abgehängt. Jetzt geht’s richtig los. –Hicks.

Er schaut verwirrt auf seine Flasche.

Peter: Sag mal – was trinken wir hier eigentlich für’n Zeug?

Daniel: Keine Ahnung – Hat mir son Holländer empfohlen – Schmeckt doch gut.

Peter liest das Etikett: Steht Seebahnerbräu drauf.

Daniel lacht: Kligt wie Nordseepansche – Was ist denn für’n Werbespruch drunter?

Peter: (Zettel)

Daniel: Alles klar – Ich hab schon immer gewusst – dass die spinnen, die Holländer

Maria und Johann betreten die Bühne von der anderen Seite. Peter sieht sie und zieht Daniel zu sich heran.

Peter: Schau mal da vorn – dass sind doch – Maria und Johann – Die haben sich wohl auch abgeseilt.

Daniel: Und dann noch Hand in Hand – Die sind wohl auch schon besoffen.

Peter: Die wollen da in die Kneipe – Komm wie folgen ihnen.

Maria und Johann verschwinden in der Kneipe. Sie setzen sich an einen Tisch in der Ecke. Es sind noch zwei weitere Gäste in der Kneipe.

Auf der Bühne ist Livemusik. Die Gruppe der drei Musiker trägt den Namen „The Yesterdays“ – was so viel heißt wie: Wir sind von gestern. So klingt auch ihre Musik.

Sänger (sing): Und der Haifisch, der hat Zähne, und die falln ihm aus dem Mund. Und deshalb kann er nicht futtern und das ist gar nicht gesund.

Die Musiker, dazu ein Gitarrist und ein unendlicher süßer Triangelschläger, machen das Lied noch unerträglicher. (Musiker spielen irgendwas).

Trotzdem applaudiert das Publikum, als sei es bei „Deutschland sucht den Superstar“. (Publikum applaudiert laut).

Einer der Gäste, der sich wohl für Dieter Bohlen hält, kann sich einen lauten Kommentar nicht verkneifen und ruft in die Menge.

Gast 1: (Zettel)

Babette, die aufreizende Kellnerin, nähert sich Maria und Johann. Sie beugt sich tief zu ihnen herab und sagt:

Babette: Na, ihr beiden Süßen – Dürft ihr überhaupt schon so lange aufbleiben? – Was kann ich euch denn Gutes tun?

Johann: Wir sind beide schon 18 – und haben längst Führerschein.

Babette dreht sich zu anderen Gästen um und sagt:

Babette: Habt ihr das gehört? – Heute lassen sie ja wohl jeden hinters Steuer.

Gast 2: Die sind ja auch aus Deutschland – Die sind alle in der Entwicklung ein bisschen hinterher.

Johann will empört aufspringen, doch Maria beruhigt ihn.

Maria: Johann – Schatzi – Wir stehen doch über den Dingen – Lass sein!

Johann setzt sich wieder und grunzt wie ein beleidigtes Wildschwein.

(Johann grunzt)

Maria dreht sich übertrieben süßlich zur Kellnerin um.

Maria: Sind Sie in der Lage – Uns zwei tropische Cocktails zu bringen?

Babette schnippisch: Klar, Süße – Aber nur, weil du es bist.

Nun schleichen sich Peter und Daniel in die Kneipe und verstecken sich in der anderen Ecke. Peter rümpft die Nase.

Peter: Ganz schon verrauchte Bude hier.

Daniel nickt zustimmend.

Daniel: Und die Musik erst. – So viel Bier kannst du gar nicht trinken, – um das auszuhalten.

„The Yesterdays“ stimmen nun ihren nächsten Song an.

Sänger: Auf dem Nordseedeich nachts um halb vier – Trinkt der Christian mit mir noch drei Bier.

Der Triangelspieler schlägt wie wild auf sein Instrument ein.

Das Publikum tost und johlt vor Begeisterung.

Daniel: Ich hätte nie gedacht, – dass die hier so gruselige Musik machen.

Plötzlich bricht die Musik ab. Es wird totenstill in der Kneipe. Babette lässt vor Schreck fast das Tablett mit den Cocktails fallen. Ein riesiger schwarzer Mann kommt herein.

Publikum: UUUUUUUUUUH!

Er sieht total unheimlich aus. Er zieht mit der rechten Hand seine Jacke nach hinten und alle können sehen, dass er bewaffnet ist.

Publikum: UUUUUUUUUH!

Hinter dem Tresen kommt eine weitere Gestalt dazu. Ebenso dunkel. Sie tut es dem anderen schwarzen Mann gleich. Auch sie trägt eine Waffe.

Publikum: Oh Oh!

Schwarzer Mann: Endlich hab ich dich gefunden – Black Death – Jetzt kommt der Tag der Abrechnung.

Schwarze Gestalt: Dass du dich hierher traust – du lausiger Loser – Dass wir diese Rechnung begleichen – darauf freue ich mich schon lange.

Maria und Johann verstecken sich unter dem Tisch.

Der Sänger der Yesterdays will Schlimmeres verhindern. Er stellt sich zwischen die beiden und ruft.

Sänger: Peace, Freunde – ein bisschen Frieden. – No violence – Nix bumma.

Beide dunklen Gestalten ziehen ihre Waffen und erschießen kaltblütig den Sänger. Der fällt auf den Boden, windet sich vor Schmerz. Seine letzten Worte sind…

Sänger: (Zettel)

Der Sänger stirbt. Die anderen beiden Musiker schluchzen laut.

Schwarzer Mann zufrieden: Nun kann der keinem mehr die Ohren voll jaulen.

Publikum traurig: OOOOOOOH!

Schwarzer Mann zum Publikum: Ruhe auf den billigen Plätzen!

Dunkle Gestalt zum Mond: Hör auf zu grinsen!

Daniel hat mittlerweile sein Handy gezückt und den Notruf betätigt. Doch die anderen Gäste sind schneller. Da die Holländer als Waffe immer Holzschuhe dabeihaben, wirft Gast 1 mit seinem rechten Schuh auf den schwarzen Mann. Und Gast 2 mit seinem linken Schuh auf die dunkle Gestalt. Beide trifft es hart und sie fallen vor Schmerz stöhnend zu Boden.

Die Gäste überwältigen die Verbrecher und fesseln sie.

Voller Stolz darüber, dass ihnen das gelungen ist, verkündet der Gast, der sich für Dieter Bohlen hält:

Gast 1: (Zettel)

So ist doch alles zu einem guten Ende gekommen. Als die Polizei endlich eintrifft…

Publikum: Tatü tata.

… ist schon wieder Ruhe eingekehrt.

Ein Polizist kommt rein. Als er den toten Sänger am Boden sehen, sagt er

Polizist: Ach, das ist doch der Sänger von den „Yesterdays“. – Na, dann ist ja nichts Schlimmeres passiert. – So, wie der gesungen hat? – Da hätte ich auch geschossen. – Aber jetzt erst einmal weg mit dem Kerl. 

Er zieht den toten Sänger von der Bühne und gratuliert den Gästen:

Polizist: Das habt ihr großartig gemacht. – Gut, dass wir Holländer immer bewaffnet sind.

Nachdenklich schaut er zu den Verbrechern.

Polizist: Ich frage mich nur, was die hier wollten – Los, raus mit der Sprache.

Doch die Verbrecher antworten nicht. Da zieht der Polizist dem schwarzen Mann die Kapuze vom Kopf. Sofort fällt ihm die HSV-Raute im Gesicht des Mannes auf.

Daniel hat es auch gesehen und springt auf und ruft laut und begeistert:

Daniel: Ein HSV-Fan – (singend) HSV forever and ever! HSV all the way, all the way!

Als sie der dunklen Gestalt die Kapuze herunterziehen, ist ein Totenjopf zu sehen.

Maria aufgeregt: Ein St.-Pauli-Fan!

Der Polizist, dankbar für die Tipps der Jugendlichen, nimmt die beiden Gestalten daraufhin hart ins Verhör, bis der St.-Pauli-Fan gesteht:

Dunkle Gestalt: Ich habe den Schiedsrichter bestochen, beim Spiel HSV gegen Pauli. Denn sonst hätten wir nie gewonnen.

Der Schwarze Mann nickt und grummelt: Und das kann ein treuer Fan nie verzeihen.

Der holländische Polizist, der sich nur fürs Segeln und Eislaufen interessiert, hat keinen Sinn für solche lebensentscheidenden Fanfragen. Die Verbrecher werden abgeführt. Zur Beruhigung der Gäste ruft er:

Polizist: Und nun eine Runde Käsebrot für alle!

Denn das hilft in Holland immer.

Maria und Johann sitzen wieder am Tisch und füßeln aufgeregt miteinander. Daniel und Peter haben sich zu ihnen gesetzt. Johann beugt sich zu den anderen und flüstert:

Johann: Das glaubt uns keiner – wenn wir das zu Hause erzählen.

Der Polizist kommt noch einmal zu den Kids.

Polizist: Besser, ihr vergesst das hier – Nehmt dies – Dann wird alles wieder gut.

Ein unergründliches Päckchen wandert von der Hand des Polizisten in die Hand von Daniel.

Polizist: Klasse Zeug – vertraut mir – und dann: Schwamm drüber.

Peter schnuppert an dem Paket und sagt begeistert:

Peter: (Zettel)

Die beiden verbliebenen Musiker trocknen sich die verweinten Augen und bereiten sich auf ihren nächsten Auftritt vor. Zwischen „The“ und „Yesterdays“ füllen sie die Worte „rest of the“ ein. Dann singt der süße, unwiderstehliche Triangelspieler.

Triangelspieler: So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der dürfte nie vergehen.

Das Lied ist für den Tag so daneben, dass selbst dem Mond nicht mehr zum Lächeln zumute ist. Der Mond wird ernst und spricht das Schlusswort:

Mond: (Zettel)

Und der Vorhang schließt sich schnell.

Applaus!!!

 

 

© Anke Dittmann

Bleiben – Gedanken zum Sonntag Jubilate in Coronazeiten

Christus spricht: „Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“                (Joh 15,1+5)

Bleiben, das Wort ist im Bildwort Jesu wichtig. Wer in mir bleibt und ich in ihm,….

Wir haben dies starke Verb die letzte Zeit oft in dieser Verbindung gehört: Zu Hause bleiben. Das ist jetzt angesagt. Das wirkt starr, hat etwas mit ausharren zu tun und klingt wenig einladend. Wir sollen ja auch möglichst allein zu Hause bleiben, nur mit der Familie. Denn es bleibt in dieser Situation einfach keine andere Möglichkeit. Also bleiben wir gelassen und halten uns daran, denn wir wollen ja von der Krankheit verschont bleiben.

Wenn Jesus im oben genannten Zusammenhang von „bleiben“ spricht, geht es mehr in die Richtung von „treu bleiben“ oder „bei der Sache bleiben“. Jesus sagt diese Worte in Verbindung mit seinem Abschied. Was auch geschieht: Gott bleibt der Weingärtner und sorgt sich um uns, Jesus bleibt der Wein-stock, der uns Halt und Kraft gibt. Wenn wir dabei bleiben, uns weiter zu ihm halten, dann können wir mit unseren Fähigkeiten und Gaben Reben sein, die viel Frucht bringen, weil er uns versorgt.

Das deutsche Wort „bleiben“ kommt aus dem Mittelhoch-deutschen und bedeutete früher eher „kleben bleiben“ mit Leim. So eng soll die Verbindung sein, möglichst unauflöslich.

So eng sieht auch die Bibel die Beziehung Gottes zu uns. Alles kann sich wandeln, vieles ist vergänglich, aber Gott bleibt. Sein Ratschlag bleibt, seine Worte bleiben, seine Zusagen und Verheißungen, seine Weisheit. Gott steht für Beständigkeit. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht“, sagt Jesus. Gott ist der, der da ist, der da war und der da kommt.

Zusammen als Gemeinschaft mit diesem ewigen Gärtner und diesem liebevollen Weinstock erfahren wir Halt und Hoffnung im Leben. Was auch geschieht, immer wieder bleiben Möglichkeiten, Leben zu gestalten mit Zufriedenheit und Erfolgen, weil wir auch in schweren Zeiten getragen sind und mit neuer Kraft versorgt werden aus tiefen, starken Wurzeln.

Diese frohe Botschaft soll, wie es der Sonntag Jubilate ausdrückt, in keinem Fall nur unter uns bleiben, sondern in die Welt getragen werden, die die Liebe Gottes und auch Zuversicht so dringend braucht. Die Worte laden uns außerdem ein, im Glauben zu bleiben, aus dieser Quelle Mut zu schöpfen, denn Jesus bleibt uns treu.

Auch wenn nun viele oft allein sind, wir zu Hause bleiben und eine neue verunsichernde Situation durchstehen müssen, sind und bleiben wir mit vielen vor Ort und auf der Welt verbunden und vor allem mit Gott.

Bleiben Sie gesund!

c – Anke Dittmann

Mein Besuch bei dir

Ich weiß nicht, was ich sagen soll

möchte deine Hand nehmen

Stille aushalten

die Zeit anhalten

und dann übermütig zurückdrehen.

Ich hoffe und glaube

dass du mir wieder

in meinem Zimmer gegenübersitzt

wie gewohnt

bald.

 

Dafür bete ich für dich.

Um Zukunft

 

 

(8.1.2020 für einen Freund,

der es aber leider nicht geschafft hat 9.04.2020)

Seht, die gute Zeit ist nah.

Lesung für Advent oder Weihnacht

 

übertragen nach einer Verheißung des Propheten Jesaja (52)

in Verbindung mit dem Adventslied EG 18

 

Seht, die gute Zeit ist nah.

Freudenboten kommen gelaufen,

verkündigen Frieden, Gutes und Heil.

Gott ist auf der Erde.

Die Wächter der Stadt rufen laut,

jubeln miteinander, denn Gott kehrt zurück.

Mit ihren eigenen Augen werden sie es sehen.

Gott ist uns Menschen nah.

Seid auch ihr fröhlich miteinander und jubelt,

denn Gott tröstet und erlöst.

Gott kommt, dass Frieden werde.

Gott offenbart sich vor den Augen aller Völker

und alle Menschen sehen das Heil,

das er uns schenkt.

Halleluja. Seht die gute Zeit ist da.

 

Krippenspiel Der Herold und der Trommler

Krippenspiel 2019 „Der Herold und der Trommler“

 Dies Krippenspiel eignet sich für eine altersgemischte Kindergruppe. Ältere haben längere Texte, kleine Kinder können auch ohne Text mitspielen oder haben nur einen Satz.

Rollen:

Herold

Trommler

Maria

Josef

Hirten

Engel

Verkündigungsengel

Könige

Stern

Wirt

Erzähler/in

(weitere Wirte sind Gottesdienstbesucher, die spontan einbezogen werden)

 

Lied:

 

Licht aus – Scheinwerfer an – Kanzellicht für Erzähler/in.

E.: Die Weihnachtsgeschichte führt uns in ferne Zeiten zurück und in ein fernes Land. Israel im Jahre 0, die Römer haben das Land besetzt. Kaiser Augustus ist der oberste Herrscher. Er will wissen, wie viele Menschen in seinem Reich leben. Deshalb ruft er eine Volkszählung aus.

Trommler und Herold (beide als Römer zu erkennen) treten durch den Mittelgang auf.

Trommler: Das ist die dritte Stadt, die wir heute besuchen. Was für eine Lauferei.

Herold: Du hast Recht. Und überall, wo wir zur Volkszählung aufrufen, sind die Leute verärgert.

Trommler: Ist doch klar. Die müssen jetzt weite Reisen antreten, wenn jeder in seinen Geburtsort soll.

Herold: Schau, wir haben Nazareth erreicht, unsere letzte Etappe heute. Also los!

Herold und Trommler bauen sich vor der Gemeinde auf. Der Trommler trommelt. Einige Menschen treten herzu, auch Josef und Maria. 

Herold: Hört zu! Dies ist ein Gebot des Kaisers Augustus. Der Kaiser hat befohlen, dass alle Menschen in seinem Reich gezählt werden. Dazu muss jeder- ich betone noch einmal: JEDER – in seine Geburtsstadt reisen und sich dort in die Zähllisten eintragen lassen.

Trommler trommelt.

E.: Das haben auch Josef und Maria gehört. Sie lebten in der Stadt Nazareth.

Josef: Maria, wir müssen also nach Bethlehem gehen. Das ist eine weite Reise.

Maria: Ich erwarte doch mein Kind! Wie soll ich den Weg schaffen?

Josef: Mache dir keine Sorgen. Gott wird uns helfen. Er hat es mir im Traum versprochen.

Herold: Hast du das gehört? Das schafft die mit dem Kind nie.

Trommler: Ich mache mir da auch Sorgen. Das wird sehr anstrengend für die junge Frau. Mich würde interessieren, was aus ihnen wird.

Herold: Weißt du was, wenn wir mit den Aufrufen durch sind, kommen wir hierher zurück und begleiten die beiden. Vielleicht können wir ihnen helfen.

Trommler: Eine gute Idee.

(Scheinwerfer aus)

Lied:

(Scheinwerfer an)

E.: So machen sich Maria und Josef auf den Weg aus der Stadt Nazareth nach Bethlehem, denn Josef ist in Bethlehem geboren worden. Er ist ein Nachkomme vom großen König David. Der Weg ist weit und schwer. Aber sie sind nicht allein. Etwas hinter ihnen gehen zwei Römer.

Maria: Josef, haben wir noch etwas zu trinken? Ich habe so großen Durst.

Josef: Es tut mir leid, Maria. Wir haben all unser Wasser schon ausgetrunken.

Maria: Oh, nein!

Trommler: Hast du das gehört? Wir haben doch noch Wasser.

Herold: Genau. Wir geben ihnen etwas ab.

(Die beiden schließen zu Maria und Josef auf)

Herold: Guten Tag! Möchten Sie vielleicht einen Schluck Wasser trinken? Sie sehen durstig aus. (reicht ihr Wasser) 

Maria: Das ist ja wunderbar. Vielen Dank. (trinkt hastig, auch Josef nimmt einen Schluck)

Josef: Wir sind auf dem Weg nach Bethlehem. Das ist noch weit.

Trommler: Das stimmt. Schön, dass wir ihnen helfen konnten, behalten sie das Wasser ruhig. Wir haben genug.

Josef: Vielen Dank.

(Maria und Josef gehen weiter, Herold und Trommler bleiben zurück, folgen aber.)

Josef (nachdenklich): Das ist ja sonderbar. Römer helfen uns doch sonst nie.

E.: Endlich haben Maria und Josef Bethlehem erreicht. Maria ist sehr müde und sie spürt, dass sie bald ihr Kind bekommen wird. Sie brauchen dringend eine Unterkunft. Aber Bethlehem ist voller Menschen und alle Gasthäuser sind besetzt. Wo sie auch fragen, alle Wirte schütteln nur den Kopf.

Josef klopft an die Bankreihen, Wirte schütteln den Kopf.

Josef klopft noch einmal. Wirt schaut heraus.

Wirt: Mein Haus ist voll, geht woanders fragen.

Josef: Halt Warte! Schlag nicht gleich wieder die Tür zu. Meine Frau Maria ist schwanger und wird bald ihr Kind bekommen.

Wirt: Das ist mir egal.

(Da treten auf einmal der Herold und der Trommler hinter Josef und Maria auf)

Herold (entschieden): Das kann Ihnen doch nicht egal sein.

Trommler: Irgendwo werden Sie doch wohl noch einen Platz haben.

E.: Der Wirt erschrickt, mit Römer hat er nicht gerechnet. Das ist ihm nicht geheuer. Er bekommt Angst.

Wirt: Naja, einen Stall habe ich noch am Rande der Stadt. Da ist noch Platz. Den könnt ihr auch umsonst haben.

Josef: Danke schön. Ein Stall. Ein Dach über dem Kopf. (er dreht sich zum Trommler und zum Herold um) Wir kennen uns doch. Nun haben Sie uns schon wieder geholfen. Danke!

Maria: Wir müssen uns beeilen, Josef, das Kind kommt bald.

E.: Der Wirt zeigt Maria und Josef den Stall. Maria und Josef gehen hinein und schon kurz darauf wird ihr Kind geboren. Der Trommler und der Herold freuen sich, dass sie noch einmal helfen konnten und es dem jungen Paar und dem Kind gut geht.

(Scheinwerfer aus)

Lied

(Scheinwerfer auf die Hirten)

E.: Zur gleichen Zeit sind, gar nicht weit weg, Hirten vor der Stadt bei ihren Schafen. Sie hüten die Schafe in der dunklen Nacht. Einer der Hirten muss immer wach sein, um gut aufzupassen. Es ist eine wunderbare Nacht, der Himmel sternenklar. Auf einmal aber, wird der ganze Himmel hell. (2.Scheinwerfer o.Ä.) Die Hirten erschrecken. Dann sind kleine Glocken zu hören. Und dann kommen sie, all die Engel.

(die Engel gehen nach vorn und lassen die kleinen Glöckchen klingeln)

Verkündigungsengel: Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine große Freude. Euch ist heute in Bethlehem der Heiland geboren! Der Sohn Gottes, euer neuer König. Ihr werdet ihn finden, als kleines Kind, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

E.: Und dann singen alle Engel.

Engel singen: …

E.: Den Hirten hat es die Sprache verschlagen. Sie sind sehr aufgeregt und laufen gleich zum Stall. Sie wollen den neuen König begrüßen. Engel haben ihnen, den armen Hirten, davon erzählt. So etwas hat es noch nie gegeben. Und sie gehen hin zum Stall und finden alles so, wie es ihnen der Engel gesagt hatte. Und sie knien nieder und beten das Kind an.

Trommler: Hast du das gesehen? Erst in der Ferne so ein merkwürdiges Licht und dann kommen all diese armen Leute hier angerannt.

Herold: Klar habe ich das gesehen. Hier passiert irgendetwas Seltsames. Wir sollten noch bleiben.

(Licht aus)

Lied:

E.: Aber nicht nur die Hirten haben sich auf den Weg gemacht. Aus fernen Landen sind drei weise Könige einem Stern gefolgt. Sie glauben, dass dieser Stern sie zum neuen König führen wird. Deshalb haben sie kostbare Geschenke dabei.                                                                                                                                                      Es ist ein weiter Weg. Aber der Stern führt sie sicher zum Stall.

(Stern und Könige kommen durch den Mittelgang. Scheinwerfer auf den Stern.)

Trommler: Das glaub ich nicht. Siehst du den Stern dort.

Herold: Klar sehe ich den Stern und drei Personen laufen hinter ihm her. So etwas.

Trommler: Sie sehen aus wie Könige. Was wollen die denn hier?

 (Stern erreicht den Stall und stellt sich dahinter, Könige erreichen den Stall)

Josef: Seid willkommen. Aber: Wer seid ihr?

König 1: Wir sind Könige aus dem Morgenland und heißen Melchior, Baltasar und Casper. Wir kommen von weit her. Wir haben den Stern gesehen (zeigt zum Stern). Er hat uns über Wochen hierhergeführt. Wir wollen den neuen König anbeten.

E.: Und die Könige knien vor dem Jesuskind nieder und überreichen Josef und Maria die Geschenke.

Maria: Danke! Aber unser Kind ist doch noch ganz klein und wir sind einfache Leute. Unser Jesus ist kein König.

König 2: Doch. Das ist er. Sonst hätte uns der Stern nicht hergeführt.

König 3: Er wird der wunderbarste König von allen.

Herold: Hast du das gehört? Das wird dem Kaiser Augustus aber gar nicht gefallen.

Trommler: Und Herodes, dem König hier, auch nicht.

Herold: Hoffentlich passiert den Dreien nichts. Ich habe sie richtig ins Herz geschlossen.

Trommler: Ich auch und ich kann mich gar nicht sattsehen an dem Kind. Es ist etwas Besonderes. Wunderbar.

Herold: Nein, heilig!

E.: Da tritt Josef vor den Stall und sieht den Herold und den Trommler.

Joseph: Ihr seid ja immer noch da! Das ist schön. Ihr habt uns so geholfen. Kommt und feiert mit uns die Geburt unseres Sohnes Jesus. Und bringt den Wirt noch mit.

(Herold holt den Wirt)

Joseph: Und die Engel sollen auch mit uns feiern! (Der Trommler holt die Engel.)

E.: So kommt es dazu, dass in dieser Nacht mit dem klaren Sternenhimmel am Rande des kleinen Ortes Bethlehem in einem zugigen Stall freudig gefeiert wird. Eine Feier mit armen Hirten, die sonst keiner beachtet; eine Feier mit drei reichen und weisen Königen, die sich wundern, dass es in einem Stall so gemütlich sein kann; eine Feier mit vielen Engeln, die ihren Aufenthalt auf der Erde richtig genießen und einem verwunderten Wirt, der nun aus ganz anderem Grund nur den Kopf schütteln kann. Sie feiern die Geburt eines kleinen Kindes einfacher Leute aus Nazareth. Und zwei Römer sind auch dabei: Der Herold und der Trommler. Alle finden Platz bei diesem Kind und können friedlich beisammen sein.

Lied der Krippenspielkinder: Fröhliche Weihnacht überall (1.Strophe)

Verbeugen und Vorstellen der Spieler/innen

Lied

© Anke Dittmann

 

Ewigkeitssonntag

Ewigkeitssonntag

 

Trost,

Hoffnung,

Blicke wagen

über den Horizont

hinaus,

ein liebevoller Brückenschlag

zu denen, die

in unseren Herzen bleiben,

sich nicht

in die Knie zwingen lassen,

sondern dem Tod

fest in die Augen sehen,

weil es ein Licht gibt,

welches die Dunkelheit

aufbricht,

eine Verheißung

für dich

für mich

auf ewig

 

Copyright Anke Dittmann

Wunderbar, was sich bewegt – Liedtext

 

1.Es ist Zeit, dass ich den Mut aufbringe,

aufzustehn´ und meinen Weg zu gehn´.

Mit dir, Gott, kann ich die Schritte wagen

und endlich nach vorne sehn´.

 

2. Oftmals hat man mir viele Steine

abweisend in meine Spur gelegt.

Mit dir hab´ ich sie überwunden.

Wunderbar, was sich bewegt.

 

3. Neugierig werde ich weitergehen,

offen für dein Wort voll Lebenslust.

Aufgeblüht kann ich jetzt Liebe schenken.

Du hast das immer gewusst.

 

4. Lass doch noch viele mit uns kommen.

Dann bleibt die Welt nicht mehr hart und kalt.

Wir können deine Werte leben.

Das schenkt uns Zusammenhalt.

 

Anke Dittmann©

…und ewig röhrt der Hirsch – Spontantheater

Spontantheater – nicht nur für Junggesellinnenabschied

„…und ewig röhrt der Hirsch“

Vorher schreiben alle lustige oder besinnliche oder nachdenkenswerte Sprüche auf kleine Zettel. Diese werden gefaltet eingesammelt und an den/die Spielleiter/in gegeben.

Der/die Spielleiter/in verteilt die Rollen wie er/sie will.

Für mind. 14 Personen

Publikum: alle übrigen

Vorhang: 2 Personen

Sonne

  1. Bäume: Linda und Birka

Ein Hase

Herbert und Hedwig

Erwin von Hatzematz

Der Hirsch

Elfena

 

Das Publikum wartet vor dem geschlossenen Vorhang sichtlich aufgeregt auf den Beginn der Vorstellung.

Der Vorhang hat sich vor Ihnen postiert und geht auf.

Publikum: AAAAHHH!

Wir sehen eine kleine Waldlichtung mit einer Bank. Dahinter stehen zwei Bäume, die ihre Äste in den Himmel ragen. Es sind die Linde Linda und die Birke Birka.

Die Sonne geht auf und strahlt über das ganze Gesicht.

Birka: Was für ein schöner neuer Tag.

Linda: Alles grünt und blüht.

Birka: Sau bloß die Bank nicht wieder so ein – mit deinem Klebkram.

Linda: Bist ja nur neidisch. – Eine Birke ist ja nur Unkraut.

Birka: Stänkerlinde!

Linda: Birkenhexe!

So war das mit den beiden. Sie wuchsen nebeneinander und stritten sich jeden Tag.

Der Streit hat einen kleinen Hasen geweckt, der nun über die Lichtung hoppelt. Er hoppelt an der Bank vorbei bis zur Birke.  Dort lehnt er sich an den Stamm und kaut seine Wurzel. Die Bäume streiten weiter.

Birka: Dich soll die Motorsäge treffen!

Linda: Selber! – Du bist doch die, die hier alles eindreckt!

Dem Hasen wird das zu bunt und er sagt salbungsvoll:

Hase: Haltet ein! – Hört lieber auf meine weisen Worte: ZETTEL

Linda: Ich werfe gleich einen Ast auf deine langen Ohren.

Der Hase lacht nur.

In diesem Moment kommen Herbert und Hedwig auf die Lichtung. Sie gehen Hand in Hand. Ihr Ziel ist die Bank auf der Lichtung.

Hedwig: Liebling, – was für eine schöne Idee – an unserem 50.Hochzeitstag wieder hierher zu kommen.

Herbert: Ja – hier haben wir uns – zum ersten Mal geküsst.

Publikum: Oh!!!

Sie setzen sich und himmeln sich an.

Herbert: Die beiden Bäume waren damals auch schon da.

Hedwig: Aber die Birke war noch ganz klein.

Linda: So viel größer ist sie jetzt auch nicht.

Birka: Halt die Klappe!

Herbert: Liebes – so viele schöne Jahre hatten wir – darum möchte ich dir sagen: ZETTEL.

Hedwig ist beeindruckt und möchte natürlich nicht zurückstehen.

Hedwig: Danke, Schatzimausi, – und diese Worte sollen dir für immer gelten: ZETTEL

Während sich beide weiter anhimmeln, ist hinten im Wald der Hirsch zu hören. Er röhrt unverkennbar und zeigt sein Geweih.

Das lockt den Jäger Erwin von Hatzematz auf den Plan. Mit angelegtem Gewehr erscheint er auf der Lichtung. Mit seinen 95 Jahren ist er ein erfahrener Jäger. Bloß die Augen machen nicht mehr so mit. Er fuchtelt mit dem Gewehr herum. Hedwig und Herbert merken nichts, sie sind in sich vertieft.

Erwin zum Hirsch: Dich kriege ich!

Beim nächsten Röhren des Hirsches fällt der Schuss.

Publikum: BUMM!

Der Hase springt hinter die Birke.

Die Sonne hört auf zu strahlen.

Die Kugel trifft Linda…

Linda: Aua!

… und wird abgefälscht. So trifft sie Herbert von hinten ins Herz.

Er sackt urplötzlich zusammen. Hedwig schreit auf.

Hedwig: Herbert, was ist?

Sie umgreift ihn, um ihn aufzufangen und entdeckt das Blut am Rücken. Sie schreit nun noch lauter.

Erwin von Hatzematz kann zwar nicht sehen, aber gut hören. Er kommt sofort angelaufen.

Erwin: Was ist geschehen? – Kann ich helfen?

Hedwig bringt kein Wort heraus. Erwin greift dem Gefallenen unter die Arme und erkennt sofort, was geschehen ist.

Erwin: Oh Waidmanns Unheil!

Im Hintergrund röhrt der Hirsch. Und ruft dem Jäger zu:

Hirsch: ZETTEL

Erwin: Dich krieg ich noch.

Hedwig kommt wieder zur Besinnung.

Hedwig: Ich rufe den Notarzt.

Sie zückt ihr Handy und drückt darauf rum.

Hedwig: Scheiße, kein Empfang.

Erwin legt Herbert vorsichtig ins Gras.

Erwin: Es tut mir so leid!

Hedwig zum Jäger: Sie waren das! Na Warte!

Hedwig schnappt sich das Gewehr und schlägt es dem Jäger auf den Kopf. Erwin bricht nun auch zusammen.

Hedwig hält Herbert im Arm.

Hedwig: Herbert, bleibe bei mir.

Noch einmal öffnet Herbert die Augen und sagt mit letzter Kraft:

Herbert: ZETTEL

Diese weltbewegende Botschaft bringt Hedwig auf die Idee, um Hilfe zu rufen.

Hedwig: Hilfe!

Publikum: Herbert, – halte durch!

Tatsächlich bleibt ihr Ruf nicht ungehört. Elfena, die Oberwaldelfe erscheint mit edlem Gewand.

Elfena: Du, Hedwig, – hast den Jäger niedergestreckt. – Darum will ich dir helfen.

Hedwig: Ich tue alles, was du willst – für meinen Herbert.

Elfena: Ich weiß. – Wir tauschen seine Seele – gegen die des Jägers.

Beschwörend legt Elfena beiden Gefallenen die Hände auf. Jetzt fehlt nur noch der Zauberspruch.

Elfena: ZETTEL – Nach diesem Spruche sei´s geschehen, – des Jägers Tod ist Herberts Leben.

Alle Lebenskraft entweicht dem Jäger und Herbert kommt nach ein paar sanften Schlägen auf die Wange wieder zu sich. Die Wunde ist verheilt.

Das Publikum jubelt.

Die Sonne strahlt wieder.

Herbert: Was ist geschehen?

Hedwig: Ein Wunder! – Lass uns schnell gehen. – Dieser Wald ist verzaubert.

Bevor Herbert protestieren kann, zieht Hedwig ihn von der Lichtung. Bloß weg vom toten Jäger.

Nun trauen sich aber der Hirsch und der Hase näher heran.

Hirsch: Auf Elfena ist Verlass.

Hase: Das ist aber schon – der dritte tote Jäger diese Woche.

Hirsch: Mir soll es recht sein!

Beide gehen nebeneinander von der Lichtung.

Linda: Auf unserer Lichtung ist immer was los!

Birka: Nur mit dir hier wäre es ja auch stinklangweilig.

Linda: Fängst du schon wieder an?! – Ich sage es dir jetzt zum letzten Mal: ZETTEL

Jetzt hat selbst die Sonne genug und geht unter. Was für ein Tag.

Der Vorhang schließt sich.

Publikum: Applaus

 

Anke Dittmann©

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Liedtext für tragische Trauerfälle

Liedtext für tragische Trauerfälle

Neuer Text zur Melodie von 516 (Christus, der ist mein Leben)

1.Ich kann es nicht begreifen, was Schreckliches geschah,

wie wird es weitergehen? Nichts ist mehr so, wie´s war.

 

2.Der Tod hat uns verwundet, kam schnell, grausam und hart.

Warum, du Gott des Lebens, bleibt uns das nicht erspart?

 

3.Ich strecke meine Hände nach Trost und Hilfe aus,

Gott höre meine Klagen und sende Engel aus.

 

4.Und halte fest geborgen, den/die ich jetzt verlor,

trage ihn/sie zum Himmel, in dein Reich empor.

 

5.Dort lass ihn/sie ewig leben, und pass dort auf ihn/sie auf,

bis wir uns wiedersehen, ich hoff´ so sehr darauf.

 

6.Wir wolln´ Jesus vertrauen, der den Tod überwand,

mit ihm nach vorne schauen, er bleibt uns zugewandt.

 

 

Wer weiß, ob es Gespenster gibt? 

Draußen war es dunkel. Tina war aber noch wach. Schon vor einiger Zeit hatte ihre Mutter sie ins Bett gebracht.

„Jetzt denken alle, ich schlafe“, dachte Tina. Und dabei schaute sie lächelnd aus dem halb geöffneten Fenster. Es war Sommer und sehr warm.

Zuerst sah sie nicht viel draußen, aber nach einiger Zeit hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Jetzt sah sie die Häuser gegenüber und den großen Baum auf dem Hof.

Plötzlich bewegte sich etwas in der Luft. Tina schaute genau hin. Eine tanzende Gestalt kam näher. Tina hatte keine Angst, denn die Gestalt sah sehr lustig aus. Sie war etwa so groß wie Tina selbst, hatte ganz lange, dünne Beine und große Schuhe mit kleinen Glöckchen. Die Augen waren ganz groß. Und sie trug einen schwarzen Rock, der hin und her wehte, denn die Gestalt tanzte die ganze Zeit. Am schönsten aber war das weiße Tuch, das der Gestalt um den Hals hing.

Tine lehnte sich weit aus dem Fenster und rief: „Hallo, du.“

Die Gestalt rief zurück, „Hallo, Tina.“

„Du kennst meinen Namen?“, fragte Tina.

„Ich kenne die Namen aller Kinder, die im Dunkeln aus dem Fenster sehen.“ Die Gestalte lachte. Dabei tanzte sie.

„Wer bist du?“, fragte Tina, „bist du ein Gespenst?“

„Haha, nein, ich bin doch kein Gespenst.“ Abermals lachte die Gestalt und drehte sich ganze schnell einmal herum. „Ich bin ein Lufttänzer. Gespenster gibt es nicht. Übrigens, ich heiße Luftikus.“

„Woher weißt du, dass es keine Gespenster gibt?“, fragte Tina.

„Oh, ich habe noch keins gesehen. Und ich komme viel herum, glaube mir.“

„Aber meine Mutter erzählt mir doch von Gespenstern in ihren Geschichten“, sagte Tina.

„Also, ganz genau weiß ich es auch nicht“, sagte der Lufttänzer, „wollen wir andere fragen?“

„Wie denn“, fragte Tina.

„Stell dich auf das Fensterbrett“, sagte Luftikus. „Dann zeige ich dir, wie man durch die Luft tanzen kann.“

„Oh, ja“, rief Tina und kletterte auf das Fensterbrett. Luftikus kam dicht an sie heran und nahm ihre Hand. „Mit dem rechten Fuß musst du anfangen, dann frei Schritte machen, dich schnell auf der Stelle drehen, einmal um dich herum. Dann fünf Hüpfer weiter geradeaus und dasselbe noch einmal.“

Das war ja einfach. Hand in Hand ging Tina vorsichtig ihre ersten Schritte mit dem Lufttänzer durch die Nacht. Und bei jedem Schritt klingelten die Glöckchen an den großen Schuhen von Luftikus. Tina gefiel es großartig, durch die Luft zu tanzen.

„Wen sollen wir zuerst fragen?“, fragte Tina Luftikus.

„Ach, wir wollen einfach sehen, wen wir in der Nacht treffen“, meinte Luftikus. Sie tanzten über die Nachbarhäuser zum Park. Doch es war niemand zu sehen. Ganz dicht über die Bäume hinweg tanzten sie. „Da, siehst du?“, fragte Luftikus plötzlich. „Da unten, da leuchtet es.“

Jetzt konnte es auch Tina sehen. „Das sind Glühwürmchen“, sagte sie.

„Ja“, sagte Luftikus, „die wollen wir fragen.“ Erfreut, jemanden gefunden zu haben, ließ er Tinas Hand kurz los und schlug in der Luft einen Purzelbaum. Tina lachte. Dann tanzten sie gemeinsam auf die Glühwürmchen zu. „Hallo“, rief Luftikus ihnen laut entgegen. Die Glühwürmchen piepsten freundlich zurück. Sie kannten Luftikus, den sie oft nachts über der Stadt trafen. Luftikus stellte Tina vor: „Das ist meine kleine Freundin, Tina“, sagte er, „wir wollen herausfinden, ob es wirklich Gespenster gibt. Wisst ihr da Bescheid?“

Die Glühwürmchen schauten sich alle an. Dann flogen sie schnell dicht zusammen und tuschelten. Tina schaute gebannt auf die kleinen Tiere. Nachdem die Glühwürmchen eine Weile getuschelt hatten, schüttelten alle den Kopf. Ein Glühwürmchen kam auf Luftikus zugeflogen. „Tut mir leid, Lufttänzer, aber von uns weiß es niemand genau. Auch hat keiner von uns je ein Gespenst gesehen.“

„Schade“, meinte Luftikus, „aber vielen Dank für die Auskunft.“

„Oh ja, vielen Dank, wie werden noch weiterfragen“, rief Tina den Glühwürmchen zu.

Und schon nahm Luftikus sie bei der Hand und sie tanzten wieder hinaus in die Baumwipfel. „Wen werden wir wohl das nächstes treffen?“, dachte Tina bei sich. Doch sie brauchte nicht lange auf eine Antwort zu warten. Luftikus stoppte mitten im Tanz. „Hörst du?“, fragte er Tina. „Was?“, fragte sie. „Das tiefe Brummen. MMMM.“

Tina lauschte. Ja, jetzt hörte sie es auch. Was konnte das nur sein? „Das ist eine Motte, das ist bestimmt eine Motte“, rief Luftikus, „die können wir fragen.“ Wieder freute er sich so sehr, dass er Kapriolen in der Luft schlug.

„Vorsicht!“, rief da eine tiefe Stimme, „aufpassen im Luftverkehr.“ Tina erschrak. Welche ein riesiges Tier war das? „Oh, Entschuldigung“, sagte Luftikus schnell und stellte sich wieder ordentlich in die Luft. „Ach, du bist es, Luftikus. Der verträumteste Lufttänzer, den ich kenne.“ Jetzt war die tiefe Stimme schon freundlicher. „Meine Freundin Tina und ich würden dich gern etwas fragen“, sagte Luftikus freundlich zu dem großen, dunklen Tier, das jetzt dicht vor ihnen seine großen Flügel auf und nieder schlug. „Weißt du, ob es Gespenster gibt?“, fragte Tina die Motte. „Gespenster?“, fragte die dunkle Stimme zurück, „nun, ich glaube, es gibt keine. Aber genau weiß ich es wirklich nicht. Aber wenn euch jemand helfen kann, dann die alte Eiche am anderen Ende des Parks. Sie hat schon viel erlebt.“

„Ein guter Rat, vielen Dank.“ Luftikus verabschiedete sich, denn er wollte sich mit Tina gleich auf den Weg zur Eiche machen. „Ich wusste nicht, dass Motten so groß sind“, sagte Tina. „Es sind auch nicht alle so groß“, antwortete Luftikus, „dies war eine große Nachtmotte. Davon gibt es nur noch wenige. Sie sehen immer sehr gefährlich aus, sind aber sehr nett, wenn man sich an ihre dunkle Stimme gewöhnt hat.“

Luftikus zeigte Tina noch andere Spiele in der Luft. Tina schaffte es sogar, auf ihren Händen durch die Luft zu laufen. So hatten beiden schnell das andere Ende des Parks erreicht. Dort war die alte Eiche. Über zweihundert Jahre stand sie schon dort. Tina und Luftikus setzten sich auf einen Ast. Luftikus klopfte einfach drauf und rief: „Alte Eiche, wir wollen dich etwas fragen.“

Nichts rührte sich. Luftikus versuchte es noch einmal. „Alte Eiche, wir wollen dich etwas fragen.“ Da ächzten die Zweige. Tina und Luftikus mussten sich schnell festhalten, damit sie nicht herunterfielen. Dann sagte eine müde Stimme ganz leise: „Wer ist da? Wer weckt mich auf so mitten in der Nacht?“

„Oh, entschuldige bitte“, sagte Tina, „wir wollten nicht stören. Ich wusste nicht, dass Eichen schlafen.“

„Schon gut“, meinte die Eiche, „was wollt ihr denn?“

„Weißt du, ob es Gespenster gibt?“, fragte Luftikus frei heraus.

„Nein, nein“, antwortete die Eiche, „die gibt es nicht.“

„Bist du dir ganz sicher?“, fragte Tina.

„Wer kann schon etwas sicher sagen?“, sagte die Eiche. „Nein, so ganz sicher bin ich mir nicht. Aber fast sicher.“

„Das reicht nicht“, meinte Luftikus. „Wir wollen es ganz sicher wissen.“

„Da kann euch nur einer helfen“, stöhnte die Eiche, „wisst ihr, wo im Wald die Eule wohnt?“

„Ja“, sagte Luftikus, „das weiß ich.“

„Ich es weit weg?“, fragte Tina Luftikus.

„Er antwortete: „Nah, ist es nicht, aber wir werden es schon schaffen. Du bist doch noch nicht müde, oder?“

Tine schüttelte den Kopf. Sie dankten der Eiche für die Auskunft und machten sich auf den Weg in den Wald. Als sie die ersten Bäume des Waldes erreichten, wurde Tina doch etwas unheimlich. Sie hielt sich dichter an Luftikus.

„Sind Eulen eigentlich böse?“, fragte Tina Luftikus. „Nein“, antwortete er, „sie leben nur ganz anders als ihr Menschen. Wenn ihr schlaft, sind die Eulen wach. Sie lieben die Nacht.“

„Sind Eulen besonders klug?“, fragte Tina weiter. „Sie sind sehr weise. Sehr, sehr weise“, sagte Luftikus. Leicht tanzten sie gemeinsam über die Baumwipfel. Auf einmal bremste Luftikus. Er hüpfte auf der Stelle.

„Siehst du den großen, alten Baum dort, Tina?“, fragte er. Tina nickte.

„Es ist ein toter Baum. In einem großen Loch im Stamm lebt die Eule. Wir wollen jetzt vorsichtig an sie herantanzen.“

Luftikus nahm Tina bei der Hand und sie hinkten immer abwechselnd drei Mal mit dem rechten und dann drei Mal mit dem linken Bein an den alten Baum heran. Direkt vor dem Loch im Stamm war noch ein alter Ast. Vorsichtig ließen sich beide darauf nieder. Tina guckte aufgeregt in das dunkle Loch. Auf einmal sah sie zwei riesige Augen. Tina erschrak sehr.

Dann kam die Eule an den Rand des Stammloches. Tina hätte nie gedacht, dass Eulen so große Augen haben. „Was wollt ihr beiden denn?“, fragte die Eule, „ein Lufttänzer hat mich lange nicht mehr besucht.“

Luftikus stellte sich und Tina vor. Dann fragte er: „Weißt du, ob es Gespenster gibt?“ Wir haben schon ganz viele gefragt, keine wusste es sicher.“

Die Eule räusperte sich. Dann schaute sie ganz nachdenklich. „Gespenster, gibt es noch Gespenster?“, grübelte sie vor sich hin. Tina schaute Luftikus enttäuscht an. Wenn die Eule es nicht wusste, wer sollte es denn dann wissen?

„Nun, ich muss gestehen“, begann die Eule, „ich kann es euch auch nicht sagen. Im Zweifelsfasse: Nein. Also begegnet bin ich noch keinem.“

Luftikus und Tina sackten enttäuscht in sich zusammen.

„Na, na. Kopf hoch“, sagte die Eule. „Einen Rat kann ich euch geben. Die Menschen haben die Eigenart, viele Dinge, die sie wissen, in Bücher aufzuschreiben. Diese Bücher sammeln sie. Es gibt ganze Häuser voll von diesen Büchern. Die Häuser heißen Bücherei. Jeder kann dort hingehen und nachschlagen, was er wissen will. Dort solltet ihr hingehen.“

„Kannst du schon lesen, Tina?“, fragte Luftikus. „Ein bisschen“, antwortete Tina. „Dann lass uns schnell dorthin tanzen.“

„Danke, danke, liebe Eule“, rief Tina der Eule nach, als sie mit Luftikus bereits wieder die Baumwipfel erreicht hatte.

Es war ein weiter Weg zurück, doch Tina wurde nicht müde. Es war so aufregend, mit Luftikus durch die Nacht zu tanzen. Auf dem Weg zurück trafen sie über der Stadt wieder die große Nachtmotte. „Wir tanzen zur Bücherei“, sagte Tina zu ihr, „dort gibt es Bücher, die wissen, ob es Gespenster gibt oder nicht.“

„Oh, die Bücherei kenne ich gut“, sagte die große Nachtmotte, „ich weiß sogar einen Weg hinein. Soll ich euch begleiten?“

„Oh, ja!“, rief Tina begeistert.

„Wenn ihr wollt, könnt ihr euch ja bei mir auf den Rücken setzen“, bot ihnen die Nachtmotte an. So setzten sich Luftikus und Tina auf den flauschigen Rücken der Nachtmotte. Sie konnte mit ihren großen Flügeln schneller vorankommen als Tina und Luftikus, wenn sie durch die Luft tanzten. Aber die Nachmotte war nicht die einzige Gestalt, die sie wieder trafen. Auch die Glühwürmchen kreuzten ihren Weg. Die Glühwürmchen wollten wissen, was Tina und Luftikus nun über Gespenster herausbekommen hatten. Beide erzählten von den Büchern, die die Menschen sammeln. Darinnen sollte stehen, ob es Gespenster gibt oder nicht.

„Wir kommen mit, wir kommen mit“, riefen die Glühwürmchen sofort. „Das ist gut“, meinte Luftikus, „ihr könnt dann für uns leuchten. Sonst kann Tina gar nicht in den Büchern lesen.“

Die Glühwürmchen waren nicht ganz so schnell wie die Nachtmotte, aber die große Nachtmotte nahm Rücksicht und flog langsamer.

„Da unten liegt die Bücherei“, sagte die Nachtmotte, als ein großes Gebäude in Sicht kam, „haltet euch fest, wir fliegen jetzt da herunter.“

Wie im Sturzflug flog die Motte jetzt hinab auf das Dach der Bücherei zu. Tina hatte sich gut festgehalten. Ihre Haare wehten weit nach hinten.

„Wie im Karussell“, rief sie Luftikus zu.

Durch eine geöffnete Dachluke gelangten sie in das Gebäude, flogen vom Dachboden in die tieferen Stockwerke. Hier setzte die große Nachtmotte Tina und Luftikus am Boden ab. Kurz darauf kamen auch die Glühwürmchen.

Hinter einer Glastür waren im Dunkeln große Regale mit Büchern zu sehen. Tina öffnete mit der Hilfe von Luftikus die schwere Glastür. Die Nachtmotte und die Glühwürmchen flogen mit hinein, als Tina und der Lufttänzer den Raum betraten. Es war ihnen unheimlich zumute. Der Raum war sehr groß. In der Mitte war ein Durchgang, an den Seiten standen große Bücherregale. Auf diesen Regalen standen viele, viele Bücher. Tina hätte noch gar nicht alle zählen können. Vorsichtig ging sie mit Luftikus durch den Raum.

Die große Nachtmotte war schon vorweggeflogen und setzte sich auf einen Tisch in der Mitte des Raumes. Die Glühwürmchen waren ganz neugierig und flogen durch die einzelnen Buchreihen. Dabei schüttelten sie mit den Köpfen. „Menschen haben schon merkwürdige Ideen“, meinten sie bei sich.

Als Tina und Luftikus den Tisch in der Mitte erreichten hatten, fragte die Nachtmotte: „in welchem Buch steht denn etwas über Gespenster?“

Tina zuckte mit den Achseln und sagte: „Davon hat die große Eule nichts gesagt.“

„Wie findet man sich denn hier zurecht?“, fragte Luftikus. Niemand wusste eine Antwort. Auch die Glühwürmchen nicht, die jetzt an den Tisch geflogen kamen. Da hatte Tina eine Idee. „Es muss doch Kinderbücher geben. Vielleicht sind da die Regale nicht so hoch.“

„Wir werden sie suchen“, meinte Luftikus. Jeder von ihnen find in eine Richtung, die Glühwürmchen, die Nachtmotte, Luftikus und Tina.

Es dauerte nicht lange, da rief Luftikus laut: „Hier sind ganz bunte Bücher und die Regale sind nicht so hoch. Aber ich kann nicht lesen, ob die Bücher für Kinder sind.“

Sofort kamen alle herbei. Tina stellte sich vor ein Regal und versuchte die Schrift darauf zu entziffern. „Für Kinder“, las sie dann ganz vorsichtig. „Hier sind wir richtig“, meinte die Nachtmotte dann. Mit Hilfe der Glühwürmchen suchten sie die Regale ab, ob ein Gespensterbuch da ist. Aber sie fanden keins. Dafür entdeckte Tina ein anderes Buch. Es hieß „Kinderlexikon“. Tina wusste nicht, was das war, ein Kinderlexikon, aber sie schlug das Buch einmal auf. Es war innen ganz bunt und mit vielen Bildern neben den Worten. Vielleicht stand hier etwas darüber, ob es Gespenster gibt. Die Glühwürmchen kamen ganz dicht, einmal, weil sie leuchten sollten und dann, weil sie sehr neugierig waren. „Lass uns die Bilder angucken“, meinte Luftikus, der nicht lesen konnte.

So begannen sie von vorn, alle Bilder anzusehen, ob irgendwo ein Gespenst zu sehen war. Es dauert eine ganze Zeit und Tina wollte schon aufgeben. Da rief die Nachtmotte: „Dort, dort in der Mitte, auf der linken Seite, ist das nicht ein Gespenst, die weiße Gestalt dort?“

Alle schauten auf die Mitte des linken Blattes. Tatsächlich, dort war eine weiße Gestalt zu sehen mit großen, schwarzen Augen. Im Hintergrund war ein Schloss.

„Du musst uns vorlesen, was daneben steht, Tina“, sagte Luftikus. Tina schaute ganz genau auf die Buchstaben neben dem Bild. „Gespenst“, sagte sie, „da steht ganz dick gemalt ‚Gespenst‘“. „Und daneben?“, fragten die Glühwürmchen.

Tina schaute wieder in das Buch. Sie schaute sich die einzelnen Worte genau an. Dann sagte sie: „Es steht dort: ‚Gespenster leben in alten Schlössern. Sie geistern nur in der Nacht, von Mitternacht bis es gell wird. Sie erschrecken alle, die sie treffen. Aber habt keine Angst, denn Gespenster leben nur in Geschichten. In Wirklichkeit gibt es keine Gespenster.“

„Da steht es! Es gibt keine Gespenster“, sagte Luftikus. „Wie schade. Es wäre lustig gewesen, einmal ein Gespenst zu treffen.“

„Ja, schade“, sagten auch die anderen. Tina klappte das Buch wieder zu und stellte es an genau dieselbe Stelle zurück, wo sie es entnommen hatte. „Und jetzt?“, fragte sie Luftikus etwas enttäuscht.

Luftikus wollte nicht, dass Tina traurig ist. Zum Glück hatte er auch eine Idee. Er nahm sein großes, weißes Tuch, das er um den Hals trug und warf es Tina über den Kopf. Es reichte Tina fast bis zu den Knöcheln am Bein. „Jetzt bist du ein Gespenst, Tina“, rief Luftikus. „Oh, ja“, Wir spielen Gespenst“, sagte Tine. „Versuch uns zu fangen, versuch uns zu fange“, piepsten die Glühwürmchen.

Tina konnte durch das Tuch nur schwer etwas sehen. Trotzdem machte sie sich gleich auf die Jagd und versuchte, die Glühwürmchen zu fangen. „Huh, huh“, rief sie, wie ein Gespenst. Tina jagte die Glühwürmchen, die Nachtmotte und Luftikus um die Bücherregale herum. Sie spielten Fangen und Verstecken. Dabei machten sie eine Menge Krach und hatten viel Spaß. Auch Luftikus kam einmal dran, Gespenst zu sein. Er jagte Tina dann durch die Bücherei. Tina konnte gar nicht so schnell laufen, weil sie immer lachen musste.

Nach einer Weile wurden alle müde. Tina gähnte.

„Jetzt bringe ich dich nach Hause“, sagte Luftikus zu ihr.

„Ich muss auch los“, sagte die große Nachtmotte. „Es wird bald Tag.“

Luftikus band sich sein Tuch wieder im den Hals. Auf dem Rücken der Nachtmotte gelangten Tina und Luftikus wieder aus der Bücherei heraus. Draußen auf dem Dach verabschiedeten sich Luftikus und Tina von ihren Freunden. Als die Glühwürmchen und die Nachtmotte davonflogen, winkte Tina ihnen hinterher. Dann nahm Luftikus sie bei der Hand und sie tanzten zu dem Haus von Tina zurück. „Jetzt bin ich aber müde“, sagte Tina zu Luftikus, als sie ihr Fensterbrett erreicht hatten.

„Schlaf schön“, sagte Luftikus zu ihr, als sie in ihr Bett geklettert war. „Und keine Angst vor Gespenstern.“ Er lachte und klingelte noch einmal mit den Glöckchen an seinen Füßen.

„Tschüs, Luftikus“, sagte Tina müde. Sie schlief sofort ein.

Luftikus tanzte durch die Nacht davon.

Anke Dittmann©

Sich vertraut machen Gedanken zur Weihnachtsgeschichte

Im Laufe unseres Lebens kommen immer wieder neue Situationen und Aufgaben auf uns zu. Auf vieles können wir uns gar nicht vorbereiten, vieles haben wir so nicht gelernt, und manches entwickelt sich so schnell, dass wir immer wieder vor neuen Fragen stehen. Uns bleibt dann nichts anderes übrig, als sich mit dieser neuen Sache vertraut zu machen. Mal müssen wir uns einarbeiten lassen, mal in etwas einlesen. Manchmal muss man sich sogar so richtig in eine Sache einfuchsen. Ich muss mich erkundigen und informieren. Aber ein Mensch wächst ja mit seinen Aufgaben. Schulungen stehen an, eine gewisse Einarbeitungszeit wird mir zugestanden.

Manchmal aber werden wir auch ins kalte Wasser gestoßen und müssen uns ganz schnell auf neue Gegebenheiten einstellen, die ein ganzes Leben durcheinander würfeln können. Oder wir müssen andere mit neuen Situationen vertraut machen, wenn sich Lebensbedingungen verändern. Und das gilt insbesondere, wenn neue Menschen in unser Leben kommen.

„Sich vertraut machen“, bei diesen Worten denke ich zu Weihnachten auch an Josef und Maria. „Da machte sich auf Josef aus Galiläa mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.“ So übersetzt es Luther aus dem Lukasevangelium.

Josef und Maria haben sich im Zuge von all den Geschehnissen rund um die Geburt von Jesus mit vielem vertraut machen müssen. Josef musste lernen, dass das Kind seiner Verlobten nicht vom ihm war und Gott möchte, dass er trotzdem bei ihr bleibt. Maria musste die Engelbegegnung verkraften. Das war für sie schon wie ein Sturz ins kalte Wasser, als plötzlich ein Erzengel kam und mitteilte, dass sie ein Gotteskind zur Welt bringen wird. Gut, dass eine Schwangerschaft neun Monate lang ist, da kann man sich mit der neuen Situation vertraut machen. Dann noch kurz vor der Geburt die Volkszählung, die die kleine werdende Familie zu einer mühevollen Wanderung zwingt. Sicher mussten sich Josef und Maria auch erstmal mit dem Stall vertraut machen. Den Ort für die Geburt hatten sie sich sicher anders gewünscht. Dann all die merkwürdigen Besuche von Hirten, die von Engeln erzählen, von Königen mit denkwürdigen Geschenken, das war auch nichts, worauf sich die beiden vorbereiten konnten. Und was später noch alles geschah mit diesem Jesuskind, als er erwachsen war …, also ich habe ganz schön Respekt vor Josef und Maria.

In der Weihnachtsgeschichte heißt es: Maria hörte gut zu, sie behielt alle diese Worte der Gäste und bewegte sie in ihrem Herzen. Sie machte sich mit diesem besonderen Kind und der neuen Situation vertraut. Vielleicht ahnte sich schon, dass einiges auf sie zukommen würde.

Ich danke Josef, dass er bei Maria geblieben ist, und danke Maria für alles, was sie für dieses Gotteskind auf sich genommen hat.

Jetzt zu Weihnachten hören wir diese Geschichte wie jedes Jahr. Sie ist uns vertraut. Wir lieben die vermeintlich heimelige Nähe im Stall. Viele Sehnsüchte werden wach, manche Menschen werden etwas weicher in dieser Zeit. Ich frage mich aber, haben wir uns mit dem Gottesgeschenk zu Weihnachten, mit Jesus, auch vertraut gemacht?

Die Worte: sich vertraut machen, werden als eine Möglichkeit im Englischen mit „become familiar“ übersetzt. Auch im Deutschen gab es früher das Wort familiarisieren, das heute nicht mehr benutzt wird. In Bezug auf die Botschaft von Weihnachten gefällt es mir aber. Es spiegelt viel wieder vom Verständnis von Kirche und Gemeinde. Weihnachten heißt auch: Gott kommt zu uns auf die Erde und bietet uns an, mit ihm vertraut zu werden. So eng, wie in einer Familie. Das heißt, er gehört zu uns und wir zu ihm und uns verbindet ein liebevolles Band. Das ist dann keine Begegnung, die nach Weihnachten vorbei ist, sondern die uns zur weiteren Auseinandersetzung und zum Zusammenkommen einlädt. Wollen wir da dranbleiben, brauchen wir auch Informationen. In Manches kann man sich gut einlesen, die Bibel haben wir ja, oder man erkundigt sich bei verschiedenen Gemeindeangeboten. Ich kann die Geschichten hören und ein Deutungsangebot bekommen, etwa im Gottesdienst. Wie auch immer. Lassen Sie sich einladen, sich zum vertrauten Weihnachtsfest auch vertraut zu machen mit dem Gotteskind Jesus, welches Josef angenommen hat. Bewegen Sie dieses Wunder von Gottes Kommen in ihren Herzen wie Maria. Sie sind in der Familie Gottes willkommen und angenommen und Sie können an vielen Aspekten aus dem Glauben wachsen. Das hilft im Leben etwa für Herausforderungen oder, wenn uns das Leben wie auch immer geartet überrascht.

©Anke Dittmann

 

 

Predigt zum 1.Advent 2018

©Anke Dittmann

Der Friede Gottes sei mit uns allen. Amen.

Vorgeschlagener Predigttext heute ist der klassische Text zum 1. Advent. Jesu Einzug in Jerusalem. Die Geschichte steht bei Matthäus im 21.Kapitel und gehört auch zum Palmsonntag, also zum Beginn der Karwoche.

Jesu Einzug in Jerusalem

1 Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus

2 und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt. Und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir!

3 Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.

4 Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9):

5 »Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.«

6 Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte,

7 und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf.

8 Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.

9 Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!

10 Und als er in Jerusalem einzog, erregte sich die ganze Stadt und sprach: Wer ist der?

11 Das Volk aber sprach: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa.

Liebe Gemeinde!

Eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. – Ein König wurde erwartet.

Ich habe mir überlegt, wer da so alles am Wegesrand gestanden haben mag. Die Menge besteht ja aus vielen Einzelpersonen mit ihren Lebensgeschichten und Schicksalen.

Vielleicht war ein alter Mann dabei, der fühlte, dass er nicht mehr lange leben würde und er hoffte, dass nun der Retter käme, der sie endlich von den Römern befreien würde.

Vielleicht war eine junge Frau dabei, die zwangsverheiratet worden war und nun unglücklich, etwa durch Gewalt Zuhause.

Vielleicht war ein Mädchen dabei, die immer hinter ihren Brüdern zurückstehen musste,

oder ein junger Mann, der sich nur verzweifelt als Tagelöhner über Wasser halten konnte.

Vielleicht war ein Vater dabei, der sich um seinen behinderten Sohn sorgte, weil überall gesagt wurde, in ihm herrschten böse Geister.

Vielleicht war eine ältere Frau dabei, die gerade ihren Mann verloren hatte und nun nicht wusste, wie sie als Witwe überleben sollte.

Und etwas im Hintergrund stand vielleicht ein Kranker, der wusste, dass auch er bald zu den Aussätzigen gesteckt werden würde, draußen in die Grube vor der Stadt.

Und eine junge Familie stand sicher auch am Weg und legte Palmzweige in den Staub, weil sie sich um die Zukunft sorgten, um Gewalt, Willkür und Armut. Und der ein oder andere Widerstandskämpfer mag sich in der Menge versteckt haben und hoffen, dass Jesus zur Machtergreifung nach Jerusalem gekommen sei.

Und sie alle riefen: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!

Hosianna, das bedeutet: Rette doch! Hilf doch! Oder: Gib Segen!

Sie alle rufen um Hilfe und nach Rettung und Segen. Menschen in so unterschiedlichen Situationen, mit verschiedensten Problemen und Ängsten und Hoffnungen. Und sie alle hoffen auf den Mann, der nicht mit einem Schlachtross in die Stadt kommt, sondern auf einem Esel, wie es Sacharja verheißen hat. Sanftmütig.

Sie alle hatten sicher schon von Jesus gehört, wie er Kranke geheilt hat, dass er einzelne nicht übersieht. Sie hatten die Geschichten gehört, die von Gottes Himmel erzählten, der schon unter uns spürbar werden kann und kannten seine klugen Antworten, wenn er etwa von Schriftgelehrten provoziert wurde. Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Sie wussten, dieser Jesus ist anders als all die anderen Gottesmänner, die früher durchs Land gezogen waren. Jesus veränderte Menschen, er hinterfragte diejenigen, die Menschen nach Buchstaben aburteilten ohne auf den einzelnen zu sehen. Und Jesus versprach, dass das Reich Gottes nahe sei.

Andere in der Stadt scheinen ihn kaum zu kennen und fragen: Wer ist das? Und die Antwort kommt aus aller Munde: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in Galiläa. Und im Stillen dachten sie: Er soll unser neuer König werden. Aber noch war es nicht so weit.

Das neue Kirchenjahr beginnt mit dieser Geschichte aus den letzten Lebenstagen Jesu. Das ist aus dem neu geborenen König aus dem Stall von Bethlehem geworden. Ein König ganz anderer Art, der Messias, auf den so lange schon gewartet wurde.

Aber wie es mit der Geburt im Stall ungewöhnlich war für einen König, so war es auch hier beim Einzug mit dem Esel. Und so manche Hoffnung der Menge am Wegesrand zerschlug sich schnell, als Jesus kein Interesse zeigte, die Herrschaft an sich zu reißen, einen Aufstand gegen die Römer anzuzetteln oder die himmlischen Heerscharen nun auf der Erde kämpfen zu lassen. Er ließ sich gefangen nehmen, verteidigte sich nicht einmal und wurde schließlich hingerichtet, verurteilt von denen, die sich durch ihre Gesetzestreue fesseln ließen, und von denen, die das Land besetzt hielten und keine Unruhe wollten.

Was für eine Enttäuschung für die, die ihm zugejubelt hatten. Hilf doch, rette doch! Das verhallte im Dunkel von Karfreitag. Und die anderen Parolen wurden stärker: Kreuziget ihn!

Doch dann kam das, was alle gewesenen Könige und Propheten überstrahlte: Jesu Auferstehung! Gegen seine Botschaft konnte und kann keine weltliche Macht gewinnen und am Ende steht immer das Leben.

Noch erleben wir den Himmel auf Erden nur Stück für Stück, etwa dort, wo wir erfahren dürfen, dass jemand uns liebevoll, sanftmütig und barmherzig begegnet. Mit den Herrschern, die mit Paraden mit Kriegsgerät ihre Macht demonstrieren, hat die Welt keine guten Erfahrungen gemacht. Und wir wissen längst, dass die, die zornig und laut oder fies und mit Ellbogen ihre Macht verteidigen, die schwächeren sind. Das gilt in der Politik, in der Clique, am Arbeitsplatz oder in der Familie, weil sie sich nicht beherrschen können und dann kaum klare Gedanken fassen. Wir brauchen dagegen den König, der sich bis zuletzt den Gesetzen der Macht und Willkür widersetzt und dann gewinnt. Denn Gott ist in den Schwachen mächtig.

Wenn wir jedes Jahr im Advent auf Weihnachten warten, warten wir auch darauf, dass dieser König wiederkommt. Und wir erinnern uns, was wir erreichen können, wenn wir ihm entgegengehen. Und auf dem Weg ist schon viel geschehen: Demokratie, Menschenrechte, Hilfsorganisationen wie Brot für die Welt gehören für mich genauso dazu, wie Kranken- und Sozialhilfe oder vor Ort unser einladender Seniorenkreis, unser Besuchsdienst oder unsere lebensbegleitenden Angebote von klein auf an. Jesus hat uns gelehrt, Menschen zu begleiten und ihnen besonders an Übergängen zu helfen durch Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung, durch Notfallseelsorge und Hausbesuche, durch Fürbitte und den Blick auf Einzelschicksale, durch Unterricht und Verkündigung seiner Geschichten. Und wer da mit dabei ist, weiß wie sehr das liebevolle Miteinander auch die beschenkt und erfüllt, die es versuchen und tun.

Noch sind wir damit lange nicht am Ende, noch stehen viele, zu viele am Wegesrand und rufen: Hilf doch, rette doch, gib Segen. Noch gibt es zu viele Mächtige, die alle Sanftmut im Keim ersticken wollen, und viel Leid, das oft unerklärlich ist. Wir warten noch auf das Christuskind und den Himmel auf Erden. Und Warten fällt oft schwer. Doch so vieles, was den Himmel ausmacht, ist mit Jesus schon gekommen. Deshalb können wir das Warten gestalten. Wir müssen diesem König des Lebens nur vertrauen und entgegengehen. Dann erleben und schenken wir Hilfe, Rettendes und Segen. Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre bei und in uns einziehe! Amen.

Frohe Wiehnachten

©Anke Dittmann

Wiehnachten is ditt Johr anners worrn mit eenmol un ik will ju vertelln, woans dat dorto komen is.

Ik bün inköpen west, so as elk Johr. Stress pur is dat. De Bus weer full west, al as ik in de Stadt föhrt bün, un ik müss den ganzen Weg stohn, dorbie is de Fohrer rümkarjolt as een Kerl noh teihn mol Feigling pur un ik kunn mi knapp fasthooln. Sodennig harr ik al een Brumschädel, as ik in de Stadt ankomen bün. Un denn mol los, erst dat Geschenk för Unkel Fritz, de mag so geern segeln un he schall een lüttjet Boot ut Holt kriegen. Minsch, sünd dor veele Lüüd in den Speeltüchloden, erst kannst gor nich in Rooh rümsöken un nohst is de Schlang an de Kass een Boa Constrikta or woans de lang Wörgschlangen heeten doot. Mi weer al so tomoot, as wenn ik wörgen müss. Ober helpt all nix, anstelln un tööven. Vun frohe Wiehnachten weer dor nix to spörn. All de Lüüd in de Schlang sehn ut as wenn se glieks för Woot to brülln anfangen wulln. Ober de Musik ut de Luutspreekers seggt uns „Stille Nacht“, also hebbt se doch noch all den Mund hooln. Is jo ook noch fröh an`n Morrn west.

Denn bün ik lostrocken, üm wat för mien groote Dochter to söken. Se leest so geern, also af in den Bookloden. Dor weer dat ok nich beder. Dat de Lüüd so veel Tied hebbt to`n Inköpen! Ik glööv, in Düütschland dor arbeit se gor nich mehr, se goht blots noch Inköpen un all de Lüüd jüst in de Loden, wonehm ik ok hinwill. Ik heff ehr denn een Krimi köfft mit den Titel „Mord im Kaufhaus“, dat pass to mien Stimmung.

Nu harr ik al twee Geschenke in`n Sack un nu wull ik noch wat utsöken för mien Mudder. Dat is swoor, denn se is oold un kann nich mehr so kieken. Villich is een Parfüm ganz good. So bün ik in de Parfümerie gohn üm de Eck. Dor weer allns so beten Schikimiki un stinken dee dat dor. Keen Wunner, wenn se sik all dat Tüch to`n Probeern up de Hand pußen doht. Dat weer denn so swoor, dat Richtige to rüken, dat ik ehr meiß een Deo „for men“ köfft harr. Un door weer se bestimmt suer west un dorbi schull dat Schenken jo glücklich moken. Naja, denn keem endlich een Fruu, de dorvun wat verstünn un de dreih mi een bannig lütte Buddel an för een Vermögen. Un dorför bün ik wedder merrn in de boa-constriktor-schlang west. Düttmol weern de Lüüd al unruhig „Geiht dat nich gauer?!“ seen se grantig. Naja, dacht heff ik dat ook.

De Fruu an de Kass harr een Gesich as bi`n Beerdigung. Dorbi wüllt wi Wiehnachten doch een Geburt fieern. As ik door rut bün, müss ik erstmol an de frische Luft. Kloor, dat dat in düssen Momang to regen anfüng un mien Schirm, den harr ik tohuus vergeten. Also rin in den nächsten Loden.

Mien Broder, de schall ok noch wat hemm, blots hett de nix wat em intresseert. Is al ümmer so west. Dorüm kricht he elk Johr niee Socken. As ik in de Afdeelung för de Strümp weer, weer dat noch vuller as in de anner Geschäfte. Gifft dat so veel Lüüd, de sik för nix anners intresseert? Un an de Kass, dor seh ik nu `ne fette Schlang mit veel Lüüd, de stöhnt un schriegt un fluchen doot se ook. „Off, so`n Schiet,“ dach ik un segg dat up eenmol luud. So is dat mit Wiehnachten, dat Inköpen verännert uns. Un nich to`n Gooden. Ik heff denn glieks fief poor Socken köfft, dormit ik mi düssen Loden dat nächst Johr un dat övernächst un so wieder sporn kunn.

Woans seh dat ut an de frische Luft? Regen – kloor, haar ik mi dacht. Denn noch –haste wat kannste- to de Süßigworen. Wiehnachten ohne Schokolor oder Marzipan is as een Krüff ohn dat Christkind. Man, in den Loden bün ik richtig suer worrn, denn mien allerlevsten Schokolorkullern, de weern utverköfft. So`n Schiet, gemeen un verflixt un bannig fies. De Dübel schall all de Lüüd holn, de mien Kullers köfft harrn. Ik stamp mit de Fööt as een lütt Kind. Nu harr ik keen Lust mehr to`n Inköpen. Ik wull wedder no Huus. Wenn ik mi beielen do, denn kunn ik noch den Bus kriegen. Mit all mien Soken ünner de Arms bün ik rut ut den Loden in rin in den Regen. Kloor, dat regen ümmer noch, denn ik bün jo noch in de Stadt. Schiet Wedder, schiet Wiehnachten!

Un dor passeer dat. Een lütt Jung steiht unverwohrens merrn in mien Weg. Un wi sünd tohooprasselt. All mien Geschenke trünneln ut de Tasch op`n Footweg un de weer so richtig klöternatt. Dor kunn ik nich anners, de Jung, de kunn wat beleben un ik see op Hochdüütsch natürlich, denn de jungen Lüüd, de köönt jo nich mehr richtig uns Sprook: „Kannst du denn nicht aufpassen! Hast du keine Augen im Kopf? Sieh mal an, was du angerichtet hast, so`n Sch…!“ Richtig luud bün ik west. De lütte Jung over bleev ganz still. He sammel mien Soken in. Denn langt he mi de Soken to, kickt in mien Ogen deep, still un ruhig un seggt denn mit een Strohlen in`t Gesicht: „Frohe Weihnachten!“ För een Moment blivt de Tied stohn. Un denn weer he weg, verschluckt as vun`n Footborrn. Dor stünn ik nu mit all mien Geschenke in`n Regen. Dat föhl sick allns noch heel an. Doch in mi, dor weer wat anners. Wat harr de lütt Jung seggt? „Frohe Wiehnachten!“ Dat harr ik ganz vergeten. Doch he harr dat wüsst, worüm sick allns dreihn dee. Ik bün so verdreiht west, dat ik dor gor nich mehr an dacht heff.

Mit een mol bün ik ganz langsom dörch de Strooten gohn un de Regen, de weer gor nich so schlimm. Ik klemm mi mien Geschenke wedder ünner mien Arms un denn bün ik Schritt för Schritt sinnig no de Bushooltstell trocken. De Bus föhr mi vör de Oogen weg, kennt man jo, ober dat mook mi nix ut. Is jo Wiehnachtstiet, Tiet för Besinnung.

Dor sitt ik nu in dat Töfhüüsken. „Frohe Wiehnachten“, segg ik to de anner Fruu, de so suer weer, as se den Bus ook ni kregen harr. Un mit dat lütt Kind, dat so weent hett, heff ik tosomen „Stille Nacht“ sungen. Un as de nächst Bus kümmt un ik binnen sitt, dor is Schluß mit den Regen buten un ik lach dorto. Ik lach denn de ganze Fohrt noh Huus. Wenn de Lüüd mi wat snaaksch ankeken, see ik: „Frohe Wiehnachten“. Najo, veele hebbt ehrn Kopp schüddelt, ober de een or anner de hett ook trüchlacht.

Tohuus heff ik mi warm antrocken, een Kakau drunken un een Licht ansteken. Wi fiert Wiehnachten de Geburt vun een Kind un vun de Kinner köönt wi wat leern. Ik harr wat leernt un nu kunn ik würklich Wiehnachten fiern un dat wünsch ik di ook!

Plattdeutsches Lektorat: Hans Lemburg

 

Gedanken zur Jahreslosung 2019

Gedanken zur Jahreslosung 2019

Suche Frieden und jage ihm nach! (Ps 34,15)

Suchen.

Was?

Das, was alle suchen:

Frieden.

Glauben Sie noch daran?

Und ich?

Ist er zu finden?

Jagen will ich nicht.

Er will doch kommen – der Frieden

und nicht fliehen.

Ich will ihn nicht treiben.

Mit Freude gestalten und haben

will ich ihn,

weil er zu finden ist in dem,

der da ist, der da war und der da kommt.

© Anke Dittmann

Kein Respekt vor altem Erbe

Kompletter Gottesdienst zum Thema „Kein Respekt vor altem Erbe“ – Nabots Weinberg 1.Könige 21

Die Lesungen und die Überschrift entstammen dem Buch „Geldgeschichten der Bibel“. Sie wurden ausgewählt von Dietrich Bauer, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2006.

Die Lieder sind ausgewählt aus dem Beiheft zum Evangelischen Gesangbuch in der Nordkirche „Himmel, Erde, Luft und Meer“

Gottesdienstablauf

„Kein Respekt vor altem Erbe“- Nabots Weinberg

Orgelvorspiel

Begrüßung

Lied 106, 1-3+6 Singt Gott, unserm Herrn

Pn.: Gott sei mit euch

Gemeinde: und mit deinem Geist.

Psalm 113 im Wechsel

Pn.: Lobt fröhlich den Namen Gottes!

Sein Name sei gepriesen von heute an bis in alle Zukunft!

Gem.: Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn.

Pn.: Hoch über allen Völkern steht Gott, seine Herrlichkeit reicht,

so weit der Himmel ist.

Gem.: Wer ist wie Gott? Er steigt hinauf, um in der Höhe zu thronen,

er beugt sich nieder, um in die Tiefe zu schauen.

Pn.: Einzigartig ist er im Himmel und auf der Erde!

Gem.: Den Geringen zieht er aus dem Staub.

Den Armen holt er aus dem Schmutz.

Pn.: Er lässt ihn bei den Fürsten wohnen:

Ja, bei den Fürsten seines Volkes.

Alle: (gesprochen): Ehre sei dem Vater und dem Sohn

und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt

und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Klagegebet (endet mit: darum bitten wir)

Gem..: Kyrie eleison/christe eleison/kyrie eleison

Gnadenwort (endet mit: Darum singen wir)

Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr und Dank für seine Gnade. Darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat, nun ist groß Fried` ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Gebet Gem.: Amen

Lesung Jesus Sirach 33,20-24

Lied 104,1-3 Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt

Lesung Lukas 15, 11-32 Der verlorene Sohn

Bekenntnis (nach Christoph von Lowtzow, in: Konkret beten, J.F.Steinkopf Verlag GmbH 1996, S. 98f)

Wir glauben an Gott, den Vater, den Schöpfer der Welt.

Er hat uns geschaffen als Frau und Mann und uns die Freiheit gegeben,

Sorge zu tragen für die Erde, Leben zu erhalten,

Frieden zu fördern und uns dafür einzusetzen,

dass die Menschen zusammengehören

in Gleichheit und Gerechtigkeit.

Wir glauben an Jesus Christus, unseren Herrn,

geboren als Mensch in Israel von Maria.

Er bezeugte mit seinem Leben Gottes Nähe und Liebe.

So verkündete er den Armen die Parteinahme Gottes,

den Gefangenen Freiheit, den Blinden, dass sie sehen,

den Unterdrückten Befreiung.

Er litt, wurde gefoltert und von den Mächtigen

unter Pontius Pilatus am Kreuz getötet,

auferweckt zum Leben und zur Hoffnung für alle.

Er befreit uns, eint uns weltweit, trotz aller Verschiedenheit,

damit wir miteinander und füreinander leben und ihn so bezeugen.

Wir glauben an den Heiligen Geist,

die Kraft des neuen Lebens in Christus,

der uns und alles immer wieder verändert,

der uns sendet mit dem Ziel,

alle Menschen in neuer Gemeinschaft zusammenzubringen,

in seiner Nähe, dem in Vielfalt einen Gott. Amen.

Lied 92,1-4 Lobe den Herrn, meine Seele

Predigt

Lied 122,1-4 Meine engen Grenzen

Abkündigungen

Lied: Ist der Himmel dir Schutz und Schirm

Spürst du kalten Wind im Gesicht

und hast du Träume, die dir Angst einjagen,

spricht Gott: Fürchte dich nur nicht,

ich will dich durch alle Zeiten tragen.

Ich bin da, wo du auch bist,

selbst wenn du mich mal vergisst,

ist mein Himmel dir Schutz und Schirm.

Ging dir wieder mal etwas schief,

hat man dich ausgelacht und stehn` gelassen,

denk daran, du stürzt nicht zu tief,

denn unser Gott wird dich nicht fallen lassen.

Er ist da, wo du auch bist,

selbst wenn du ihn mal vergisst,

ist sein Himmel dir Schutz und Schirm.

Wenn eine schlimme Nachricht bedrückt

und du alleine bist und unverstanden,

verspricht Gott, dass er Engel schickt,

sie stärken dich, Hoffnung ist auferstanden.

Sie sind da, wo du auch bist,

selbst wenn du sie mal vergisst,

ist ihr Himmel dir Schutz und Schirm.

© Anke Dittmann – Melodie dazu auf Anfrage erhältlich

Fürbittengebet

Vater unser

Lied 38, 1-4 Herr, wir bitten, komm und segne uns

Sendung und Segen

Orgelnachspiel

Begrüßung

„Kein Respekt vor altem Erbe“ – so lautet heute das Thema in unserem Gottesdienst. Herzlich willkommen dazu Ihnen und euch allen.

Die Bibel kennt schon die Streitigkeiten, die in so vielen Familien oder Gemeinschaften leider oft zu Brüchen führen, Streit um ein Erbe gehört dazu. Bei der Geschichte vom Weinberg des Bauern Nabot spielen dazu noch so einiges mit hinein, was nicht gerade die Sonnenseiten menschlicher Charaktere aufzeigt. Dazu in der Predigt mehr.

Die Lieder heute habe ich fast alle aus dem kleinen, neuen Gesangbuch ausgesucht und auf den weißen Blättern finden Sie wieder alle Hinweise für den Gottesdienst.

Lassen Sie uns nun beginnen im Namen Gottes, der alles Leben erschaffen hat, der seine Liebe in Christus unter uns gelebt hat und der mit seinem Heiligen Geist Freiheit und Gerechtigkeit stärkt. Amen.

Klagegebet

Wir klagen dir Gott, unsere Streitigkeiten, unsere Rechthaberei, unser Rosinenpicken auf Kosten anderer.

Wir klagen dir die Habgier und den Neid unter uns Menschen, die uns zu Lügen verleiten.

Wir klagen dir wachsende Gewaltbereitschaft und Herrschsucht mancher, die Verantwortung für andere tragen.

Wir machen uns Sorgen um die Welt, um das Klima, um die Zukunft.

Wir sind auch traurig, dass wir deine Gebote der Freiheit oft links liegen lassen.

Darum bitten wir:

Gem.: Kyrie eleison

Gnadenwort

Gott lässt Gnade walten über denen, die ihn fürchten, und wer der Gerechtigkeit und Güte nachjagt, der findet Leben, Gerechtigkeit und Ehre. Das ist Gottes Wunsch für uns. Darum singen wir:

Gem.: Allein Gott…

Eingangsgebet

Guter Gott,

wir danken dir, dass du uns den Sonntag und den Gottesdienst schenkst, wo wir vom Alltag Abstand gewinnen und unser Leben neu betrachten können. Das hilft uns, wenn wir uns in Sorgen verrannt haben.

Das hilft uns, dankbar zu sein, wenn wir etwas Schönes erlebt haben, das hilft uns das Leben insgesamt zu verstehen und zu ordnen.

Wir danken dir für deine liebevolle Sicht auf uns, die uns den Mut macht, dass wir uns auch dem Unbequemen und dem Scheitern stellen können.

Lass uns von dir lernen aus der Liebe zu leben. So sei uns nahe heute hier im Gottesdienst und segne unser Reden und Tun. Das bitten wir dich im Namen Jesu, unserem Freund und Bruder. Amen.

Lesungen und Bekenntnis siehe Gottesdienstablauf

Predigt

Gnade sei mit uns und Friede von Gott. Amen.

Liebe Gemeinde!

Das Leben schreibt Geschichten. Viele Geschichten, zum Glück viele schöne. Aber nicht alle sind so, dass wir mit ihrem Ende einverstanden sind oder mit dem Verhalten der einzelnen Charaktere und schon gar nicht mit der Handlung, die uns manchmal traurig macht und manchmal zur Weißglut bringt.

In der Bibel sind Geschichten aus dem Leben von Menschen aufgeschrieben. Doch die Menschen, die die Bibel geschrieben haben, schreiben sie als Glaubensgeschichte auf, denn Gott und unser Leben sind untrennbar verknüpft. Die Geschichten weisen uns deshalb auf Gottes Willen hin, woraus wir dann lernen können, – zumindest mal drüber nachdenken.

Immer wieder stellen sich die biblischen Geschichten als aktuell heraus. Ich bin geneigt zu sagen, weil sie Lebensmuster widerspiegeln, aus denen Menschen, wir, leider immer noch nicht oder kaum oder nur punktuell gelernt haben.

Die Geschichte, die wir heute dazu hören, ist dazu eine Novelle mit ganz vielen Anspielungen auf unsere menschlichen Schwächen, unsere Hinterlistigkeit und sogar Skrupellosigkeit, auf unsere Energie, unseren Vorteil voll und rücksichtslos auszuschöpfen. Sie spielt im 9. Jahrhundert vor Christus.

Im Konfirmandenunterricht ist diese Geschichte ein fester Bestandteil beim Thema „Die 10 Gebote“. Mehr als 5 der Gebote klingen hier an. Ich lese jetzt die Geschichte, vielleicht kommt Ihnen dazu schon das ein oder andere Gebot in den Sinn.

Lesen 1. Könige 21,1-16 (Geschichte lesen bis Ahab den Weinberg in Besitz nimmt.)

Ein Kleinbauer verliert sein Land gegen einen Großgrundbesitzer, eine Geschichte, die sich tausendfach wiederholt.

In Jesreel hatte Ahab seine Winterresidenz. Er hat ein Auge auf den Weinberg geworfen und will den unbedingt haben als Gemüsegarten. Das Stück Land und kein anderes. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Knecht, Magd, Vieh und alles was sein ist, das 9+10. Gebot. Ahab vergisst das, aber er macht Nabot immerhin ein gutes Angebot.

Wider Erwarten lehnt Nabot ab. Ganz schön mutig so gegen den König zu entscheiden. Aber die damalige Rechtsprechung war auf Nabots Seite. Wenn es um den Besitz eines Bürgers ging, waren dessen Rechte darauf stärker als der Wille des Königs. Nabot achtet mit dieser Entscheidung das Vermächtnis seiner Familie. Das 4. Gebot: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.

Leider sind immer wieder Menschen, die in solch einer großen Verantwortung stehen wie Ahab, manchmal wie kleine Kinder, vielleicht verwöhnt und narzisstisch. Ahab verkriecht sich – wie ein bockiges Kind – in sein Bett und will nichts mehr essen und keinen sehen. Kein vertrauenswürdiger König, finde ich. Und er hat Israel immerhin 19 Jahre regiert.

Seine Frau Isebel, die einen anderen Glauben hat und sich den Gesetzen Israels nicht verpflichtet fühlt, bringt seine Macht ins Spiel: DU bist doch der König! Und sie hat schon einen Plan. Und was für einen!

Wozu Feiertage nicht alles gut sein können? Sie ruft einfach ein Fasten, einen Bußtag, aus. 3. Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen. Doch von Missbrauch von Feiertagen will Gott nichts wissen. Nabot wird als Ehrengast eingeladen und dann verleumdet von falschen Zeugen. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wieder deinen Nächsten (8.Gebot). Nabot hat Gott und dem König geflucht! Behaupten die gekauften Männer. Also wurde das zweite Gebot gebrochen, angeblich. Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen. Und dann erfolgt gleich die Todesstrafe. Steinigung. 5. Gebot: Du sollst nicht töten.

Keiner scheint Nabot beizustehen. Alle Anwesenden spielen das Spiel mit. Praktischerweise fällt der Besitz eines zum Tode verurteilten Menschen automatisch dem König zu. Ahab hatte seinen Weinberg. Damit hat er nichts anderes, als das Land gestohlen. 7. Gebot: Du sollst nicht stehlen.

Insgesamt erzählt die Geschichte, wie ausgehöhlt die Rechtsprechung in Israel unter Ahab gewesen sein muss. Wer nicht Gott, sondern sich selbst an erste Stelle setzt, verstößt gegen das 1. Gebot: Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Doch mit Korruption ließ und lässt sich da Manches regeln.

Sieben Gebote werden berührt in dieser traurigen Geschichte.

Doch die Bibel macht hier keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt.

Fortsetzung lesen 1. Könige 21,17-24

Ahab erschrak nach diesen Worten Elijas. Mit diesem Propheten Gottes hatte er schon oft Streit, so dass Elija sich vor Ahab sogar verstecken musste. Aber diesmal bereute Ahab sein Tun ernsthaft, und deshalb durfte er noch einige Zeit König bleiben. Dann aber starb er im Krieg und sein Sohn Joram wurde König, der bei einem Putsch genau auf dem Grundstück von Nabot ums Leben kam. Und Isebel wurde während des Putsches von der Zinne der Stadtmauer gestoßen und ihr Blut wurde, wie Elija angekündigt hatte, von den Hunden aufgeleckt.

Mit dieser Geschichte von Nabots Weinberg haben wir weit mehr als ein Beispiel für die Erzählkunst damals. Die Autoren, die diese Gottesgeschichten gesammelt haben, wollten Folgendes klar machen: Gott schweigt nicht! Hier ist er sogar so streng gegen die Rechtsbrecher, dass er die Macht einer ganzen königlichen Familie auslöscht. Gott wacht über die Rechtsprechung. Und der Mord an dem kleinen Weinbauern Nabot lässt sich vor Gott nicht vertuschen.

Ahab hatte kein Respekt vor dem alten Erbe, weder vor der Einstellung Nabots zum Erbe der Familie noch vor dem zentralen Erbe Israels, den 10 Geboten. Und das führt zu keinem guten Ende.

Schaue ich auf diese Geschichte, hätte ich mir ein Einschreiten Gottes natürlich vor der Steinigung Nabots gewünscht. Trotzdem mag ich die Geschichte. Sie zeigt, wie wichtig der Respekt vor den Geboten ist, um in Freiheit leben zu können. Und sie zeigt genau auf, wie rasch alles zugrunde gehen kann, wenn wir Gottes Gebote missachten. Das bedeutet, so zeigt es die Geschichte gut, dass die Abkehr von Grundwerten auch Folgen für die nächste Generation hat. Und das kennen wir auch, ob es bei Konflikten durch Streit in der Familie ist, durch Krieg oder Umweltzerstörung oder verheerende Politik, es wird die Folgegenerationen mitbestimmen.

Dazu erleben wir auch heute noch viele traurige Geschichten gerade bei Thema Gerechtigkeit. Wir erleben einen massenhaften Landraub in Afrika oder Lateinamerika. Korruption ist in vielen Ländern ein großes Problem, z.B. da deshalb so oft Hilfe nicht da ankommt, wohin sie gedacht war, oder auf Kosten anderer spekuliert wird. In Bukarest demonstrieren die Menschen gerade gegen Korruption. Auch halten sich undemokratische und verletzende Strukturen, wenn Menschen sich kaufen lassen. Und wir können heute die Frage von Pilatus: ‚Was ist Wahrheit?‘ gar nicht oft genug stellen. Denn wenn etwas behauptet wird, gesagt, oder schwarz auf weiß geschrieben oder getwittert, stimmt es oder bleibt es noch lange nicht. Und das verunsichert.

Aber auch die Schweiger in der Geschichte von Nabot tragen eine Mitschuld. Das bedeutet, selbst wenn wir uns bei Ungerechtigkeiten raushalten, tragen wir eine Mitverantwortung. Auch das ist ein wichtiger Aspekt der Geschichte.

Gott macht auf jeden Fall da, wo wir einen Punkt setzen und meinen, die Geschichte sei zu Ende, einen Doppelpunkt. Es rächt sich, wenn wir den Werten der 10 Gebote den Rücken zukehren. Es rächt sich, wenn sich Verantwortliche nicht mehr ernsthaft einer übergeordneten Größe verpflichtet wissen, und genauso, wenn es viele mundtote Mitläufer gibt. Und das gilt überall: privat, wo vieles totgeschwiegen wird, was Schlimmes im häuslichen Bereich passiert, im Beruf, wo in Betrieben ein schlechtes Klima herrscht mit viel Druck von oben nach unten, oder in der Politik oder der Wirtschaft, die in der Gefahr sein können, Menschenrechte und den Erhalt der Schöpfung zu vergessen.

Freiheit braucht Grundgebote und eine faire Rechtsprechung. Und Freiheit braucht Menschen, die für diese Werte einstehen. Daran erinnert uns die Geschichte von Nabot.

Die 10 Gebote sind ein unendlich kostbares Grundgerüst. Und ich glaube, es ist eine gute Anregung, wenn wir uns vornehmen, unsere Lebensgeschichte mit diesem Fundament zu schreiben. Dann haben wir mehr Chancen auf schöne Lebensgeschichten für uns und andere. Amen.

Fürbittengebet

Gerechter Gott,

wir sehnen uns nach einer Welt,

in der ein Wort wieder gilt,

in der Wahrheit eine Tugend ist

und Hilfsbereitschaft oberstes Gebot.

Lass mit deiner Hilfe aus dieser Sehnsucht Taten wachsen.

Wir denken an all die vielen Menschen, die unter Unrecht leiden.

An die Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden,

und das gilt auch für viele Christen,

wir denken an Menschen, denen ihre Würde geraubt wird,

an Kinder, die Sklavenarbeit tun,

an ausgebeutete Arbeiterinnen und Arbeiter,

an die Menschen, denen eine Stimme in der Gesellschaft fehlt

und deren Rechte deshalb auf Eis liegen.

Wir machen uns auch Sorgen, wenn Menschen,

die in Verantwortung stehen, dieser nicht gerecht werden.

Wir haben Angst vor denen, die um ihre Macht zu behalten, ihre Macht missbrauchen.

Gott, wir sind traurig darüber,

dass es immer noch in vielen Ländern die Todesstrafe gibt

und diese auch angewendet wird.

Wir trauern dabei besonders um die Opfer,

die wegen ihrer eigenen Meinung verurteilt werden.

Gott, wir bitten dich für uns selbst, dass wir uns nicht mundtot machen lassen,

dass wir keine Duckmäuser werden, weil wir damit Unrecht stärken

und Menschen, die uns brauchen, nicht beistehen können.

Wir bitten dich auch um mehr Respekt untereinander.

Und wir danken dir für die 10 Gebote, den Grundstock der Menschenrechte,

und danken dir für eine unabhängige Rechtsprechung in unserem Land.

Gott, alles was uns im Herzen umtreibt, Sorgen und Freuden, unsere Lebensgeschichte und die anderer, und die Menschen, die wir lieben, nehmen wir mit hinein in das Gebet, das Jesus uns geschenkt hat.

Vater unser

Sendung und Segen

Gott, lass uns als Gemeinde wie gute Freunde zusammenhalten, stärke unsere Gemeinschaft untereinander und mit dir. Lass unsere Herzen und unser Miteinander mit Freude erfüllt sein. Lass uns zusammen träumen, beten und arbeiten an der einen Welt voll Geborgenheit, Liebe und vertrauen.

So bitten wir um deinen Frieden.

Gott segne dich und behüte dich.

Gott lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

© Anke Dittmann

Stadtrand

magere Hunde

hungrig, ohne Herren

suchen auf der Halde

zwischen Müll

etwas zu fressen

und sie stecken ihre Nasen

in die Asche

knurren resigniert

sie suchen und sie finden nichts

so springen sie über das Gerümpel

beißen in die alten Schuhe

spielen Ball mit Puppenköpfen

bis es dunkel wird

dann schlüpfen sie

durch das Loch im Maschendraht

und ziehen jaulend

über die Gleise bei den alten Güterzügen

und bewohnen

die menschenleeren Gassen

zwischen den Baracken

©Anke Dittmann

Seniorenadventstagesschau

Programmpunkt für eine Adventsfeier

Im Vorfeld werden die Senioren/innen gebeten, lustige Sprüche und Lebensweisheiten auf kleine Blätter zu schreiben. Diese werden dann gezogen und an der genannten Stelle als Text eingebaut.

 

Guten Tag meine Damen, herzlich willkommen zur Seniorenadventstagesschau!

  1. NN. In der Kirchengemeinde NN versammeln sich heute die Senioren zur Adventsfeier. Es sind (fast) nur Frauen. In froher Runde sitzen sie zusammen und freuen sich an Kaffee und Kuchen, Liedern und Geschichten. Auf die Frage, was die Nachmittage ausmacht, antwortete die Leiterin Frau N: (Zettel)

NN Rathaus. Im Bürgerbüro sind verschiedene Anfragen eingegangen, aus welchem Land die dickbäuchigen Männer mit den weißen Bärten und dem roten Mantel kommen. In dieser Jahreszeit wären sie vermehrt zu sehen. Manchmal würden sie sogar etwas aus ihrem Reisegepäck, einem einfachen Jutesack, anbieten. Die Angestellten im Bürgerbüro wiesen darauf hin, dass diese Männer kein Asyl beantragt hätten, sondern sich nur vorläufig vor Ort aufhielten. Es gehe in der Regel keine Gefahr von Ihnen aus. Frau NN aus dem NN-weg, sagte daraufhin erleichtert: (Zettel)

Kirche NN. Der Tannenbaum für die Festtagsgottesdienste in NN stammt in diesem Jahr aus NN. Es ist so groß, dass vier Männer nötig werden, ihn in die Kirche zu tragen. Der Tannenbaum, der sich schon sehr auf seine Aufgabe in der Kirche und auf das Geschmückt-werden freut, sagte kurz vor seiner Abholzung: (Zettel)

Kultur. Auch in dieser Adventszeit finden wieder Konzerte und besondere Gottesdienste in der Kirche statt. Es gab so viel Anfragen, dass der Kirchengemeinderat zur Stunde darüber berät, die Adventszeit auf 6 Sonntage zu verlängern. Frau NN aus dem Kirchengemeinderat hat uns direkt vor der Sendung über den Stand der Diskussion informiert: Die Zeichen stehen positiv für eine Verlängerung der Adventszeit, es wurde sogar der Vorschlag aufgegriffen, die Adventszeit auf 8 Wochen zu verlängern, dafür werden Karfreitag und der Volkstrauertag zusammengefasst wie auch der Ewigkeitssonntag und der Reformationstag. Es werde auch überlegt, die Feiertage von 2 Weihnachtstagen auf 4 Feiertage zu verlängern, um Besuchsstress in Familien zu vermeiden. Von den Geschäften wurde eine Verlängerung der Adventszeit begrüßt. Pastorin NN sagte dazu: (Zettel)

Zurück zum Rathaus. Noch in der Vorweihnachtszeit wurde vom Plattdeutschen Lesekreis ein Antrag gestellt, einen Tag in NN einzurichten, an dem alle nur Plattdeutsch sprechen dürfen. Auch werde über einen Plattdeutschkurs für Flüchtlinge nachgedacht. Die Gemeinde hat dies grundsätzlich wohlwollend aufgenommen. Wie aus heimlichen Beobachtungen zu entnehmen ist, übt unser Bürgermeister nun jeden Abend das Lied „Stille Nacht“ auf Plattdeutsch. Die Aussprache lässt noch zu wünschen übrig. Unsere Plattdeutschexpertin Frau NN sagte dazu: (Zettel)

Und nun zum Wetter: Wie immer ist es vor und nach dem Regen trocken. Und für den Heiligabend ist leider kein Schnee in Sicht. Die Temperaturen sind für die Jahreszeit zu hoch, aber die Feuchtigkeit lässt uns dennoch frieren. Im Norden ist mit Sturmböen zu rechnen, die wehen, wie sie wollen. Das Wetter im Süden interessiert keinen. Unser Wetterfrosch gibt uns zum Abschluss folgenden Tipp für die kommende Woche: (Zettel)

Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Nachmittag und eine schöne Adventszeit, bis zum nächsten Mal!

© Anke Dittmann

Goldene Konfirmation – Nachrichtensendung

Nachrichtensendung – Programmpunkt für die Goldene Konfirmation

Im Vorfeld schreiben die Jubilare Sprichwörter oder Redewendungen auf Zettel, diese werden eingesammelt und gefaltet. Während der Nachrichten wird an den benannten Stellen ein Zettel gezogen und vorgelesen. Es ergeben sich viele lustige neue Zusammenhänge.

Der Text muss in manchem auf die eigenen Gemeinde abgestimmt werden.

(NN- Name der eigenen Gemeinde) Nachrichten

Heute am Sonntag Trinitatis treffen sich in NN die Goldenen und Diamantenen Konfirmanden. Schon im Vorfeld war die Aufregung und Vorfreude groß, weil sich viele angemeldet hatten. Ständig gingen Briefen ein oder es kamen Nachfragen per Telefon. Die Sekretärinnen Frau NN und Frau NN nahmen die Anmeldungen entgegen und meinten: (Zettel)

Vor 50 und 60 Jahren war vieles in der Gemeinde noch anders. Das Dorf ist seitdem viel größer geworden und die Kirchengemeinden NN und NN haben sich abgespalten. Spricht man mit Menschen auf der Straße über alte Zeiten sagen sie: (Zettel)

Die alte Feldsteinkirche ist aber Mittelpunkt geblieben. Nach der großen Renovierung steht sie da im neuen Glanz. Über drei der vier Eingänge findet sich ein besinnliches Wort. Nun soll überlegt werden, welches Wort vorn am Haupteingang ergänzt werden soll. Die Jubilare der Konfirmation machen dazu folgenden Vorschlag: (Zettel)

Bei wunderbarem Wetter genießen die Jubilare das schöne Außengelände um die Kirche und die angebotenen Kirchenführung. Der Kirchenführer Herr NN beschließt seine Führung mit einem Wort, das er den Jubilaren unbedingt mitgeben möchte: (Zettel)

Auch die Erinnerung an alte Pastoren ist noch sehr lebendig. Viele Geschichten kursieren und aus manchem Gerücht sind schon feststehende Geschichten geworden. Einige verklären auch die gute alte Zeit. Auf die Frage, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an ihren Konfirmandenunterricht früher denken, sagte eine Jubilarin: (Zettel)

Beim Treffen im Gemeindesaal gibt es auch einen regen Austausch über Inhalte im Konfirmandenunterricht damals und heute. Pastor/in NN möchte gern wissen, was bei den Konfirmationsjubilaren noch so hängengeblieben bist. Auf die Fragen, wie eines der 10 Gebote lautet, antworten die Anwesenden: (Zettel) und bei Nachfrage, welches Wort von Jesus besonders beeindruckend gewesen sei, kam die Antwort: (Zettel) Pastor/ibn NN zeigt sich überrascht über die vermittelten Inhalte.

Heute werden im Unterricht viele Methoden und kreative wie spielerische Elemente eingebaut und die Jugendlichen gestalten selber einen Gottesdienst. Die Jubilare schlugen für einen Gottesdienst der heutigen Konfirmanden folgendes Motto vor: (Zettel)

Nach vielen Eindrücken und nettem Austausch von Erinnerungen verabschiedeten sich die Gäste gegen Abend mit den Worten: (Zettel)

Daraufhin entschieden sich die Verantwortlichen, die Veranstaltung in einigen Jahren gern zu wiederholen. Wir von den NN Nachrichten werden gern wieder dabei sein, denn unser Motto ist: (Zettel)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

© Anke Dittmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Hochzeit zu Kana

Eine Erzählpredigt für einen Familiengottesdienst   

Simon war acht Jahre alt, als er das erste Mal mit seinen Eltern zu einer Hochzeitsfeier mitkommen durfte. Er war stolz darauf und fühlte sich groß. Außerdem nahm er sich vor, dass er alles genau beobachten wollte, denn er war neugierig darauf, wie so eine Hochzeitsfeier wohl ablief.

So ging er nach der Mittagshitze mit seinen Eltern zu Fuß in das kleine Nachbardorf Kana. Etwa zwei Stunden gingen sie. Aber Simon wurde nicht müde, er war zu aufgeregt.

Als sie ankamen, waren schon viele andere Gäste im Haus des Brautpaares. Es war voll an den Tischen. Und die Tische waren reich gedeckt. Es gab Brot und Trauben, Fisch und Fleisch. Die Gäste tranken Wein und die Bediensteten des Hauses liefen hin und her, um die Gäste zu versorgen.

Kaum hatte Simon am Tisch Platz gekommen, er saß etwa dem Brautpaar gegenüber, da begann auch Musik zu spielen und sie sangen viele fröhliche Lieder. Simon beobachtete das Brautpaar, das etwas schüchtern am Tisch saß. Er sah sich genau die fröhlichen Gesichter der Gäste an und er versuchte, die Lieder mitzusingen und die Texte zu verstehen. Ihm gefiel dies Fest. Und er spürte, wie wichtig dieser Tag für die Brautleute war.

Auf einmal unterbrach die Musik für einen Moment. Simon drehte seinen Kopf in die Richtung, in die nun alle sahen. Ein Mann hatte den Raum betreten, gefolgt von einer älteren Frau und anderen jungen Männern.

„Das ist Jesus“, flüsterte einer. „Jesus aus Nazareth, der Sohn der Maria.“ Und die Art, wie dies gesagt wurde, machte Simon neugierig auf diesen Mann. Jesus hob die Hand zum Gruß und wurde freudig aufgenommen wie alle anderen Gäste auch. Er nahm am Tisch Platz, aß und trank und redete freundlich mit den Menschen. Nichts Aufregendes geschah.

Gerade als Simon das Interesse an ihm verloren hatte, bemerkte er, dass Maria, Jesu Mutter, zu ihrem Sohn kam und ihm aufgeregt etwas ins Ohr flüsterte. Jesus winkte ab, als er wollte er ihr sagen: „Mach dir keine Sorgen.“ Doch bemerkte Simon kurz danach auch Unruhe unter den Gästen. Und die Bediensteten kamen nicht mehr unablässig gelaufen, um nachzuschenken.

Simon stand leise vom Tisch auf. Er wollte dieser Sache auf den Grund gehen. So verließ er den Hochzeitsraum und ging in die Kammer, wo alle Speisen bereitgehalten wurden. Dort hörte er zu, was die Diener aufgeregt besprachen.

„Was sollen wir tun?“, fragte einer der Diener. „Aller Wein ist ausgeschenkt. Kein einziger Tropfen ist mehr in den Krügen. Was sollen wir nun den Gästen anbieten?“

Die Diener waren ratlos. „Draußen werden es bald alle wissen“, meinte ein anderer. „Und dann ist es mit der Hochzeitsfreude vorbei.“

Doch kaum hatte er das gesagt, da kam auch schon Jesus zu den Dienern heraus. In seinem Gesicht lag keine Aufregung. Er sah ganz ruhig aus, als wüsste er genau, was er tun wollte. Simon war gespannt, was jetzt passieren würde.

Jesus zeigte auf sechs große Steinkrüge, die an der Tür standen. Es waren keine Weinkrüge, nur leere Wasserkrüge.

„Füllt die Krüge mit Wasser!“, sagte Jesus zu den Dienern. Sie schauten ihn verwundert an, taten aber, was er gesagt hatte. Bis zum Rand füllten sie die Krüge mit Wasser.

Simon überlegte, was Jesus wohl vorhatte? Wozu brauchte er so viel Wasser?

„Nun schöpft daraus!“, sagte Jesus. „Und bringt es dem Speisemeister, damit er davon kostet.“

Wieder gehorchten die Diener. Sie füllten einen Becher ab und brachten ihn dem Speisemeister. Der nahm den Becher und trank.

„Oh!“, rief er dann erstaunt. „Was für ein köstlicher Wein! Wo habt ihr ihn her?“ Und er holte schnell den Bräutigam und sagte ihm: „Sieh, dieser Wein ist ja viel besser als der vorige Wein! Warum hast du diesen Wein bis jetzt aufgespart?“

Doch der Bräutigam wusste nicht, woher der gute Wein kam. Nur die Diener und Simon wussten es. Wasser hatten die Diener in die Krüge geschüttet und Wein hatten sie herausgeschöpft. Dieser Jesus hatte ein Wunder getan.

Simon stand immer noch in der Speisekammer. Er war ein wenig durcheinander, denn er konnte sich nicht erklären, wie Jesus dieses Wunder getan hatte. Staunend blickte er den Mann Jesus an, als er an ihm vorbeiging, um den Raum zu verlassen. Jesus blieb dieser Blick von Simon nicht verborgen. Kurz blieb er bei ihm stehen, lege ihm die Hand auf den Kopf und lächelte ihm freundlich ins Gesicht. Simon überkam dabei das Gefühl, dass dieser Mann noch viel mehr tun konnte, als das, was er hier beobachtet hatte.

Ohne großes Aufsehen ging Jesus wieder in den Hochzeitsraum. Und in den kommenden Stunden wurde das Fest noch viel fröhlicher als zuvor. Alle tranken von dem köstlichen Wein und wunderten sich, woher er wohl kam. Jesus saß mitten unter den Leuten und freute sich an deren Freude. Und sie feierten bis weit in die Morgenstunden hinein.

Als Simon mit seinen Eltern nach Hause ging, fragte ihn sein Vater: „Simon, bist du gar nicht müde?“ Simon schüttelte den Kopf. Aber er sagte nichts. Mit seinen Gedanken war er noch ganz bei diesem Mann aus Nazareth. Er spürte, dass er mehr erlebt hatte als eine Hochzeitsfeier. Und ihm gefiel dieser ruhige, freundliche Wundertäter, den sie Jesus nannten.

Anke Dittmann ©️

Liedstrophe für Trauerfeiern nach dem Lied: Herr, deine Liebe

nach den ersten beiden Strophen EG 623 passt diese bei Trauerfeiern

3. Herr, deine Liebe, sie wird uns erlösen

von Angst und Sorgen, Trauer und dem Tod.

Liebe, die weiter reicht als unser Leben.

Liebe, die neues Leben schenken kann.

Herr, deine Liebe, ist wie Gras und Ufer,

wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus.

 

 

 

Ist der Himmel dir Schutz und Schirm

Liedtext: Ist der Himmel dir Schutz und Schirm

 

1. Spürst du kalten Wind im Gesicht

und hast du Träume, die dir Angst einjagen,

spricht Gott: Fürchte dich nur nicht,

ich will dich durch alle Zeiten tragen.

Ich bin da, wo du auch bist,

selbst wenn du mich mal vergisst,

ist mein Himmel dir Schutz und Schirm.

 

2. Ging dir wieder mal etwas schief,

hat man dich ausgelacht und stehn` gelassen,

denk daran, du stürzt nicht zu tief,

denn unser Gott wird dich nicht fallen lassen.

Er ist da, wo du auch bist,

selbst wenn du ihn mal vergisst,

ist sein Himmel dir Schutz und Schirm.

 

3. Wenn eine schlimme Nachricht bedrückt

und du alleine bist und unverstanden,

verspricht Gott, dass er Engel schickt,

sie stärken dich, Hoffnung ist auferstanden.

Sie sind da, wo du auch bist,

selbst wenn du sie mal vergisst,

ist ihr Himmel dir Schutz und Schirm.

 

© Anke Dittmann – Melodie dazu auf Anfrage erhältlich

 

 

Mein Weg

 

Ein Weg

tut sich auf

dabei war doch gerade noch

eine Mauer da

eine Klagemauer

voller Selbstzweifel und Angst

beschrieben mit: „Das schaffst du nie“

und: „Das ist eine Nummer zu groß für dich“,

„Mach‘ dich nicht lächerlich“.

Und nun ist die Mauer

zur Seite geräumt

Stein für Stein

schneller, als ich es mir erträumt habe,

weil einer gesagt hat:

„Ich mag dich“,

„Du schaffst das“,

„Ich stehe dir zur Seite“,

„Versuch‘ es einfach“.

Und ich gehe

an den Steinen vorbei

lasse sie hinter mir

und bin gespannt

neugierig.

Der eröffnete Weg

öffnet mich.

Gott sei Dank.

©Anke Dittmann 25.5.2018

verloren

 

du hast mich überfallen

und besiegt

niedergestreckt

wie ein schweres Fieber

 

krank gemacht

ohne Chance zu gesunden

gefesselt

gelähmt

 

du hast meine Träume besetzt

meine Phantasie beschlagnahmt

mein Herz

an dich gerissen

 

noch im Taumel war ich

da bist du gegangen

verloren habe ich

verloren bin ich

 

©Anke Dittmann

 

Da gab es dich auf einmal wieder

Als ich heute Nacht im Traum alles durcheinander geworfen habe, da gab es dich auf einmal wieder. Du hast mir Wein angeboten, doch es war Cola, in fremden Räumen mit schiefen Wänden.

„Das ist doch gar nicht deine Wohnung“, dachte ich noch. Mir gegenüber standst du in deiner bunten Regenjacke mit deinen dicken Lippen und einem breiten Lächeln. Du strecktest mir die Hand entgegen. Ich konnte sie nicht ergreifen.

Dann waren wir plötzlich an einem See mit vielen Menschen. Alle waren nackt, ich auch, du aber nicht. Deine Hand lag auf meinem Busen. Ich schämte mich. Du hast darüber gelacht.

Danach verschwammen die Bilder. Ich wollte dich gern wiedersehen, doch es gelang nicht.

Ich wachte auf. Die Decke hatte ich weggestrampelt wie ein Baby. Ich fror. Tastend suchte ich die Deckenzipfel. Ich wollte kein Licht machen, denn ich wollte den Traum nicht verlieren. Kaum war ich wieder zugedeckt, sank ich in den Schlaf.

Am Rand einer Tanzfläche sah ich mich, wartend, ob einer mit mir tanzen würde. Dabei hörte ich keine Musik. Vor mir bunte Drehungen. Und wieder du, plötzlich aus dem Verschwommenen heraus kamst du auf mich zu. Wir tanzten. Deine Hand, deine Hand, genau spürte ich sie auf meinem Rücken. Du hast nicht gesprochen, lächeltest nur mit deinen dicken Lippen. Nach dem Tanz führtest du mich heraus aus dem Saal, irgendwie, irgendwohin. Nah vor mir standst du, vertraut. Ich wollte dich küssen. Da verschwammen die Bilder. „Nein!“, schrie ich stumm. Weg warst du.

Wieder erwachte ich. Noch genau fühlte ich deine Hand auf meinem Rücken. Ich hielt es nicht aus. Ich umarmte die Decke und wünschte, sie wäre du.

Ich konnte nicht wieder einschlafen, schaltete das Licht an, stand auf, ging umher, setzte mich, schaute durch das Fenster auf die leere Straße, stand wieder auf, ging umher, trank einen Schluck.

Mir war kalt, eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Es sah eklig aus. Ich rieb mit den Händen meine Arme. Es waren meine Hände nicht deine, die mich streichelten. Ich hasste dich dafür.

Ich ging wieder zu Bett. Schlaflos lag ich im Dunkel, versuchte an anderes zu denken. Gegen Morgen schlief ich ein, kurz bevor ich aufstehen musste. Wie gerädert fühlte ich mich, als der Wecker klingelte und das Radio anging. Die Nachrichten rauschten an mir vorbei. Alles war eine Qual. Irgendwie saß ich dann doch noch zeitig im Auto, fuhr los, arbeiten.

Als ich mein Auto auf dem Parkplatz abschloss und mich umdrehte, standst du auf einmal da.

„Ein Traum“, dachte ich.

„Hallo“, sagtest du und gabst mir nicht die Hand. „Geht´s gut?“

Ich nickte.

„Habe dich zufällig gesehen“, sagtest du. „Wollte nur mal ‚Guten Tag‘ sagen. Meine Freundin wartet dahinten.“ Du zeigtest irgendwohin. Ich sah nur das breite Lächeln deiner dicken Lippen.

Ich wusste nichts zu sagen.

Auf einmal warst du weg. Ich stand allein und sagte: „Guten Tag.“

 

© Anke Dittmann

So ein Zufall

Worte der Kinder für die Geschichte für die 3.Klasse an der Grundschule Ratekau

Auto, Straße, Maus, Oleg, Haus, fahren, Schule, Hausaufgaben, Kaninchen, Hund, Spiel, Würfel, Handball, Käse, Banane, Handgranate, Kreuz, Maschinengewehr, Fußball, Atombombe, Eis, Hamster, Eichhörnchen, Pferd, Bombenwerfer, Panzerfaust, Schwert, Tod

So ein Zufall                                                         

Nur widerwillig hatte sich Mats ins Auto gesetzt, denn jetzt hieß es endgültig Abschied nehmen. Warum musste sein Vater sich auch einen anderen Job suchen und dann noch in einer so weit entfernten Stadt! Mats wollte nicht umziehen. Aber er war ja nicht gefragt worden. Es sei gerade günstig, hatte seine Mutter gesagt, da er ja nach der vierten Klasse sowieso die Schule wechseln würde. Er wäre aber viel lieber mit seinen Kumpels zusammen in die Gesamtschule gegangen. Das war echt ein harter Abschied gestern Abend von seinem besten Freund Oleg. Geweint hat natürlich keiner, sie sind ja beide harte Jungs, aber schwer geschluckt haben sie und sich versprochen, ihr Leben lang in Kontakt zu bleiben.

Ihre alte Wohnung lag jetzt schon weit hinter ihnen. Sie hatten die Landstraße verlassen und fuhren nun am nächsten Straßenkreuz auf die Autobahn. Seine Mutter fragte Mats, ob er etwas essen möchte und reichte ihm eine Banane. Aber Mats fühlte sich eher so, als hätte ihm gerade jemand ein Schwert in die Magengegend gerammt. Eine Banane wäre jetzt sein Tod. Er winkte ab.

„Ich freue mich auf unser neues Haus“. Mit diesem Satz versuchte seine Mutter die Stimmung im Auto zu heben, denn sie waren alle traurig. „Dein neues Zimmer, Mats, ist ja viel größer als das in der Wohnung.“

„Hm!“, grummelte er nur und nickte. Klar, das neue Zimmer war klasse und aus der Wohnung in ein kleines Reihenhaus zu ziehen, war mehr als okay. Aber, warum musste es so weit weg sein!

Mittlerweile waren sie schon zwei Stunden auf der Autobahn und sein Vater fuhr an die nächste Raststätte, Pause und Fahrerwechsel.

Mats bummelte mit seinen Eltern durch den Shop bei der Tankstelle. „Such dir etwas aus“, hatte sein Vater gesagt, um ihn aufzumuntern. Mats schlenderte beim Plastikspielzeug vorbei. Von seiner Stimmung her hätten jetzt ein Maschinengewehr oder besser noch eine Panzerfaust gut gepasst, weil er in sich so wütend war und traurig. Aber es gab nur eine Gummihandgranate. Und Mats wusste, das war eigentlich alles Quatsch und hier viel zu teuer. So entschied er sich für ein kleines Würfelspiel. Der Umzug war auch ganz schön teuer gewesen und er wusste, dass das Geld noch knapp war, trotz des neuen Jobs. Seine Eltern kauften eine Sportzeitung, denn sein Vater war ein Handballfan, und ihm kauften sie noch ein Eis. Er aß es, obwohl er keinen Hunger hatte.

Als sie zum Wagen zurückgingen, entdeckte Mats einen großen Hund, der an einem Laternenpfahl angebunden war. Er hatte ein langes schwarzes Fell und sah ganz niedlich aus. Als der Hund Mats bemerkte, stellte er die Ohren auf. Am liebsten wäre Mats auf den Hund zugegangen und hätte ihn gestreichelt. Aber Mats wusste, bei Hunden muss man vorsichtig sein, man weiß ja nie. Ob ihn vielleicht jemand vergessen hatte oder ausgesetzt? Manche Menschen sind ja so gemein. Wenn ihn jemand ausgesetzt hat, könnten sie ihn vielleicht mitnehmen? Mats begann zu träumen. Wie schön wäre es, wenn er den Hund mitnehmen könnte. Dann wäre er nicht so allein in der neuen Umgebung.

„Du kannst ihn gern streicheln“, sagte da auf einmal eine Stimme hinter ihm. Mats fuhr zusammen. „Also er ist eigentlich eine sie und ganz lieb. Sie hat noch niemandem etwas getan.“ Mats dreht sich zu der Stimme um. Sie stammte von einem Jungen etwa in seinem Alter. Ohne zu antworten näherte sich Mats vorsichtig der Hündin und streichelte sie. Sie legte ihren Kopf dabei ein Stück zur Seite in seine Hand. „Sie mag dich“, sagte der Junge. „Jetzt müssen wir leider weiter, sonst hätten wir noch zusammen mit ihr spielen können.“

Mats nickte, aber sagte nichts. Schade, dachte er nur.

Als sie wieder weiterfuhren, fragte er seine Eltern: „Kann ich einen Hund haben?“ „Um Gottes willen“, rief da seine Mutter. „Du weißt doch, Papa hat eine Tierhaarallergie.“ Ach ja, daran hatte er nicht mehr gedacht, deshalb war ja schon sein Wunsch nach einem Hamster oder einem Kaninchen gescheitert. Und weiße Mäuse hatte Mama ihm verboten. Es hatte sich wohl alles gegen ihn verschworen.

Missmutig schaute Mats aus dem Fenster. Noch weitere zwei Stunden würde die Fahrt dauern, bis sie ihr neues Zuhause erreicht haben würden. Zuhause? Nein, noch konnte Mats sich das nicht vorstellen. Gern hätte er Oleg jetzt an seiner Seite gehabt, aber der war weit weg.

Sein Vater schaltete das Autoradio an. Nachrichten und Verkehrsstudio wollte er hören. Ein Stau – das hätte jetzt gerade noch gefehlt. Von den Nachrichten hörte Mats hinten im Auto nur Wortfetzen „Iran“ und „Atombomben“ und von irgendwelchen Bombenwerfern in Kriegsgebieten. Erst beim Fußball horchte er auf, denn bald begann die Europameisterschaft und er war ein echter Deutschlandfan. Aber noch gab es nichts Spannendes zu berichten.

Endlich erreichten sie ihr Ziel. Nienburg, sein neues Zuhause. Ihr Reihenhaus war am Stadtrand, fast im Grünen. Mats brachte seine Sachen nach oben in sein Zimmer. Im Haus war alles frisch renoviert. Das war einerseits schön und doch zugleich noch kühl und fremd. Mats schaute aus dem Fenster. Das Grundstück grenzte an eine Weide, auf der Pferde standen, und auf dem Baum im Garten entdeckte er ein Eichhörnchen. Und neben an? Was war das?

Mats traute seinen Augen nicht. Das gab es doch nicht. Sofort rannte er die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, öffnete die Terrassentür und sprang fast an den Nachbarszaun. Da lag ein großer schwarzer Hund mit langem Zottelfell. Als Mats erstaunt: „Hallo“ hinüber rief, als könnte ihm der Hund antworten, spitzte dieser die Ohren und kam an den Zaun gelaufen. Mats war sich ganz sicher, dass er keine Angst haben müsse. Er griff durch den Zaun durch und graulte den Hund, der seinen Kopf in seine Hand neigte.

„ Hey, ich glaub es nicht!“, rief da eine Stimme, die er heute schon einmal gehört hatte. „Ihr seid unsere neuen Nachbarn?“ Der Junge kam an den Zaun gelaufen. „Das wäre ja klasse, denn hier in der Reihe sind nicht so viele Kinder. Ich heiße Nico.“ Nico reichte ihm die Hand. “Mats“, sagte Mats und schlug ein. Dann lachte er. So ein Zufall.

Wenig später trafen sich alle im Garten. Die „Nicofamilie“ und die „Matsfamilie“. Und schon am ersten Abend war Mats nicht allein, sondern er erkundete mit Nico und dessen Hündin Sally die Umgebung. Nico kam auch auf die Schule, die er jetzt besuchen würde, dann könnten sie sogar zusammen Hausaufgaben machen. Viel wichtiger war es aber, dass Mats sich nicht mehr allein fühlte. Nach dem Spaziergang spürte er, wie groß sein Hunger war und er verschlang geradezu das Käsebrot, das seine Mutter ihm gemacht hatte. Und morgen? Morgen würde er alles Oleg am Telefon erzählen und dann mit Nico und Sally den Ort erkunden.

©Anke Dittmann 10.06.2012

Wachstumswahn

wir wollen immer weiter voran

immer mehr, immer mehr haben

wir stoßen mit der Weltwirtschaftsspitze an

disputieren über Ein –und Ausgaben

 

das Wichtigste ist für uns der Export

die gesteigerte Inlandsnachfrage

wir produzieren und produzieren in einem fort

Überkapazitäten treten zutage

 

wohin denn nun mit dem Zuviel?

ob Strom, ob Obst, ob Gemüse

die Frage kommt zu spät ins Spiel

umstritten bleibt jede Analyse

 

wir wollen mehr, als wir brauchen

werden auf Konsum getrimmt

wir wollen im Luxus eintauchen,

egoistisch reißt man alles an sich, nimmt

 

für sich, was eigentlich anderen gehört

statt umzudenken, wollen wir besitzen

so haben wir den Großteil der Erde zerstört

ohne menschlich einander zu nützen.

 

©Anke Dittmann

durchstehen

 

zurück in deine Arme

gefunden

verschwunden

ist der Streit

entzweit

hat er uns nicht

 

angstlos in deine Augen

sehen

geschehen

ist, was verletzt

zuletzt

hat doch die Liebe gesiegt

 

Auseinandersetzungen mit dir

durchstehen

sich eingestehen

dass der andere anders ist

bevor man im Zorn vergisst

was unser Zusammensein gründet

 

Anke Dittmann©

 

Predigt Osternacht

Gnade sei mit uns und Friede von Gott. Er segne unser Reden und Hören. Amen.

Liebe Gemeinde!

Der Sabbat nach der Kreuzigung Jesu ist vorbei, mit dieser Nacht bricht der dritte Tag an. Wo mögen die Freunde Jesu, die verbliebenen 11 Jünger und auch seine Jüngerinnen zu dieser Zeit gewesen sein? Es ist noch dunkel in Jerusalem, wie bei uns jetzt. Konnten sie schlafen? Waren die Frauen gedanklich schon bei ihrem Gang zum Grab am Sonnenaufgang? Hatte Jesu Tod Jesu Anhängern die Sprache verschlagen oder mussten sie immer wieder miteinander im Verborgenen darüber reden, weil es so unglaublich war, dass er, Jesus, ihr Retter und Meister, der Messias, gestorben war, und weil es so unglaublich schwer auszuhalten war? Weinte Petrus noch oder Maria Magdalena? Wir wissen es nicht.

Aber wir wissen, dass die Jüngerinnen und Jünger damals noch vor dem Ostergeschehen standen. Sie erlebten diese Nacht noch ohne Hoffnung. Oder erinnerte sich doch der ein oder andere, dass Jesus von seiner Auferstehung gesprochen hatte? Wie sollte das nach der grausamen Hinrichtung möglich sein?

Ich glaube, sie waren im Ungewissen und traurig wie die, die keine Hoffnung haben, wenn jemand gestorben ist. Sie taumelten in eine ungewisse Zukunft, wie wir es in Trauerzeiten selbst spüren, wenn ein Abschied uns die Kraft nimmt, mit den Gedanken in der Realität zu bleiben und der Blick in die Zukunft leer ist. Heute würde man sagen, sie sind traumatisiert. Sie tun mir Leid in diesen Tagen und ich freue mich für sie, dass sie bald Ostern erleben werden.

 

Unsere Situation in dieser Nacht ist anders. Wir blicken nicht in eine leere Zukunft, sondern wir warten auf den Ostermorgen. Wir erwarten etwas. Wir wissen, was kommt. Jesus wird auferstehen. Der Karfreitag, der nicht enden wollte für die Freunde Jesu, hat ein Ende und es wird hell, hoffnungsvoll, das, woran wir glauben und worauf wir hoffen, lebt weiter, breitet sich aus, lässt Menschen aus Notlagen auferstehen.

Und wir warten doppelt, warten auf die Feier des Ostermorgens mit der Auferstehung und warten wie jeden Tag unseres Lebens darauf, dass der neue Himmel und die neue Erde kommen, in denen Gerechtigkeit wohnt.

Bei uns, wo es uns gut geht, ist diese Naherwartung nicht sehr ausgeprägt, bei anderen Menschen, die im Leid leben, im Unrecht, im Krieg kann das ganz anders sein. Zur damaligen Zeit war diese Hoffnung sehr ausgeprägt und die Menschen sorgten sich, als Gemeindemitglieder starben vor Jesu Wiederkehr.

Trotzdem, also auch, wenn es bei uns nicht obenauf liegen mag, ist diese doppelte Erwartung wichtig. Der Ostermorgen, auf den wir uns freuen dürfen, erinnert uns an die Auferstehung, die uns zeigt, selbst nach dem Tod geht es weiter. Das ist unsere Hoffnung bei Abschieden, wenn wir am Grab stehen und die Trennung aushalten müssen. Es ist auch eine Hoffnung für Situationen, die etwas in uns getötet haben. Auch eine Trennung in einer Beziehung kann ein Karfreitagserlebnis sein, eine schwere Enttäuschung, wenn ein Freund mich an andere verraten hat, etwas Persönliches preisgab, was sonst eigentlich keiner wissen sollte, tötet Vertrauen. Eine Entlassung nach vielen langen treuen Jahren in einer Firma ist wie ein Karfreitag, etwa beim reinen Blick auf Gewinnmaximierung. Oder die Nacht vor einer schweren Operation.

Wer dann wieder erwacht und lebt, wer dann wieder auch ohne die Arbeit in etwas Neuem Sinn findet, wer wieder Vertrauen wagt und es als gerechtfertigt erlebt oder den Mut zu einer neuen Beziehung findet, erfährt Ostern. Und wer in solch schweren Tagen bis dahin um Hoffnung weiß, – wer glaubt, dass das nicht alles war, weil da jemand ist, der uns zur Seite steht, der oder die zündet im Dunkel der Nacht solch ein Licht an, wie wir mit der Kerze am Osterfeuer. Und dann warten wir nicht nur auf den Morgen, sondern erwarten auch noch etwas.

Wie gut, dass es diese Auferstehung im Leben auch gibt.

Und die andere Erwartung ist die, dass Jesus, wie wir es im Glaubensbekenntnis sagen werden, wiederkommen wird in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten, und seiner Herrschaft wird kein Ende sein. Die uns geschenkte Welt, in der wir uns bewähren können, wird einmal vergehen und dann umgibt uns ganz und gar das, was Jesus schon mit seiner Liebe vorgelebt hat.

Ich bin dankbar, dass ich die hoffnungslosen Tage der Jünger nicht durchmachen musste, und dass die ersten Christen uns so eindrücklich auf vielfältige Weise die Auferstehung Jesu erzählt haben. Ein überwältigendes Erlebnis, das wir jedes Jahr feiern wie eine Neugeburt.

Der Auftrag des Auferstandenen ist dann klar: Erzählt allen Menschen davon, tauft sie, lehrt sie, breitet die Liebe Gottes aus. Wir sollen also nicht tatenlos warten, sondern haben Anteil daran, Gottes Himmel auf der Erde auszubreiten.

Das ist eine wunderbare Sache und voller Wunder. Thomas Edison hat einmal gesagt: „Wer beim Warten nicht die Hände in den Schoß legt, dem fällt alles zu.“ Solch ein Warten ist kein Stillsitzen, es ist ein dynamisches Warten, ein Erwarten. Und wie schön sind da viele Erlebnisse, wo wir helfen, wo wir vermitteln, wo wir trösten, wo wir den Mund aufmachen für die Stummen, wo wir zusammen feiern.

Für den Weg in den Ostermorgen und auf dem gemeinsamen Weg dem Himmel Gottes entgegen, stärken wir uns heute mit Brot und Kelch. In Erinnerung an den, der zum Sonnenaufgang wieder gelebt hat und zur Stärkung für unser Mittun der Liebe Gottes unter uns. Wir warten hier zusammen in dieser Nacht, die ganz anders als all die anderen Nächte ist, weil sie uns an Befreiung erinnert, an Neuanfänge aus tiefstem Dunkel, an Hoffnung, wo wir sie verloren hatten, und an den, der spricht: „Und siehe , ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Diese Erinnerung und dieses erwartende Warten heute Nacht tun uns gut, besonders für die Zeiten, wo wir in Gefahr sind, Hoffnung zu verlieren. Das Licht, was heute schon entzündet ist, trägt uns in den Morgen. Sie alle können sich nachher solch ein Hoffnungslicht mitnehmen für diese Nacht und für Erfahrungen, wo sie genau diese Botschaft brauchen.

Noch warten wir, es ist dunkel, wir werden noch ruhen bis zum Sonnenaufgang, aber dann freuen wir uns für die Freunde Jesu damals, für alle, die keine Hoffnung mehr haben und für uns. Wir sind nicht im Ungewissen, denn der Herr ist auferstanden. Er lebt und wir mit ihm. Halleluja. Amen.

 

Anke Dittmann ©

 

 

 

 

 

der tag fing dunkel an

der tag fing dunkel an

außen und auch innen

ich fand nichts gutes dran

 

dann dachte ich

ich sitze auf einer großen hand

gott schaukelt mich

 

das gefiel mir und tat gut

ich sah das draußen anders

und bekam lust und mut

 

neue fragen stellte ich mir

meine zeit zu nutzen

und sei es nur heut´und hier

 

anregungen entfalteten sich

ein buch, ein besuch, eine idee,

und es wurde hell endlich

 

ich kuschle mich in gottes hand

er tut mir wohl

hat, was ich brauch´, erkannt

 

der tag fing dunkel an

und wurde immer heller

Gott zeigt mir, was ich kann

 

Anke Dittmann ©

 

 

 

 

 

 

 

nicht von Dauer

 

im Sturm

hattest du noch mein Herz erobert

doch

als der Wind sich legte

gefiel mir das alltägliche Wetter

allein besser

 

 

Anke Dittmann©

Nichts ist so wie letztes Jahr

Eigentlich ist alles so wie jedes Jahr. Draußen ist es dunkel, die Stube warm, der Tannenbaum schön, das Kerzenlicht flackert.

Wir sitzen um den Stubentisch, der bedeckt ist mit Weihnachtssüßigkeiten. die Geschenke füreinander hat jeder bereit. Heiligabend kann beginnen.

Wir schlagen die Liederbücher auf, immer zwei schauen in eins. „Oh du fröhliche…“. Es ist gut, zuerst ein einfaches Lied zu singen

Wir kämpfen uns durch die Strophen. Ein vernünftiges Singen kommt dabei nicht zustande.

Dabei ist eigentlich alles wie jedes Jahr.

Im Gesicht meiner Mutter sammeln sich erste Tränen. Sie hat wohl die Anwesenden gezählt. Sechs. Meine Gedanken wandern ein Jahr zurück. Sieben hatte sie da gezählt.

Großmutter war gestorben im Herbst.

Nun sitzt meine Schwester dort, wo sonst meine Großmutter, geschickt in ihre Decke eingehüllt, gesessen hatte. Großmutter brauchte nie ein Gesangbuch. Sie kannte alles auswendig, Strophen über Strophen.

Wir versuchen ein zweites Lied. „Ihr Kinderlein kommet…“. Meiner Mutter versagt die Stimme. Bei ihren Tränen kommt mir die Erinnerung. Ich höre Großmutters hohe, nicht mehr feste Stimme. Jetzt singe ich lauter, fester. Gemeinsam mit Großmutter singe ich alle Strophen von „Ihr Kinderlein kommet“.

Das Lied ist zu ende. Großmutter Stimme klingt nicht mehr in meinen Ohren. Mutter weint noch.

Nichts ist so wie jedes Jahr.

 

 

Anke Dittmann ©

Predigt zur Jahreslosung

Der Friede und die Liebe Gottes sei mit uns allen. Amen.

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Johannes 21,6)

Liebe Gemeinde!

Ein Mensch kann nicht lange ohne Wasser leben.  Genaue Tage kann man da wohl nicht angeben, aber ich fand dazu die folgende Information: Ein junger, gesunder Mensch wird ohne Flüssigkeit ungefähr drei bis vier Tage durchhalten; im Extremfall – und das gibt es immer wieder – bis zu elf, zwölf Tage (bei Verschütteten zum Beispiel). Aber das ist sicher das Maximum. Wenn ein Mensch verdurstet, ist die eigentliche Todesursache eine innere Vergiftung oder ein Kreislaufzusammenbruch. Denn: Besteht ein akuter Flüssigkeitsmangel, können die Nieren nicht arbeiten und die körpereigenen Gifte greifen alle Organe an. Auf der anderen Seite kann es durchaus sein, dass zuvor bereits der Kreislauf zusammenbricht und dadurch ein Multiorganversagen, Herzinfarkt oder Schlaganfall eintritt.

Durst zu haben ist also etwas Unangenehmes und sogar Bedrohliches, wenn man nichts zum Trinken findet. Wir hier haben es leicht, gehen, wenn wir Durst spüren, zum nächsten Wasserhahn, aus dem zum Glück Trinkwasser kommt, holen einen Saft, ein Bier oder eine Cola aus der Küche. Wir leben weder in der Wüste oder Dürrezonen noch in einer der Gegenden, wo es kaum sauberes Trinkwasser gibt. 768 Millionen Menschen haben ja laut Recherchen von Hilfsorganisationen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mit all den schweren gesundheitlichen Folgen. Und umsonst bekommen sie kein sauberes Wasser, dafür sorgen schon die Konzerne, die sich an Mineralwasser in Entwicklungsländern ihre Nasen vergolden.  Also für uns ist Durst unangenehm, aber kein Problem. Für andere eine Überlebensfrage und tagtägliche Sorge. Es ist schon traurig, dass die Vereinten Nationen auch für ein Menschenrecht auf Wasser kämpfen müssen.

Wasser scheint es bei uns im Überfluss zu geben, die Himmelstore öffnen sich ja viel zu oft, gerade wird gestöhnt über die überfluteten landwirtschaftlichen Flächen. Eine Trennung von Brauch- und Trinkwasser ist bei uns vielleicht gerade mal in den Kinderschuhen und ein Bewusstsein dafür, dass es sich beim Wasser auf der Erde  um 97% Salzwasser und nur um 3% Trinkwasser handelt, was sich auch noch zumeist nämlich zu zweidrittel des Vorkommens im Eis an Nord- und Südpol und im Gletscherwasser befindet, kommt selten ins Gespräch. Fatal, wenn die Trinkwasserreserven wegschmelzen und sich mit dem Salzwasser vermischen.

Wasserqualität verbessert sich sogar an einigen Stellen. Es wird seit Jahren wieder in der Elbe gebadet und viele Gemeinden – auch unsere – achten auf Renaturierung von Zuflüssen zu Seen. Einsatz für lebendiges Wasser.

Umsonst ist das Wasser allerdings auch bei uns nicht. Die Wasserrechnung kann ganz schön teuer sein, und Mineralwasser hat in Restaurants manchmal erstaunliche Preise.

Wie wichtig Wasser ist, wird in der Bibel an vielen Stellen deutlich. Klar, weil die Menschen durch Wüsten zogen, in wasserarmen Gebieten ihre Tiere ernähren müssten und der Weg zum Brunnen beschwerlich war. Der gute Hirte führt zum frischen Wasser, Mose lässt eine Quelle aus einem Felsen hervorbrechen, als den geflohenen Sklaven in der Wüste Wasser fehlt, und nicht von ungefähr hat Gott sich für die Taufe das Element „Wasser“ ausgesucht.

Lebenswichtig ist also schon die grundlegende Bedeutung dieser Jahreslosung.

Unsere deutsche Sprache hilft uns aber, dem Durst noch tiefer nachzugehen. Durst haben und nach etwas dürsten ist ein Unterschied. Dürsten kann verlangen bedeuten, erwarten, wollen, gieren, lechzen, begehren, sehnen, vermissen, fiebern nach etwas, schmachten, Not leiden… 160 Synonyme kann man für das Wort finden.

Und Wortkombinationen zeigen auch die Hintergründigkeit vom Durst.  Es gibt ja nicht nur das Durstgefühl, sondern besonders in der Werbung Durstlöscher, wir kennen Durststrecken und es gibt auch Freiheitsdurst, Rachedurst, Wissensdurst…

Ich erkenne bei diesen Worten, wie durstig ich bin nach Dingen, die nicht einfach fließen, wenn ich einen Hahn dafür aufdrehe und wie gefährlich Durst sein kann.

Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Das ist eine Verheißung ohne Kleingedrucktes, das man besser noch mal genau lesen muss. Es ist eine bedingungslose Zusage. Die Quelle dieses lebensnotwendigen Wassers liegt in Gottes Liebe. Diese Liebe wurde in Christus lebendig und so kann Jesus sagen: „Wer an mich glaubet, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Wie ein Fluss sich von der Quelle aus ausbreitet, wird sich auch die Lebenskraft dieser Quelle durch uns verbreiten können mit all dem Guten, das Jesus vorgelebt hat.

Allerdings bleibt der Entschluss das lebendige Wasser zu nutzen und aus dieser Quelle zu trinken, bei jedem selbst. Man kann einen Durstigen zur Quelle führen, aber trinken muss er selber, lautet ein Sprichwort. (M.John)

Wenn das ausbleibt, wenn dieses lebendige Wasser Gottes nicht angenommen wird, führt das im übertragenen Sinne auch zu Vergiftungen, zu Organversagen oder Infarkten. Hätten wir der Liebe nicht… so sagt es Paulus, wäre alles nichts.

Gift und Galle spucken sich Zerstrittene ja oftmals ins Gesicht, Komplimente entschwinden hinter einem Pochen auf Schwachstellen, Streit um den richtigen Umgang mit Hilfesuchenden verstopft die Gänge in Verwaltungsgebäuden und führt zum Infarkt von Organen, überforderte Ämter, verunsicherte Polizisten können eine Folge sein. Giftige Atmosphäre breitet sich auch so weiter aus oder wir versalzen uns unsere Gemeinschaft. Lange Zeit geht so etwas nicht gut.

Und in den Dürregebieten in Beziehungen in der Familie, im Beruf, unter Freunden oder im Verein, wird ohne das lebendige Wasser der Liebe Gottes die Grundlage so trocken und hart, dass das Leben einen staubigen Geschmack bekommt und stimmungsmäßig nach unten zieht, oder dass Rachedurst aufbricht und damit Ellbogen ausgefahren werden, und Durststrecken werden unendlich.

Die Jahreslosung erinnert uns, dass das alles nicht sein muss und dass Gott sich das für uns viel besser wünscht. Gottes lebendigem Wasser folgt keine Nebenkostenabrechnung für unser Leben, sondern es ist ein unendliches Geschenk. Er bietet es an. Es annehmen und in uns aufnehmen müssen wir allerdings selbst, denn wir sind – wie Luther sagen würde – freie Christenmenschen. Wenn wir es annehmen, diese Liebe Gottes, diese Zusage seiner lebensnotwendigen Kraft, dann wird es dadurch aber für andere nicht weniger, sondern es vermehrt sich wie Freude und vermindert Leid.

Lassen wir uns an dies wunderbare Geschenk Gottes erinnern und verwandeln wir unser Leben miteinander in einen bewässerten, paradiesähnlichen Garten mit sauberem Wasser für alle. Amen.

 

 

Anke Dittmann ©

 

Getragen

(zu Mt 4,5-7)

Es war einmal Jemand allein zwischen vielen Mächten und zwischen vielen Menschen. Jemand lebte in einem Hochhaus jeder Stadt. Er fand sich nicht mehr zurecht, konnte nichts mehr richtig entscheiden. Jemand wusste nicht mehr weiter.

Er verließ seine Wohnung und ging den Flur entlang Richtung Fahrstuhl. Doch diesmal benutzte Jemand die Nottreppe neben dem Fahrstuhl. Stufe für Stufe stieg er über die Stockwerke empor bis zum Dach. Erschöpft stand Jemand oben.

Das Bild war überwältigend, neu. Jemand besah sich alles in Ruhe mit dem nötigen Abstand aber auch mit Angst vor allem „da unten“. Und die Angst besiegte Jemand.

Jemand näherte sich dem Rand des Daches. Er schaute hinab. Dabei kam ihm der Satz in den Sinn, wo der Teufel auf der Tempelzinne zu Jesus spricht: „Spring und die Engel werden dich auf Händen tragen.“

Jemand lachte, weil es doch solch ein Unsinn war. Dann klagte er Gott an, warum er nie da sei, wo er gebraucht würde. „Fang mich doch auf, wenn du bist“, versuchte Jemand Gott.

Doch aus irgendeinem Grund sprang Jemand nicht. Er stand lange da und starrte hinab. Dann setzte er sich auf das Dach und weinte. Zwei Dacharbeiter fanden ihn später. Sie nehmen in zwischen sich, legten jeder einen Arm von Jemand um ihre Schulten und setzten ihn auf ihre verschränkten Hände. So trugen sie Jemand auf ihren Händen zum Fahrstuhl und brachten ihn zurück in seine Wohnung. Dort versorgten sie Jemand, bis er sich wieder kräftiger fühlte.

Eines Tages stand ich vor einem Abgrund. Ich schloss die Augen und fühlte schon, wie ich fiel. Immer tiefer. Es hielt mich nichts auf. Plötzlich aber stieß ich an etwas. Ich öffnete die Augen und war noch am Leben. Jemand hatte mich in seinen Händen gehalten.

 

 

Anke Dittmann©

Der alte Pullover

 

Ich räumte meinen Kleiderschrank auf. Das kam selten vor. Aber er platzte aus allen Nähten, und so wollte ich Altes aussortieren. Berge von Klamotten holte ich aus dem Schrank heraus, warf alles auf den Boden vor dem Spiegel. Im Zweifelsfall wollte ich ein Kleidungsstück noch einmal anprobieren. Das Sortieren ging schneller, als ich dachte. Das war doch einiges zu altmodisch und einiges zu klein. Das kam alles in einen Altkleidersack.

Jetzt griff ich in den Pulloverhaufen. Ich breitete einen Pulli mit beiden Händen aus und besah ihn mir genau. Er war hübsch. Rot, mit weißen Streifen und einem großen Kragen. Zwar völlig aus der Mode aber hübsch. Leider viel zu klein.Ich hielt ihn vor dem Spiegel vor meinen Körper. Wie alte mochte der Pullover wohl sein? Als ich das überlegte, wusste ich es auf einmal genau.

Er war zehn Jahre alt. Ja, der Pulli war es.

Jetzt hielt ich ihn aufgeregt. Den hattest du an, sagte ich zu meinem Spiegelbild.Ich zog sofort meine Bluse aus und den Pullover an. Es sah verheerend aus. Ist es schon so lange her? dachte ich. Unter den Achseln zwickte der Pulli, doch ich behielt ihn trotzdem an. Auf einmal waren mir alle anderen Kleidungsstücke egal. Ich ließ sie auf dem Boden liegen, stieg über sie hinweg und setzte mich auf das Sofa. Erinnerung hatte mich überwältigt.

Damals trug ich zu dem Pulli eine Jeans, eine sehr enge.Es war in einer Diskothek auf dem Dorf. Die Stimmung war gut, es war eine Menge los und es war dunkel. Du warst auch da, alter Freund. Wer weiß, wo du jetzt bist. Damals warst du zumindest da, und ich war unsterblich in dich verliebt. Es war nicht das erste Mal, dass ich es satthatte, brav neben dir zu sitzen. Alle Kraft nahm ich damals zusammen, um dir zu sagen: Ich habe dich lieb. Zuerst waren wir beide hilflos. Dann gabst du mir den schönsten Kuss meines Lebens.

Ich strich mit meinen Händen sanft über den Pullover. Es kribbelte überall in mir. Dabei war es doch schon so lange her. Es war ein wunderschöner Abend damals. Doch hielt es mit uns danach nicht sehr lang.

Ich stand auch und ging wieder vor den Spiegel. Ich trug damals diesen Pullover. Doch es war vorbei. Als ich das dachte, sah ich wieder, wie unmöglich der Pulli heute an mir aussah. Es ist vorbei, der Pulli kann weg, sagte ich laut zu mir. Ich zog ihn aus und steckte ihn in den Altkleidersack.

Dann räumte ich weiter auf. Doch jetzt war ich hektisch, bei vielen Stücken unschlüssig. Es brachte keinen Spaß mehr. Schließlich schaffte ich es doch noch, alle Kleiderberge sortiert in den Schrank oer unsortiert in den Sack zu packen. Doch ich blieb unruhig. Es wurde dunkel draußen. Der zugebundene Sack stand im Flur. Ich saß im Wohnzimmer und lauschte bei einer Zigarette sanfter Musik. Das wirkte alles andere als beruhigend.

Endlich gestand ich es mir ein. Ich stand schnell auf, rannte auf den Flur, durchwühlte den Altkleidersack, bis ich ihn in Händen hatte, in Sicherheit.

Meinen alten Pullover. Wie konnte ich nur…?

Ich rieb die Wolle an meinem Gesicht. Ich wurde wieder ruhiger. Dann packte ich den Pulli in meinen Schrank. Für ihn wird dort immer Platz sein.

 

Anke Dittmann ©

Gedanken zum 1.Advent 2017

Gottes Frieden sei mit uns. Amen.

 

Sieh der König kommt zu dir

ein Gerechter und ein Helfer.

Darum macht hoch die Tür,

die Tor macht weit,

dass der König der Ehre einziehe.

Wir brauchen ihn.

Wir hungern nach Gerechtigkeit

und mit uns Millionen.

Wir sehnen uns nach Hilfe

und mit uns die halbe Welt.

Für ihn können wir die Tür öffnen.

 

Zu lange schon haben wir

Tor und Tür geöffnet

für böse Gerüchte

und Falschnachrichten,

für Geldgier und Machthunger,

für Rechthaberei und ein „Ich zuerst“.

Jetzt aber kommt mit ihm

ein wahres Licht,

mit dem König als Kind Gottes,

mit dem, der auf einem Esel reitet,

statt auf dem Schlachtross,

mit dem, der auf Einzelschicksale hört

und dann auch handelt und heilt.

 

Macht hoch die Tür, die Tor macht weit,

für den, der nicht

mit der Tür ins Haus fällt,

sondern uns erkennt und wahrnimmt,

uns liebt und dadurch verändert,

der Glauben weckt, der wohltut.

 

Siehe, zu dir kommt der König.

Aber auf Augenhöhe!

Und mit Heil und Leben!

Barmherzigkeit und Sanftmut und Trost!

Er öffnet uns

die verschlossene Tür zum Paradies

und lässt sie offen stehen auf ewig.

Er öffnet dazu seinen Himmel

schon jetzt,

hier auf Erden, unter uns,

wenn wir ihm unsere Herzenstür öffnen.

 

Macht hoch die Herzenstüren!

Lasst ihn doch einziehen,

die Freudensonne,

und mit ihm die Gerechtigkeit für alle.

Lasst euch helfen!

Geht ihm in dieser Zeit entgegen

voller Erwartung

Er kommt – Advent!

Auf der Suche nach dem Licht

treffen wir auf ihn.

 

Bleibt nicht nur bei euch

hinter Schloss und Riegel.

Öffnet Tor und Tür für den Gott,

der zu uns Menschen kommen will.

Ist das nicht wunderbar!

 

Geht hinaus ihm entgegen!

Diese Reise lohnt,

jedes Jahr neu!

Lasst das Wunder nicht vorbeiziehen!

Nehmt es ihn euch auf

und folgt ihm

mit Herzen, Mund und Händen!

Und siehe, dann wird auch durch dich

Gerechtigkeit und Hilfe kommen können

für den Menschen neben dir

und gegenüber,

für Freund und auch Feind,

für die Nahen und die Fernen.

Und der Himmel zieht

in unseren Herzen ein.

Herrlich!

Herrlich ist das!

Gelobet sei mein Gott,

voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

Amen.

 

 

Anke Dittmann ©

 

 

 

 

 

 

 

Gott hat einen Ort für meine Tränen

 

Gott hat einen Ort für meine Tränen.

Er fängt sie auf in einem Krug,

weil er weiß, wonach sie sich sehnen

und das Sammeln ist sehr klug.

 

Kein Schmerz soll umsonst erlitten sein

und keine Träne ist vergebens.

Ich bleibe im Leiden nicht allein,

die Tropfen werden zum Wasser des Lebens.

 

Ausgegossen auf Verdorrtes,

beginnt Verborgenes zu blühn

und wo das Herz sich hat verschlossen,

kann die Hoffnung neu einziehn.

 

Sie stellt Verlorenes nicht wieder her,

aber lässt dem Leiden Kraft entsprießen

so fühle ich mich nicht mehr leer,

mein Lebensfluss kann weiter fließen.

 

Gott hat einen Ort für jede Träne

und ich spür, es tut mir gut,

dass er weiß, wonach ich mich sehne,

und das schenkt mir Lebensmut.

 

 

 

Anke Dittmann, 17.11.2010 ©

Trennung

 

 

Wir sind jetzt auseinander,

„finito“, wie du es sagst.

Du gibst mir die Hand

und wischst mir die Träne weg

mit deiner Linken von meiner Wange.

 

Ich gehe das letzte Mal

den vertrauten Flur entlang

zu der Garderobe und hole

meinen Wintermantel.

Du hilfst mir noch hinein.

 

Während ich meine Tasche von Boden aufhebe,

öffnest du die Außentür.

Kalter Wind bläst in den Straßen.

Keinen Kuss heute – nur die Hand.

Ade… und mach’s gut.

 

Die Tür fällt hinter mir ins Schloss,

und der Wind tut weh im Gesicht.

Ich wende mich fort von hier

und suche hoffnungslos

vergeblich erste Frühlingsblumen.

 

 

©Anke Dittmann

Ein alte Frau

Eine alte Frau liegt im Sterben. Meistens ist sie geistig da, doch manchmal tüttelt sie schon etwas. die Frau wird von Menschen gepflegt, die es schwer haben, ihr immer Verständnis entgegen zu bringen. Man steht einfach hilflos vor ihr.

Ich komme von draußen herein in ihr Zimmer. Draußen war es kalt und hier ist es schön warm.

Auch ich steht vor ihr und weiß nicht, wie ich ihr helfen kann. Sie kann nur noch liegen und ich kann noch alles tun.

Ich setze mich auf den Rand ihres Bettes und erzähle ihr etwas. Ab und zu nickt sie mit verständig zu. Ich lege meine kalte Hand in die ihre. Dabei denk ich: „Arme, alte Frau, du kannst nichts mehr tun.“ Sie aber blickt mich an und murmelt: „Gleich, Kind, habe ich deine Hand wieder aufgewärmt.“

 

 

Anke Dittmann ©

Abschied nehmen

 

Es ist Zeit, Abschied zu nehmen

Ich dachte, dass es mir im Winter leichter fallen würde, das Abschiednehmen. Wenn die Welt nicht aufblüht und die dunkle, kalte Zeit Leben auslöscht. Doch ist Abschied auch im Winter schwer.

In einigen Tagen oder Wochen wird alles vorbei sein. Wie oft darf ich bis dahin noch frische Luft schnappen, das Leben draußen riechen? Wie lange werde ich noch Wärme und Kälte spüren, Licht und Dunkel unterscheiden können?

Man bemüht sich um mich. Viele hoffen auf ein Wunder, auf Rettung. Sie beten. Ich habe aufgehört zu hoffen. Ich habe Schwierigkeiten, zu beten. „Danke Vater, dass ich wenig Schmerzen habe durch die Hilfe der modernen Medizin“, das geht nicht über meine Lippen.

Wenn ich bete, ist es eher ein Aufschrei: „Warum soll ich so früh sterben?“ Ein Aufschrei ohne Antwort. Doch schreie ich schon weniger. Ich will meine Zeit zum Abschiednehmen nutzen. Ich will mich arrangieren mit meinem Tod.

Meinem Mann habe ich gesagt, er soll sich das Lachen nicht abgewöhnen. Seine Fröhlichkeit fehlt mir hier im Krankenhaus sehr. Auch will ich wissen, dass er sie nach meinem Tod noch besitzt.

Wir haben schöne Jahre zusammen gehabt. Er soll sich eine andere nehmen, wenn ich nicht mehr bin. Er ist noch so jung und gesund. Kinder wünscht er sich so sehr. Ich will ihn glücklich wissen. Doch habe ich Angst, dass er eine andere mehr liebt als mich. Dabei wäre es doch egal. Freigeben werde ich ihn. Unsere Beziehung beenden mit dem Ende meines Herzschlags. Ein Abschied, der ihm Leben eröffnet. Wird es für mich ein zweites Leben geben?

Ich werde für einige Minuten auf den Balkon geschoben. Es war mein Wunsch. Er wurde erfüllt. Viele Wünsche, ganz banale, werden mir jetzt erfüllt. Jeder will mir noch etwas Gutes tun.

Ich werde die Bäume nie wieder grün sehen. Die Blumen werden für mich nicht mehr blühen. Ich werde keinen Sommer mehr erleben, keinen Urlaub mehr machen, die ewige Stadt nicht mehr besuchen. Meine Sommerkleider werde ich nicht mehr tragen, sie wären auch viel zu weit. Früher habe ich mir immer gewünscht abzunehmen. Jetzt wiege ich nur noch die Hälfte von damals, 70 Pfund. Damit ist man auch keine Schönheit.

Länger darf ich nicht draußen bleiben.

Ich genieße meine kalte Nase. Sie zeigt mir, dass ich noch empfinde, lebe.

Ich fühle mich erschöpft. Schlafe einige Minuten. Stark muss ich sein für nachher. Dann kommt mein Mann. Gestern waren meine Eltern mit ihm hier. Sie können nicht Abschiednehmen von mir. Sie haben auch nicht die Zeit dazu. Sie sind ja noch voll im Leben.

Ich habe jetzt Zeit, mich mit dem zu befassen, was jede Sekunde sein kann.

Am Anfang, als mein Tod feststand – er steht eigentlich für jeden fest, nur, dass er so bald sein soll nicht – wollte ich noch alles tun, was ich sonst nie geschafft habe: Bestimmte Bücher lesen, bestimmte Leute besuchen, bestimmte Dinge lernen. Natürlich war das alles Quatsch.

Die Bücher bleiben ungelesen, die Leute besuchen mich jetzt hier, alles Weitere nützt eh nichts mehr. Soweit hat das Abschiednehmen funktioniert.

Mit dem Träumen ist es schon schwieriger. Ich arbeitete an einem Bild, das mir seit Jahren im Kopf herumschwirrte. Es bleibt unvollendet. Ich wäre eine große Malerin geworden, in meinen Träumen war ich das immer. Wir, mein Mann und ich, wollten noch einige Jahre ins Ausland. Später wollte ich in einem alten Haus wohnen. Klavierspielen. Mit ihm alt werden.

Mein Mann macht mir ein Abschiednehmen unmöglich. Meine Eltern haben sich noch, meine Geschwister sind nicht allein. Nur er bleibt allein zurück mit meinem unvollendeten Bild. Ich werde ihn nie mehr fröhlich sehen. Nie.

Jetzt, wo ich mir Zeit nehme zum Abschiednehmen, fallen mir viele Dinge ein, auf die ich verzichten kann. Erschreckend viele. Je näher ich meinem Tod komme, desto weniger wird für mich wirklich wichtig.

Doch das, was mir wichtig bleibt, verhindert, dass ich meinen Tod annehmen kann. Wir haben und bereits eingestanden, dass wir alles nicht mehr ertragen. Wir haben so viel zusammen geweint, dass mir Lachen fremd ist. Ich wünschte, ich könnte ihn bald befreien. Für ihn will ich sterben. Ihm die Last nehmen, das Zittern, die Quälerei. Ich will tot sein für ihn. Heute schon.

Heute, wenn er kommt, werde ich Abschied nehmen. Wenn er aus dem Zimmer gegangen ist, will ich nicht mehr sein. Das ist das Einzige, was ich noch für ihn tun kann. Das ist mein letzter Wunsch. Er wird zu meinem ersten ruhigen Gebet seit langem.

 

 

Anke Dittmann ©

mit den jahren

 

man wird älter

dabei kälter

dabei stumpfer

man wird stiller

leben ohne triller

signale werden dumpfer

 

man wird bequemer

ein bloß-nichts-unternehmer

ein nichts mehr sager

man wird angepasster

neues wird verhasster

spannung im leben mager

 

man wird vergesslich

für alles was grässlich

für alle seine sünden

man ist vergänglich

dem leben anhänglich

aus ungeklärten gründen

 

 

Anke Dittmann ©

hungrig haschen hundert hände

hungrig haschen hundert hände

schwarz und schmuddelig

in tiefe teller aus ton

nahrung zu naschen

weißer reis

und ängstliche augen

kauende kleine kindergesichter

 

betroffen betrachten diese bilder

vom warmen wohnzimmer aus

einige europäer

fühlen verantwortung

ihr herz gerührt

schicken schecks gen süden

geld geben hilft vergessen

 

tausend traurige träume

hohle mägen

große augen

leeres leben im leid

kleine klagende kinder

rufen uns – öffnen münder

und wir stopfen geld hinein

 

Anke Dittmann©

Boden bereiten

 

Schuld bekennen

Fehler nennen

zugefügtes Leid bereuen

Bedenken nicht zerstreuen

um Zwiespälte wissen

gegen falsche Ruhekissen

Entschuldigung sagen

und Last mittragen

Hände reichen

Feindbildern ausweichen

zu lernen gewaltfrei zu streiten

heißt, dem Frieden Boden bereiten

 

Anke Dittmann ©

Befreit

 

manche Menschen machen

lauter lust’ge Sachen

weil sie was verstecken

das soll niemand entdecken

 

hinterm Witz verschlossen

aber unverdrossen

steckt ein Stachel fest

der das Herz nicht verlässt

 

Jahre lachen wir drüber weg

bis er auf einmal sticht

und das Herz uns bricht

der Schmerz kommt an Deck

 

erst Tränen spülen ihn von Bord

im inneren Gewitter

das ist zunächst bitter

doch dann ist er fort

 

und wenn wir dann mal lachen

über lust’ge Sachen

schlägt das Herz befreit.

 

 

Anke Dittmann 15.11.2010 ©

Globalisierung

 

trotz Globalisierung

und Automatisierung

trotz Computerwunder

und aller Welterkunder

trotz Fernsehen rundum

und Technika und-cum

trotz all der Satelliten

die uns alles bieten

hungern Millionen

weil sie nicht dort wohnen

wo wir alles nehmen

ohne uns zu schämen

wo wir nicht wirklich teilen

sondern bei uns verweilen

doch Globalisierung

bedeutet auch Verantwortung.

Anke Dittmann ©

 

Der Tod

 

der Tod , das ist der Sensenmann

ob ich ihn auch als Engel denken kann?

Der kommt, wenn es zuende geht,

mich sanft geleitet, mir zur Seite steht,

auf dem weiteren Weg in die Ewigkeit

geht es sich sicher besser zu zweit,

der auch kommt, wenn Krankheit quält,

wenn der Mensch statt Frieden Krieg gewählt,

der loslassen hilft und erlöst

und dabei behutsam Hoffnung einflößt

der erfülltes Leben trägt und erhält,

weil er weiß, was im Leben wirklich zählt.

Der Tod, der ist kein Sensenmann,

weil ich ihn als Engel erfahren kann.

 

 

Anke Dittmann ©

 

 

zeitgleich

zeitgleich sind

spaß am meer

und dienst im heer

freude am konzert

und trauer, die beschwert

verlieben und verloben

und der waffen toben

sauber und satt

und hungrig und matt

ein Moment hier

verzaubert durch das schöne

und verschreckt dort durch sirenentöne

voll zukunftslust

und dort voll zukunftsfrust

zeitgleich sind

geboren werden

und das ende auf erden

freiheit geniessen

und Menschen erschiessen

freudiges Entdecken

und furchtbares Erschrecken

leben erhalten

und durch Profit erkalten

zwei zeiten zeitgleich

das ist schwer auszuhalten

doch fällt davon abzuschalten

so leicht

weil man nicht ständig vergleicht

aber vergessen sollte ich nicht

das  Leiden hat ein Gesicht

Anke Dittmann ©

DA – der TOD

 

da

ist die angst

wieder

es könnte vor der zeit

zu ende sein

mit dir

mit mir

verloren

so viele pläne

für immer

 

von jetzt auf gleich

schlägt er zu

der TOD

einschläge kommen dichter

 

dabei

mündet er

ins ewige leben

doch davon will die angst

nichts wissen

denn sie bleibt

weil das loch

die lücke schmerzt

–das nicht gelebte–

ein leben lang

 

drum lebe

weil die angst dich lehrt

nichts

zu verschieben

 

Anke Dittmann, 21.12.2008©

Echte Freunde

 

Peter, der von seinen Eltern Pit genannt wurde, hatte es nicht leicht.  Er war ein unscheinbarer Typ. 08/15 sozusagen. Wenn er nicht laut aufschrie oder mit bunten Fähnchen in der Hand wedelte, übersah man ihn einfach. Und Pit schrie nicht laut auf und bunte Fähnchen hatte er auch nicht bei sich, in der Schule etwa, damit die Lehrer ihn endlich mal beachten würden, wenn er sich meldete. Dabei täte es ihm aber gut, da er sich nicht allzu oft meldete. Wenn man dann noch übersehen wird, … naja, ihr wisst schon, dann ist die Zensur am Ende nicht wirklich gut.

Peter war dieser Zustand lange Zeit egal. Er war zwar nicht glücklich, aber er kannte es ja auch nicht anders. Außerdem hatte er seinen besten Freund, den Kater Charley, und mit seinen Eltern kam er auch prima klar.

Aber alles änderte sich, als er in der vierten Klasse war. Mitten im Schuljahr, kurz nach den Weihnachtsferien, kam ein Mädchen neu in seine Klasse. Und was für ein Mädchen!

Doch zuvor geschah schon etwas. Das Mädchen zog zwei Häuser neben Pits Familie ein. Am Tag des Einzugs sah Pit, wie das Mädchen einen schweren Koffer ins Haus tragen wollte. Dabei stolperte es über den Kantstein. Der Koffer schlug auf und alle möglichen Dinge kullerten über den Bürgersteig. Pit lief sofort hin, um zu helfen und sammelte einige der Dinge wieder ein. Handschellen zum Beispiel und eine Zeitschrift über „Monster der Tiefsee“. Das hatte er bei dem Mädchen gar nicht vermutet. Eher Schminke oder so was. Merkwürdig!

„Hast du den Koffer von Jonas dabei?“, rief dann eine Stimme von drinnen.

„Mein kleiner Bruder“, erklärte das Mädchen, „sind seine Sachen.“

„Aha“, sagte Pit schnell, gab ihr die Sachen und verschwand.

„Danke“, rief das Mädchen hinterher, „ich heiße übrigens Julia.“

Doch Pit war schon weg.

Noch nie hatte er ein Mädchen mit so schönen langen welligen dunklen Haaren gesehen. Sie war wirklich hübsch und nett war sie auch. Sie hatte sich immerhin bei ihm bedankt.

Am nächsten Tag kam Herr Morwitzki, Pits Klassenlehrer, mit dem Mädchen in die Klasse. Pit traute seinen Augen nicht.

Alle umringten das Mädchen sofort, alle, außer Pit, der blieb wie angewurzelt auf seinem Platz sitzen. Herr Morwitzki stellte die neue Mitschülerin vor und fragte dann: „Julia, wo möchtest du gern sitzen, bei Sarah hier vorn ist noch ein Platz oder bei Tom in der zweiten Reihe oder bei Lennard dort hinten.“

In dem Moment sah Julia Pit und sagte: „Ich möchte gern bei dem Jungen da sitzen“, und zeigte ungeniert mit dem Finger auf Peter. Er zuckte zusammen und es ging ein Raunen durch die Klasse.

„Gut“, sagte Herr Morwitzki, „bei Peter ist auch noch Platz, wenn du willst.“ „Ich will“, sagte Julia mit fester Stimme und nahm Platz. Alles drehte sich zu den beiden um. Pit wurde rot und murmelte Julia etwas zu, was wohl „Hallo“ heißen sollte.

Julia mochte Pit, weil er ihr geholfen hatte. Sie dachte, dass er bestimmt ein netter Kerl sei und keiner von den Jungs, die Mädchen einfach „Tussies“ nennen, weil ihnen nichts Besseres durch den Kopf geht.

In der ersten Pause kam Mirko zu Julia. Er hatte noch mehrere Jungs um sich, die ihm anscheinend überall hin folgten. „Ich bin der Klassensprecher“, sagte er, „wenn du Hilfe brauchst oder Fragen hast oder jemand dich ärgert… einfach zu mir kommen.“

„Okay, danke“, antwortete Julia und suchte schon wieder mit den Augen nach Pit.

Sie merkte schnell, dass Peter in der Klasse außen vor war. Er war so ruhig und bescheiden. Er setzte sich nicht durch und traute sich nicht, sich zu melden. Dabei wusste er eine ganze Menge, das hatte sie neben ihm rasch verstanden.

Peter freute sich, dass Julia neben ihm saß und dass sie den gleichen Schulweg hatten. Und Julia veränderte ihn. Wenn er in der Schule etwas wusste, wies sie den Lehrer darauf hin und Pit konnte zeigen, was er konnte. Beim Fußballspielen feuerte sie ihn an und schon bald war er der Torschützenkönig der Klasse. Gemeinsam machten sie Hausaufgaben oder Pit zeigte ihr mit dem Fahrrad die Umgebung. Und sie besuchten einander oft.

„Mit Charley musst du aufpassen“, warnte Pit, „der hat nur zu mir Vertrauen und verteidigt alle meinen Sachen. Außerdem ist er ein Räuber. Letztes Jahr hat er Papa alle Fische aus dem Gartenteich gefischt. Der war ganz schön sauer.“

Pit wurde durch die Freundschaft mit Julia ein glücklicher, fröhlicher Junge. Aber einem in der Klasse passte das gar nicht und das war Mirko, der Klassensprecher. Auf einmal sprachen alle nur noch von Pit und Julia. Pit dem Mathegenie, Pit dem Fußball-As. Außerdem gefiel Mirko die Julia auch, aber die interessierte sich nur für Pit und die anderen Mädchen. Er würde Pit schon einen Denkzettel verpassen.

In der Pause fing er an, sich über die beiden lustig zu machen. „Da ist ja wieder unser Liebespärchen“, flötete er so laut, dass alle es hören konnten, „Pit und Julia sind verliebt.“

„Lass ihn reden“, sagte Julia zu Pit, der schon eine Faust formte mit seiner rechten Hand.

„Na, Pit“, forderte Mirko ihn weiter heraus, „du siehst ja ganz schön wütend aus. Wirst schon ganz rot. Sieht ziemlich hässlich aus.“

„Halt den Mund, Mirko“, rief Julia zurück, „bist ja nur neidisch.“

„Neidisch, auf den Feigling?“, rief er laut zurück.

Da konnte Pit nicht mehr an sich halten und ging auf Mirko los. Darauf hatte der gewartet. Mirko war ein guter Kämpfer und landete gleich einen Schlag in Pits Gesicht. Pit bekam Nasenbluten und Mirko verdrückte sich schnell.

Herr Morwitzki, der Pausenaufsicht hatte, hatte den Vorfall nicht gesehen, sah aber Pits blutende Nase. „Was ist passiert?“, wollte er wissen.

„Bin hingefallen“, log Pit und ging zum Sekretariat, um ein Kühlkissen zu holen. Julia begleitete ihn. „So ein Schuft“, sagte sie, „und so einer ist Klassensprecher.“

Mirko war das aber noch nicht genug. Eine Woche später hatte er einen ganz schlechten Tag, denn er hatte seine Mathearbeit verhauen. Und Pit, der hatte eine „1“, Julia auch, aber er hatte nur eine „4 minus“.

Aus einem Gespräch in der Pause hatte er aufgeschnappt, dass Pits Eltern ein paar Tage weggefahren waren und Pit bei Julia mit übernachten durfte. Da fasste er einen Plan, um Pit noch mal eins auszuwischen.

Als es dunkel wurde, schlich Mirko sich aus seinem Zimmer und ging zum Haus von Peter. Er kletterte über den Zaun in den Garten. Er wusste, dass Pit sein Fahrrad immer hinter dem kleinen Schuppen abgestellt hatte. Das hatte er die Tage zuvor noch beobachtet. Jetzt wollte er ihm die nächste Radtour mit Julia vermiesen. Er hatte einige Reißzwecken dabei und wollte sie in den Reifen drücken. Außerdem wollte er den Lenker lockern.

Doch kaum machte er sich an dem Fahrrad zu schaffen, da sprang ihm auf einmal eine Katze in den Nacken. Es war Charley, Pits Kater, der oben auf dem Baum gesessen hatte, als würde er alles bewachen. Charley jaulte fürchterlich und Mirko schrie auf, da die Katze ihn blutig kratzte.

„Was ist denn da los?“ fragte sich Julia in ihrem Zimmer, ging nach nebenan ins Gästezimmer und weckte Pit. „Ich glaube, es ist irgendwas mit deiner Katze. Lass uns mal nachsehen.“

Zuerst schauten sie aus dem Fenster, von Julias Zimmer aus war ein Stück vom Garten bei Pit zu sehen. Und da konnten sie Mirko schon erkennen.

„Schau an, Mirko macht sich am Fahrradschuppen zu schaffen.“ Pits Stimme klang wütend.

„Aber schau nur“, fiel ihm Julia ins Wort. „Charley ist besser als jeder Wachhund.“

„Wir müssen ihn erwischen.“ Schon zog Pit sich die Schuhe an.

„Ich hole die Handschellen von Jonas. Wir fangen Mirko und binden ihn an den Wäschepfahl“, schlug Julia vor.

„Hast du irgendwo eine Lampe?“, wollte Pit wissen und Julia warf ihm eine Taschenlampe zu.

Schon rannten beide die Treppe hinab, die Handschellen fest in Julias Fingern. Die Eltern saßen noch im Wohnzimmer. „Wo wollt ihr denn noch hin?“, fragten sie.

„Pit hat drüben etwas Wichtiges vergessen, wir sind gleich wieder da“, rief Julia und beide waren aus dem Haus, bevor die Eltern antworten konnten.

Sie teilten sich auf, denn sie wollten Mirko in die Zange nehmen. Pit würde von hinten kommen und Julia von vorn. Außerdem hatten sie ja Charley noch auf ihrer Seite.

Mirko erschrak, als er, noch mit der Katze kämpfend, auf einmal Julia vor sich sah. Als er sich umdrehte und davonlaufen wollte, lief er Pit in die Arme. Eine Rangelei begann. Diesmal war aber Pit der, der vorbereitet war und überlegt handeln konnte. Er stieß Mirko in den Gartenteich. Als der mühsam wieder herauskletterte, nass und voller Teichgrün, griff Julia sich gleich einen seiner Arme. Die eine Handschelle schnappte darum zu und die zweite beim Wäschepfahl, wie geplant.

Mirko fluchte, schimpfte und tobte.

Julia und Pit setzten sich in einigem Abstand ruhig auf den Rasen.

„Was meinst du Pit, wenn der weiter so rumschimpft, kriegt er bestimmt noch Schaum vor dem Mund, oder?“ Julia lachte. Pit grinste über das ganze Gesicht.

Nach einer Weile leuchtet Pit Mirko mit der Taschenlampe direkt ins Gesicht und fragte: „Nun sag schon Mirko, was hattest du hier vor? Wolltest du mein Fahrrad klauen?“

Mirko sagte nichts mehr. Ihm wurde kalt. Er war ja klitschnass.

„Wir sollten Charley noch einmal auf ihn hetzen“, schlug Julia im Scherz vor. Aber Mirko fand das gar nicht lustig.

„Wollt ihr mich jetzt die ganze Nacht hier sitzen lassen?“, fragte er.

„Gute Idee!“ meinte Pit. Aber als er sah, wie sehr Mirko fror, tat er ihm fast leid. „Ich geh mal ein Handtuch holen“, sagte er dann zu Julia und verschwand im Haus.

„Danke!“, sagte Mirko leise, als Pit ihm das Handtuch reichte. Dann zog er mit der freien Hand Schuhe und Socken aus. Die Schuhe waren ganz voller Wasser und seine Füße waren eiskalt.

„Ich reib dir mal die Füße warm“, schlug Julia vor, „du wirst ja krank sonst.“

„Wollt ihr mich nicht mal losmachen?“, jammerte Mirko.

„Erst, wenn du genau erzählst, was du hier vorhattest.“ Pit blieb in der Sache hart.

Da erzählte Mirko seinen Plan mit den Reißzwecken im Reifen und dem losen Lenker.

„Mensch, da hätte Pit ja schlimm stürzen können.“ Julia war richtig sauer. „Was für eine fiese, gefährliche Idee!“

Mirko ließ den Kopf hängen. Fast weinte er. Nun war alles schiefgegangen.

„Warum machst du denn so was, Pit hat dir doch gar nichts getan?“, fragte Julia.

„Ach, alle reden nur noch von Pit. Meine Freunde auch, außerdem bist du nur mit Pit zusammen, alle anderen in der Klasse sind dir egal. Mich hat das genervt“. Mirko sprach jetzt ganz leise.

„Das ist alles?“ Julia war erbost. „Nur deshalb machst du hier so einen Blödsinn?“

„Was machen wir denn jetzt mit ihm?“, fragte Pit laut. „Wenn wir ihn die Nacht hierlassen, ist er morgen krank. Wir müssen ihn nach Hause bringen.“

„Da können wir meine Eltern fragen. Wir sagen einfach, Mirko ist in den Teich gefallen und wir mussten ihm heraushelfen, das wird schon gehen. Wir können natürlich auch die ganze Geschichte erzählen, wenn es dir lieber ist, Mirko?“ Sie schaute ihn fordernd an.

„Bloß nicht!“, antwortete Mirko.

„Dann musst du uns aber etwas versprechen.“ Pit sprach mit fester Stimme. „Lass uns einfach in Ruhe.“

Mirko wusste, dass er verloren hatte. Er versprach Pit und Julia, sie von nun an nicht mehr zu ärgern. Sie ließen Mirko frei und brachten ihn zu Julias Eltern.

„Tatsächlich?!“, wunderten die sich, als Pit erzählte, dass Mirko bei ihnen in den Teich gefallen sei. Aber sie fragten nicht lange nach, sondern brachten Mirko sofort nach Hause.

Bevor er aus dem Haus hing, wandte er sich noch einmal zu Pit und Julia um und sagte: „Danke.“ In seinen Augen stand die Bitte, niemandem zu erzählen, was heute Nacht wirklich geschehen war.

Pit und Julia saßen noch einen Moment zusammen, bevor sie schlafen gingen.

„Ich glaube, wir müssen Mirko helfen“, meinte Julia.

„Ich könnte mit ihm Mathehausaufgaben machen“, schlug Pit vor.

„Und ich werde auch ihn mal beim Fußball anfeuern, ist das okay?“, fragte Julia ihren Freund.

„Klar“, antwortete Pit, „gut, dass Charley so gut aufgepasst hat, wer weiß, was sonst passiert wäre.“

„Wir waren aber auch ein gutes Team“, meinte Julia.

Einen Moment war es still. Dann sagte Pit auf einmal ganz tief von innen heraus. „Danke, Julia.“

„Wofür?“, wollte Julia wissen.

Doch weil das so schwer zu beschreiben war, entschied sich Pit lieber dazu, Julia kräftig durchzukitzeln.

 

 

 

Anke Dittmann ©

Lichtblitzeintrag

 

Frühling im Herbst

weil du gelächelt hast

die Sonnenstrahlen genutzt

mit dir an der Hand

 

als wäre die frische Luft

ein Geschenk

der Rasen nur für uns

die Bank eine Einladung

 

genießen – genießen

leben – lieben

aufblühen

Frühling im Herbst

weil wir sind

 

 

Anke Dittmann, 4.11.2010 ©

Markos Sternenwunsch

Marko wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich wieder gesund zu sein. Er ärgerte sich über seinen Sportunfall so kurz vor Weihnachten. Warum wollten seine Eltern auch unbedingt, dass er Handball spielen sollte. Nun war er im Spiel so stark mit dem großen Nils aus der gegnerischen Mannschaft zusammengerasselt, dass er sich den Arm gebrochen hatte, von der leichten Gehirnerschütterung ganz zu schweigen. Und was hat ihm das eingebracht? Einen Krankenhausaufenthalt!

Mit ihm auf dem Zimmer lagen Tom und Simon. Tom war ja noch ganz lustig, der hatte wenigstens ’nen Fernseher dabei und ließ ihn ab und zu mitgucken, aber Simon, der war noch viel kleiner und spielte ständig mit seinem Dinosaurier aus Gummi.

Davon hatte Marko sogar schon einmal geträumt, nicht von Simon, aber von dem Dinosaurier. Marko sah sich im Traum in einem großen Schwimmbad. Gerade war er ins Wasser gegangen und ein paar Runden geschwommen, da kamen Cheerleader am Beckenrand aufmarschiert und tanzten. Wenig später kam auf einmal dieser Riesendinosaurier aus der Damendusche, herausgeputzt wie zum Geburtstag. Die Cheerleader riefen: „Auf ein langes Leben!“ und dann sprang der Dino unter ihrem Applaus mit Anlauf ins Schwimmbecken, fast dem Marko auf den Kopf. Da war er aufgewacht – mit Kopfschmerzen natürlich. Simon und der Dino konnten ihm gestohlen bleiben.

Mama und Papa besuchten ihn jeden Tag, zusammen oder abwechselnd. Sie trösteten ihn damit, dass er ja bald wieder nach Hause könne, bis Weihnachten auf jeden Fall. Wäre ja auch noch schöner! Nur den Gips, den müsste er wohl noch länger tragen.

„Ich gehe nie wieder zum Handball.“ Das hatte Marko seinen Eltern schon klargemacht.

Aber seine Mutter hatte nur gesagt: „Was willst du denn dann machen, etwa zum Ballett gehen, als Primaballerina?“ Manchmal war Mama wirklich unmöglich.

„Vor mir aus, alles ist besser als Handball“, hatte er patzig geantwortet und hätte fast noch seine Zunge herausgestreckt.

Dabei wollte er eigentlich etwas ganz Anderes machen. Marko liebte Musik. Viel lieber als zum Sport zu gehen, wäre er Mitglied in einer Band. Das wäre doch was: Schlagzeug spielen oder E-Gitarre. So richtig laut, mal alles raus lassen, was so in ihm steckt. Aber sein Vater hatte kein Verständnis dafür, es sei denn, es ginge um Blasmusik. Aber Flügelhorn wollte Marko nun wirklich nicht spielen lernen.

Als er mit Tom darüber sprach, hatte der gesagt: „Sei froh, dass du keine Schwester hast wie ich. Mein Schwester Marina macht immer alles richtig, die ist super in der Schule, die tanzt Ballett, die spielt Klavier, die will auch immer alles vorspielen. Da kann ich mit meinem bisschen Sport im Turnverein nicht mithalten. Versuch ich auch gar nicht mehr und schau lieber Fernsehen.“ Tom war also keine wirkliche Hilfe.

Als er den dritten Tag im Krankenhaus war, kam unerwarteter Besuch. Niemand von den Kindern hatte an so etwas gedacht. Das Krankenhaus hatte einen kleinen eigenen Radiosender. Jetzt zu Weihnachten wurden alle Patienten gebeten, ihre Wünsche aufzuschreiben. Auch die Kinder. Es waren Jugendliche aus der benachbarten Kirchengemeinde, die die Aktion mit vorbereitet hatten. So kam es, dass Niko und Sönke zu den Jungs ins Krankenzimmer kamen. Man konnte ihnen ansehen, dass sie sich etwas unsicher fühlten. Sie stellten sich vor und verteilten ausgeschnittene Sterne, auf die die Kinder ihre Wünsche schreiben sollten, wie alle anderen Patienten auch.

Dem kleinen Simon mussten sie dabei etwas helfen.

„Was wünschst du dir?“ fragte ihn Niko.

„Noch einen Dinosaurier“, rief er aus.

„Ich glaube es nicht“, stöhnte Marko.

Tom wünschte sich, dass er Weihnachten nach Hause könne. Marko wusste, dass das noch nicht sicher war, denn Tom hatte einen komplizierten Trümmerbruch im Fuß.

„Und du?“, wurde schließlich er gefragt.

„Ich weiß nicht“, antwortete er langsam.

„Hast du keine Hobbys?“, wollte Sönke wissen. „Ich mache zum Beispiel Musik.“

„Echt?“ Marko richtete sich interessiert auf. „Was denn für Musik?“

„Flügelhorn“, antwortete Sönke stolz und Marko fiel wieder in sich zusammen. Gab es denn niemanden, der ihn verstand?

„Ich will nur meine Ruhe haben“, sagte er leise.

„Dann lassen wir dir den Stern hier“, sagte Niko, „vielleicht fällt dir später noch etwas ein. Die Wünsche werden übrigens morgen Mittag im Radiosender auf Kanal Zwei vorgelesen. Vielleicht geht ja einer in Erfüllung, wenn alle aneinander denken.“ Sönke und Niko verließen das Zimmer mit herzlichen Grüßen.

Marko ließ den Stern zunächst außer Acht. Was sollte er sich wünschen?

Als seine Eltern am Nachmittag kamen, erzählte er von dem Stern.

„Wünsche dir doch Frieden“, meinte seine Mutter, „den brauchen wir am meisten.“

„Das ist doch kein Wunsch für einen 10-jährigen Jungen“, entgegnete der Vater.

„Fällt dir was Besseres ein?“, sagte die Mutter.

„Ein Handball“, antwortete sein Vater. Marko hielt sich die Ohren zu.

Gegen Abend war der Stern immer noch nicht beschrieben. Simon war schon an der Seite seines Dinosauriers eingeschlafen, Tom hatte noch den Fernseher laufen und die Kopfhörer im Ohr. Marko starrte an die Decke.

„Wie schön wäre es, wenn mich wirklich jemand verstehen würde?“, dachte er. „Keiner versteht, was ich wirklich will“, murmelte er vor sich hin.

„Vielleicht wäre das ein Wunsch für deinen Stern“, hörte er auf einmal die Stimme der Abendschwester. Marko zuckte zusammen, er hatte sie gar nicht kommen hören, so in Gedanken war er. Sie hatte den Stern kurz zur Seite gelegt, als sie ihm etwas Wasser hinstellte.

„Du hast doch den Stern noch nicht beschrieben, wünsche dir doch, dass jemand erkennt, was du wirklich brauchst und willst. Ich finde, das ist ein schöner Wunsch. Außerdem ist es manchmal gar nicht so leicht zu erkennen, was ein anderer wirklich braucht.“

„Du meinst, ich soll das als Wunsch auf den Stern schreiben?“

„Warum denn nicht? Es ist doch dein Wunsch, oder?“

Marko nickte.

„Soll ich dir helfen wegen deiner Hand?“

„Nein, es geht schon“, antwortete Marko, nahm einen Stift aus der Nachttischschublade und beschriftete den Stern. ‚Ich wünsche mir, dass mich jemand wirklich versteht und mir zuhört, was ich möchte. Marko’, schrieb er auf den Stern und unterstrich das „ich“ vor „möchte“.

„Ich kann den Stern mitnehmen und beim Sender unten im Haus abgeben“, bot die Krankenschwester an, „dann geht der Wunsch morgen noch auf Sendung.“

Am nächsten Tag schalteten alle zur Mittagszeit das Radio laut. Sie waren gespannt darauf, ihren Wunsch zu hören und darauf, was sich andere gewünscht hatten. Der Krankenhauspastor leitete die Sendung ein, Niko und Sönke waren auch mit dabei. Als er gerade damit begann, die Wünsche vorzustellen, kam überraschend Markos Mutter ins Zimmer.

„Du? Jetzt schon?“, rief Marko.

„Nette Begrüßung“, antwortete seine Mutter irritiert.

„Psst“, meinte Tom, „ich will unbedingt meinen Wunsch hören.“

„Welchen Wunsch?“, fragte Markos Mama nach.

„Ach, hör jetzt einfach mal zu, Mama“, meinte Marko nur.

Seine Mutter schwieg.

Viele Wünsche der Erwachsenen fanden die Jungs in Markos Zimmer langweilig.

„Wer lange im Bett liegen muss und viele Schmerzen hat, wünscht sich doch nicht wirklich Weltfrieden, oder?“, kommentierte Tom.

Aber immerhin sollte fünfunddreißig Mal ‚Gesundheit’ auf den Sternen` gestanden haben. Viele hatten dazu Wünsche für Familienmitglieder. Eine hatte auch einen Wunsch für ihren Arzt, den Wunsch nämlich, dass er noch vielen anderen Menschen helfen könne. Marko fand, dass das ein schöner Wunsch war.

„Und jetzt kommen wir zu den Wünschen der Kinder“, ertönte die Stimme des Pastors durch den Lautsprecher. „Anna aus dem Zimmer Zwei der Kinderstation wünscht sich…“ und es folgten viele Sachwünsche all der Kinder im Haus Drei des Klinikums. Marko beobachtete, wie Simon sehnsüchtig auf seinen Dinosaurierwunsch wartete und jubelte, als er seinen Namen hörte.

„Wir haben aber auch andere Wünsche“. Jetzt war es die Stimme von Niko. „Ingalena zum Beispiel wünscht sich, dass ihre Oma mit der Familie Weihnachten feiern kann.“

Dann kam Sönkes Stimme: „Wiebke wünscht sich, dass sie sich mit ihrer Zwillingsschwester besser versteht.“

Wieder Niko: „Sandra hofft darauf, dass ihre Eltern wieder zusammenziehen, sie ist traurig, dass sie sich getrennt haben.“

„Und zwei Jungs aus Zimmer Sieben“, begann Sönke, „wünschen sich dies: Tom möchte unbedingt Weihnachten nach Hause und das ist noch nicht sicher, weil sein Fuß so schwer verletzt ist. Also drücken wir ihm die Daumen! Und ganz spät erreichte uns gestern noch der Wunsch von Marko. Er schreibt: …“

„Na, da bin ich ja gespannt“, sagte Markos Mama.

„…Ich wünsche mir, dass mich jemand wirklich versteht und mir zuhört, was ich möchte, und er hat das „ich“ vor dem „möchte“ dick unterstrichen.“

Marko bemerkte, dass seine Mama schluckte und ihn dann fragend und traurig ansah.

„So viele Wünsche und Hoffnungen“, sagte der Pastor. „Wir bitten darum, dass sie in rechter Weise in Erfüllung gehen und denken an all die Menschen, die diese Wünsche in sich tragen. Wir werden alle Wünsche auf den Sternen in unserer kleinen Klinikkirche aufhängen, als Wunschsternenhimmel. Vielen Dank an alle, die sich beteiligt haben und an die Jugendlichen, die die Aktion mit durchgeführt haben.“

Es folgte Musik.

Mamas Schweigen war unerträglich. Dann räusperte sie sich und sagte: „Ich will es versuchen, Marko. Ich versuche es eigentlich immer, aber vielleicht habe ich nicht richtig zugehört?“ Sie legte ihre Hände hinter die Ohrmuscheln und sagte: „Also, ich bin bereit, schieß los.“

Marko musste lachen, weil seine Mutter mit den Händen hinter den nun vor geklappten Ohren so aussah, als hätte sie Elefantenohren.

„Marko, ich meine es ernst“, sagte sie.

„Okay, Mama. Also: Ich möchte wirklich nicht Handball spielen und auch keinen Handball geschenkt bekommen.“

„Angekommen. Und weiter?“

„Ich möchte auch keine Primaballerina werden.“

„Gott sei Dank.“ Mama seufzte erleichtert.

„Aber ich möchte gern Schlagzeug spielen oder Gitarre. Ich liebe Musik, aber nicht die von Papa.“

„Aha.“ Mama wirkte nachdenklich. „Schlagzeug oder Gitarre“, wiederholte sie dann.

„E-Gitarre am besten“, bekräftigte Marko.

„Und weißt du, was ich möchte?“, fragte sie Marko dann.

„’Nen braven Jungen?“, antwortete er.

„Das ist zwar ganz schön, aber wichtiger ist mir doch ein glücklicher Junge“, sagte sie, „gut, dass du den Stern noch beschriftet hast.“

Jetzt war Marko auch froh darüber. Seine Mutter gab ihm ein Küsschen auf die Stirn.

Marko erholte sich gut und einige Tage später durfte er nach Hause. Er verabschiedete sich von Simon und dessen Dinosaurier und von Tom, der ihn überglücklich anstrahlte, weil er erfahren hatte, dass sein Wunsch in Erfüllung gehen würde: Er konnte zum Weihnachtsfest für zwei Tage nach Hause.

Bevor Marko das Krankenhaus verließ, wollte er unbedingt noch einmal mit seinen Eltern in die Klinikkirche, um den Sternenhimmel zu sehen. Die kleine Kapelle war schummrig beleuchtet und links vom Altar stand schon die Weihnachtskrippe, aber noch ohne Jesuskind. Über der Krippe an der Wand fanden sich all die Sterne mit den Wünschen der Patienten.

„Das ist schön, Mama“, sagte er ganz leise, „hoffentlich gehen ganz viele Wünsche in Erfüllung.“

„Bestimmt“, meinte sie.

Marko schwieg während der ganzen Rückfahrt im Auto. Der Sternenhimmel ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Egal, was er zu Weihnachten bekommen würde, ein Wunsch war schon in Erfüllung gegangen: Seine Eltern hatten ihm zugehört und ihn besser verstanden. Das hatte er gespürt.

 

 

Anke Dittmann ©

Brüder

 

Pit fasste mich am Arm und riss mich zu sich herum. „Was machst du denn hier“, rief er so laut, dass sich mehrere, die an uns vorübergingen, umdrehten. Pit ist mein großer Bruder. Wir haben nicht viel gemeinsam. Und meistens findet er mich nur nervig und peinlich.

„Ich sammle Spenden für Afrika“, antwortete ich und hielt ihm die Dose vor die Nase. Einschüchtern lasse ich mich schon lange nicht mehr, auch wenn Pit fünf Jahre älter ist als ich.

„So ein Schwachsinn“, tönte er zurück, „das kommt doch eh nie an.“

„Ich glaube daran, denn eine Gruppe aus der Gemeinde fährt da selbst hin und wir haben auch in der Schule schon…“, bevor ich ausreden konnte, unterbrach mich mein Bruder.

„Kannst du nicht mal was Normales machen? Sport oder Musik. Wenn dich hier jemand sieht aus meiner Klasse…“

Hatt’ ich’s mir doch gedacht, die Sache war ihm wieder peinlich. Dabei wusste er doch, dass ich auch gern zum Handball gehe und bald mit Gitarre anfangen würde. Doch, dass ich mich in einer Gruppe für arme Menschen engagiere, dass konnte er nicht verstehen. Genauer gesagt bin ich in einer neuen „Eine-Welt-Gruppe“, wir haben sie in der Schule gegründet, nachdem wir über Ostafrika gesprochen haben.

Und manchmal gehen wir eben sammeln und informieren andere in der Einkaufzone über den Hunger in der Welt, über wachsende Dürre und über Unrecht. Mir ist das wichtig. Neben unserer Lehrerin, unserem Pastor und drei anderen aus der achten Klasse, sind wir noch vier aus der fünften Klasse, die mitmachen.

„Wenn mich jemand aus deiner Klasse sieht, werde ich ihn freundlich grüßen und ihm sagen, dass du uns voll Freude unterstützt hast“, entgegnete ich.

Bei Pit stieg nach diesen Worten Wut auf. Doch, als meine Lehrerin sich zu mir umdrehte, verdrückte er sich – Gott sei Dank!

Erst am Abend sahen wir uns wieder. Er war nun besserer Laune, denn er hatte günstig ein Trikot von seinem Lieblingsverein bekommen, ein echtes Schnäppchen. Natürlich hatte er es gleich angezogen. Es sah echt cool aus.

„Dafür solltest Du mal sammeln gehen“, meinte er.

„Wir haben fast 350-€ zusammen bekommen, dafür können Hilfsgüter und Medikamente gekauft werden oder Saatgut oder Zelte für Flüchtlinge.“

Pit holte Luft, aber meine Mutter griff wie immer ein, bevor es zwischen Pit und mir richtig krachen konnte. „Jedem das seine, Pit. Ich finde es gut, dass sich Mark in der Gruppe engagiert. Und dein Trikot ist auch toll, da hast du echt Glück gehabt.“ Das war das Zeichen für Pit, dass er jetzt den Mund halten soll.

Egal, was Pit meinte, ich blieb in der Gruppe aktiv. Und was dann geschah, hätte ich mir nie träumen lassen. Nach den Herbstferien kam Susan in die zehnte Klasse meines Bruders. Sie kam aus den USA und lebte für ein Jahr bei unserem Pastor. In den ersten Wochen hatte sie noch einen Deutschkurs, deshalb war sie später gekommen. Ich lernte sie kennen, als sie in unsere Gruppe kam. Ich mochte sie gleich und ihren amerikanischen Akzent fand ich lustig. Dass Susan sicher mit das hübscheste Mädchen an der Schule war, interessierte mich damals noch nicht so.

Beim Abendessen erzählte ich vom letzten Treffen.

„Also, bei uns in der Gruppe ist jetzt ein Mädchen, mit einem ganz komischen Akzent“, begann ich. „Sie kommt aus Tennessee, das ist ein Staat der USA.“

„Was du nicht sagst.“ Pit machte sich mal wieder über mich lustig.  „Ich dachte, das liegt am Südpol.“

„Du bist ja auch blöd“, gab ich zurück. Und schon hob Mama wieder beschwichtigend die Hand. Keinen Streit beim Essen.

„Der macht mich noch ganz krank mit seinem Gesabbel“, meinte Pit.

„Trink lieber noch ein Schluck, Pit, und halt den Mund“, griff da Papa ein. Dann fragte er mich: „Wie heißt denn das Mädchen?“

„Susan“, antwortete ich kurz, doch diese Antwort veränderte alles.

„Susan?!“, fragte Pit ungläubig nach. „Die ist doch bei uns in der Klasse. Und ich dachte, es sind noch mehr aus Tennessee gekommen und du meinst jemand anderen.“ – „Echt, die Susan ist bei dir in der Gruppe?“

„Sag mal, was ist denn mit dir los?“, fragte ich.

„Wann findet eure Gruppe immer statt?“, fragte er geistesabwesend zurück.

„Immer dienstags um 18 Uhr“, sagte ich. „Wir treffen uns im Gemeindehaus.“

„Und die Susan ist auch da?“, wollte Pit genau wissen.

„Yes, Sir!“, antwortete ich und konnte mir ein gewisses Grinsen nicht verkneifen.

So kam es, dass Pit mich am nächsten Dienstag begleitete. Er war wie verändert. Er bereitete den Raum mit vor, teilte etwas zu trinken aus und lauschte dem Bericht eines Jugendlichen, der ein Jahr in Kenia beim Roten Kreuz mitgeholfen hatte.  Dieser hatte Bilder mitgebracht. Er berichtete, wie schlecht es den Menschen dort geht, und dass viele kein Geld haben, um für ihre Gesundheit zu sorgen. Viele Menschen auf den Bildern waren erschreckend dünn, aber auch die Tiere wirkten abgemagert. Er erzählte weiter von der Not in den Dürregebieten und wie schwer es war, wenn sie Lebensmittel verteilt haben und nicht genug hatten und viele hungrig zurücklassen mussten.

Pit tat so interessiert, fragte nach, machte Vorschläge, als wollte er der nächste Jesus werden. Mir ging das jetzt auf die Nerven, da ich ja wusste, dass ihn nicht unsere Hilfe, sondern Susan interessierte.

„Beim Stadtfest am übernächsten Wochenende wollen wir wieder Spenden sammeln“, erzählte unser Pastor. „Seid ihr dabei?“

Ich sah, wie Pit schluckte.

„Ja, ich bin da“, sagte Susan noch etwas schüchtern. „Du auch, Pit?“

Jetzt musste mein Bruder Farbe bekennen.

„Ich weiß noch nicht genau, da ist auch ein Fußballspiel“, antwortete er vorsichtig.

„Ach, macht nichts“, sagte ich dann. „Das schaffen wir auch so.“ Pit schaute mich böse an.

„Vielleicht kann ich ja nachkommen“, meinte er dann.

Als er dann tatsächlich beim Stadtfest nach seinem Spiel auftauchte, dachte ich: „Das muss wahre Liebe sein.“ Ich bin zwar nur der kleine Bruder, aber blöd bin ich nicht. Mama hat allerdings gesagt, ich soll nicht so lästern, Hauptsache Pit sei dabei.

Pit schloss sich Susan an. Zusammen sammelten sie wie die Weltmeister. Dabei lachten sie, gingen auf andere zu, informierten und hielten immer wieder die Spendenbüchse hin.

Auf einmal kamen aber Sönke und Mike aus Pits Klasse und das Bild änderte sich. Sie tuschelten und lachten. Dabei zeigten sie mit dem Finger auf Susan und Pit. Pit blieb das nicht verborgen. Er wurde rot. Da lachten die noch mehr. Es tat mir leid. Pit wandte sich ab.

Im Getuschel der beiden Klassenkameraden klang das Wort: „Idiot“ mit. Da wurde ich richtig sauer. Pit war immerhin mein Bruder und eine Familie muss zusammenhalten.

Als ich dann sah, wie einer der beiden einen Stein aufhob und in sein Taschentuch legte, um ihn wie mit einer Steinschleuder auf Pit abzuschießen, ging es mit mir durch. Ich stürzte mich auf ihn und riss ihn um. Es begann sofort eine Schlägerei, da beide auf mich einschlugen und Pit mir augenblicklich zur Seite stand. Bis unser Pastor dazwischen war, hatte ich schon einen blauen Fleck am Auge und mit dem Knie war ich übel aufgeschlagen. Pit war im Staub gelandet und hatte eine Schürfwunde am Arm, die blutete. Unsere Gegner sahen auch nicht besser aus.

Der Pastor stellte uns zur Rede. Wir mussten uns alle entschuldigen. Die anderen ein bisschen mehr als wir, fand ich. Aber das Ganze hatte doch noch zwei gute Seiten. Die eine: Susan hat uns mit den „Erste Hilfe Sachen“ versorgt und begleitete uns nach Hause, wohin sie später noch öfter kam, weil Pit und sie Freunde wurden. Und die zweite gute Sache war: Pit und ich halten seitdem zusammen wie Pech und Schwefel, wie echte Brüder eben.

 

 

Anke Dittmann ©

Es ist für uns eine Zeit angekommen

 

Es ist für uns eine angekommen.

Es ist angekommen.

Große Freud’!

Für uns!

Für uns eine.

Für uns eine große Freud’.

Angekommen!

Eine Zeit großer Freude!

Ist das angekommen bei uns?

 

 

Anke Dittmann ©

Falsche Geschenke vom Nikolaus

 

Niklas war ein Bastler und Zauberer, Julia eine Leseratte. Dazu liebte Julia ihre Ruhe, abgetaucht in die Geschichte ihrer heiß geliebten Bücher konnte sie Störungen nicht leiden. Niklas dagegen war immer offen für ein Experiment, da konnte es auch mal laut zugehen, wie bei Knall letzte Woche, als er mit den neuen, gigantischen Luftballons und Feuer hantierte. Darum kannte ihn jeder in der Ruprechtstraße und jeder hätte schon gern einmal an Niklas mit der Rute von Knecht Ruprecht ein Exempel statuiert. Dieser Schlingel! Gemeingefährlich. Julia dagegen fiel nie unangenehm auf. Sie war nett und höflich, still und hilfsbereit, solange man sie in Ruhe lesen ließ.

Niklas und Julia besuchten dieselbe Schule. Niklas war schon in der Oberstufe, Julia in der 10. Klasse. Beide kannten sich, natürlich, denn sie wohnten beide in der Ruprechtstraße. Julia in dem kleinen Bungalow gleich vorn an, Niklas in dem alten Siedlungshaus weiter die Straße hinab. Hinten, in dem alten Stall, wo früher das Kleinvieh gehalten wurde, hatte er sich seine Werkstatt eingerichtet. Ein Labor, bestaunt von Mitschülern, wenn sich einmal jemand dahin, verirrte, gefürchtet von allen Nachbarn.

Julia teile ihre Leidenschaft für Bücher mit ihrer Mutter. Das Wohnzimmer in ihrem Haus glich einer Bibliothek, die es von Umfang her gut und gerne mit einer kleineren Leihbibliothek hätte aufnehmen können. Und auch Julias Zimmer war von oben bis unten voller Bücher. Julia und ihre Mutter lebten allein im Bungalow. Ihr Vater war früh verstorben und ihre Mutter war seit seinem Tod oft seltsam abwesend und unkonzentriert. Sie musste ihren Beruf aufgeben und in Frührente gehen. Jetzt malte sie und las. Julia genoss es, dass ihre Mutter immer für sie da war. Oft tauschten sie sich über die Bücher aus, die sie lasen. Aber beide lebten ganz für sich.

Niklas dagegen hatte noch zwei kleinere Geschwister, Jonas und Flo, vor denen er viele seiner Experimente verborgen halten musste: zu gefährlich. Einmal hatte er versehentlich seine neuen Fackeln im Flur stehen lassen. Schon hatte sich sein kleiner Bruder Jonas eine der Fackeln geschnappt und damit im Wohnzimmer die HSV-Fahne seines Vaters angezündet. Da wäre fast das Haus abgebrannt und Niklas hatte wieder alle Hände voll zu tun, vor den Eltern den Erhalt seine Werkstatt zu verteidigen.

Was Niklas und Julia aber verband, ohne dass die beiden es wussten, war die Erfahrung von Einsamkeit. Julia floh davor in ihre Bücher und lebte oft in Traumwelten, Niklas verschwand in seiner Werkstatt und entwickelte irgendwas und träumte dabei Zauberer oder Erfinder zu sein. Wer von den anderen in der Klasse wusste schon wie es war, wenn der Vater früh starb und die Verantwortung für die Mutter mit auf den eigenen Schultern ruhte? Wer von den computersüchtigen Mitschülern legte schon noch selbst Hand an und experimentierte in einem alten Stall, weil es mit den beiden kleinen Geschwistern im Haus einfach zu eng und anstrengend war? Beide fanden niemanden, wo sie sich verstanden fühlten. Da half nur, noch mehr lesen und noch mehr experimentieren, damit diese Einsamkeit nicht so auffiel.

Es war Winter geworden. Niklas feierte seinen Namenstag, wie jedes Jahr am 6. Dezember, dem Nikolaustag. Als er am Morgen aufwachte, freute er sich über den Schnee. Es hatte schon lange nicht mehr geschneit. Oft erinnerte er sich an einen Urlaub im Odenwald zurück. Sie waren einige Tage nach Gammelsbach gefahren. Ein kleiner eher langweiliger Ort, doch als sie da waren, fiel so viel Schnee, dass sie eingeschneit wurden. Damals wurden deshalb sogar die Weihnachtsferien verlängert, das war fast eine richtige Schneekatastrophe. Aufregend.

Nach dem Frühstück packte er sein Geschenk aus, das seine Eltern ihm zum Namenstag geschenkt hatten und dann natürlich noch das, was der Nikolaus ihm in den Schuh gelegt hatte. Eigentlich war er dafür ja zu alt, aber seine Eltern bestanden darauf, weil seine kleinen Geschwister ja auch noch ihre Schuhe rausstellten. Seine Eltern meinten es gut mit ihm, sie schenkten ihm zum Namenstag einen neuen Zaubertrick mit Würfeln. Den hatte er sich schon lange gewünscht. In dem Nikolauspaket aber befand sich ein Buch: „Tintenherz“. „Was soll ich denn damit?“, dachte Niklas bei sich. Ist das nicht ein Mädchenbuch? Und überhaupt ein Buch?! Niklas las nicht so gern.

„Ach, ein Buch“, meinte sein Vater in einem Tonfall, als wäre der Inhalt des Pakets für ihn eine Überraschung. „Sicher möchte der Nikolaus, dass du einmal mehr liest.“

„Dem Nikolaus ist das sicher egal, aber dir nicht, Papa!“, ging es Niklas durch den Kopf.

Trotzdem bedankte er sich artig, er wollte ja keinen Stress mit den Eltern.

Natürlich war auch am Ende der Ruprechtstraße im kleinen Bungalow Nikolaustag. Als Julia ihr Geschenk aus dem Stiefel auspackte, wunderte sie sich. Kein Buch? Eintrittskarten waren darin. Eintrittskarten für ein Fußballspiel?!

„Was hat sich der Nikolaus denn dabei gedacht?“, entfuhr es ihr und sie war froh, dass sie den Nikolaus vorschieben konnte, denn sie fragte sich ernsthaft, was ihre Mutter sich denn dabei gedacht hatte. „Der Nikolaus dachte sicher, dass du mal etwas unternehmen solltest und auch mal raus aus dem Haus“, flötete die Mutter, als hätte sie ihre pädagogisch wertvollen zehn Minuten. „Es sind zwei Karten für ein gutes Bundesligaspiel. Bayern München gegen den Hamburger Sportverein, also suche dir eine nette Freundin oder besser noch einen Freund und los geht’s.“

„Danke schön“, sagte Julia zögerlich und ganz leise und dachte; „Fußball, mein Gott, ich interessiere mich doch nicht für Fußball. Und verkuppeln will sie mich auch noch. Das ist bestimmt ein Tipp von ihrem neuen Therapeuten.“

Nach dem Frühstück ging Julia einen Moment in den Garten, um frische Luft zu schnappen, nach dem Schrecken vom Nikolaus, aber auch, um den Schnee zu bewundern und Fotos zu machen. Im Vorgarten stand ein kleiner Ginsterstrauch, der mit Schnee überzogen wunderschön aussah. Als sie das Foto machte, kam gerade Niklas vorbei, der auch dringend frische Luft brauchte.

„Hallo Julia“, grüßte er.

„Hallo Niklas.“

„Auch mal frische Luft schnappen?“, sagte er mehr so einfach vor sich hin.

„Wegen dem Schnee. Ich mache ein paar Fotos. Übrigens: Alles Gute zum Namenstag.“

„Danke“, sagte er kurz.

„Du bist nicht gut drauf, oder? Haben deine Eltern deinen Namenstag vergessen?“, fragte Julia nach.

„Nein, aber ich habe etwas ganz merkwürdiges geschenkt bekommen. Ein Buch.“

„Toll, ein Buch. Wunderbar. Welches denn?“

„Du interessierst dich für Bücher?“, fragte Niklas verwundert.

„Kann man so sagen“, untertrieb Julia, „also welches Buch hast du geschenkt bekommen?“

„Tintenherz.“

„Tintenherz! Toll! Ist echt spannend!“

„Ja? Du kennst das Buch?“

„Klar, aber ich habe es noch nicht. Ich hätte mich gefreut.“

„Und du, Julia, hat dir der Nikolaus auch was in den Schuh gesteckt?“, fragte Niklas.

„Ja, meine Mutter ist etwas altmodisch und besteht darauf, dass ich den Schuh immer noch rausstelle. Diesmal hat sie mir leider kein Buch in den Schuh gelegt, sondern Bundesligakarten für zwei Personen.“

„Cool, welches Spiel denn?“, Niklas wurde neugierig.

„Ich glaube Bayern gegen Hamburg oder so.“

„Ein Spitzenspiel! Warst du schon mal im Stadion? Ist echt ’ne tolle Atmosphäre da. Super Geschenk!“

„Ich weiß nicht. Ich hab auch gar keinen, mit dem ich da hingehen kann.“

Niklas grinste. „Lass uns doch ein Geschäft machen. Ich gebe dir Tintenherz und du nimmst mich dafür mit ins Stadion.“

„Echt, du würdest mir das Buch geben?“

„Aber nur, wenn ich mit zum Spiel kann.“

„Von mir aus“, sagte Julia, „es ist gleich das erste Spiel nach der Winterpause.“

„Abgemacht! Willst du das Buch gleich haben?“

„Wenn’s dir recht ist.“

„Dann komm doch eben mit zu mir“, lud Niklas Julia ein, „ich habe das Buch schon in meiner Werkstatt.“

„Der berühmt berüchtigten, wo es immer kracht und zischt?“, Julia lachte, „da bin ich ja mal gespannt.“

So betrat Julia das erste Mal die Werkstatt von Niklas und staunte. Sie fragte aber auch nach und probierte das ein oder andere aus, den neuen Zaubertrick zum Beispiel. Fantastisch. Und sie war gar nicht so ungeschickt dabei.

Als Niklas dann Julia mit dem Buch nach Hause brachte, staunte er über die Bücher bei ihr im Wohnzimmer, über die Bücher im Flur und über die Bücher in Julias Zimmer.

Das neue Jahr brach an und die Mutter von Julia freute sich, als Julia tatsächlich gern ins Stadion fuhr, mit diesem Zauberer, der ein paar Häuser weiter wohnte und neuerdings einen Lesesessel in seiner Werkstatt haben sollte. Einen sehr bequemen Lesesessel – wie ihre Tochter bestätigte.

Und die Eltern von Niklas wunderten sich, dass dieser dann plötzlich doch das ein oder andere Buch im Zimmer liegen hatte, wenn auch nicht Tintenherz und wenn er auch nicht alle wirklich las.

Der Nikolaus irrt sich eben doch nicht, wenn er etwas verschenkt.

 

Anke Dittmann ©

Nicos Kostümidee

 

„Hat Maline dich auch zu ihrem Geburtstag eingeladen?“, fragte Nico seinen Freund Max in der Pause.

„Ja“, antwortete der, „weißt du, dass es eine Kostümfete werden soll?“

„O weh! Als was verkleidest du dich?“, wollte Nico wissen.

„Ich habe noch keine Idee.“

„Geh doch als Banane“, witzelte Marie, die das Gespräch der beiden mitgehört hatte. „Bist ja eh so lang und dünn.“

„Halt die Klappe“, gab Max schroff zurück und entfernte sich mit Nico ein paar Schritte.

„Dass Mädchen einem immer so auf die Nerven gehen müssen“, stöhnte er.

„Marie kann eben einfach nicht ihren Mund halten“, meinte Nico.

„Von Paul weiß ich, dass er als Fußballspieler kommen will und Emma wird sich als Tänzerin verkleiden“, sagte Max.

„Nicht besonders einfallsreich, finde ich“, meinte Nico.

„Uns wird schon noch was Besseres einfallen“, meinte Max, „hauptsache meine Mama will mich nicht in das alte Hasenkostüm reinzwängen.“

Nico lachte und Max schaute ihn böse an.

„Entschuldigung“, sagte Nico, „aber das ist wirklich eine zu komische Vorstellung, wie du mit langen Ohren und Zähnen durch das Wohnzimmer hoppelst.“

„Du bist auch nicht viel besser als Marie“, gab Max sauer zurück.

Es klingelte zur Stunde und Nico und Max mussten sich jetzt erst einmal auf den Matheunterricht konzentrieren, denn in der nächsten Stunde sollte eine Arbeit geschrieben werden.

Auf dem Weg nach Hause dachte Nico weiter darüber nach, was er zu diesem Kostüm-Geburtstag anziehen könnte. Aber das war gar nicht so leicht. Als Cowboy oder Indianer war er schon im Kindergarten verkleidet gewesen und Pirat war auch nicht originell.

Zuhause beim Mittag fragte er seine Mutter: „Wie soll ich mich verkleiden zu Malines Geburtstag?“ Und im gleich Moment bereute er es, denn sein großer Bruder Eric antwortete: „Geh doch als gegrilltes Hähnchen mit deiner Gänsehaut!“

Nicos Mutter schaute Eric streng an, doch der antwortete: „Ist doch wahr, dies Verkleiden ist doch Kinderkram.“

„Ich finde die Idee ganz gut“, antwortete seine Mutter. „Nico, geh doch als Gespenst.“

„Langweilig“, meinte Nico.

„Dann als Indianer.“ – „War ich schon im Kindergarten.“ – „Dann geh als irgendein Tier.“

„Oh ja, Nico könnte ja als Brillenschlange gehen, so lange wie der immer über den Büchern hockt“, warf Eric ein und wurde daraufhin von seiner Mutter aus der Küche gewiesen.

„Wenn dir jetzt nichts einfällt, denke einfach eine Weile nicht darüber nach. Denn die besten Gedanken kommen oft von allein“, tröstete ihn seine Mutter, stand auf und deckte den Tisch ab. Nico half noch ein wenig und ging dann auf sein Zimmer.

 

Die Sache mit dem Kostüm ging ihm nicht aus dem Kopf. Er konnte sich gar nicht auf die Hausaufgaben konzentrieren. Er ärgerte sich, als er sich deshalb so oft im Deutschheft verschrieb. So hörte er einfach auf und warf sich auf sein Bett. Er schaute sich im Zimmer um.

Er brauchte einfach eine tolle Idee. Sein Blick wanderte über sein Bücherregal. Da stand sein Angelbuch mit dem Xander vorne drauf. Aber als Fisch wollte er sich nicht verkleiden. Dann stand dort das alte Bilderbuch von dem kleinen Spatz Pieps, aber dafür fühlte sich Nico zu alt. Dann kamen die Bücher über Afrika. Eric hatte sie ihm geschenkt. Der hatte ja auch zum Schrecken seiner Mutter einen Skorpion im Terrarium.

Einen Moment dachte Nico darüber nach, wie ein Skorpion-Kostüm aussehen könnte.

„Nein, das würde nicht gehen, viel zu schwer“, dachte er dann.

Ihm wurde langweilig. Er schnappte sich seine leere Brotdose aus dem Ranzen, brachte sie zu seiner Mutter in die Küche und schnappte sich noch einen Apfel. Dann rief er nach Capucina. Capucina war ihr Hund, genau gesagt eine alte Mischlingshündin. Sie war kaffeebraun und wuschelig. Mama hatte sie aus dem Tierheim geholt. Die Hündin war so alt, dass sie niemand sonst mehr haben wollte. Sie hatten in der Familie schon oft alte Hunde gepflegt.

Nico lief die übliche Runde mit Capucina durchs Dorf. Auf dem Weg traf er Max.

Hallo“, rief der schon von Weitem. Sie gingen ein Stück gemeinsam.

„Na, hast du schon eine Idee für das Kostüm?“, fragte er Nico.

„Ne“, gab Nico etwas griesgrämig zurück.

„Ich komme als Feuerwehrmann“, sagte Max dann. „Vielleicht gibt es ja draußen noch ein Lagerfeuer, dann ist so ein Feuerwehrmann gut zu gebrauchen. Außerdem habe ich ja alle Sachen dafür.“ Max war bei der Jugendfeuerwehr.

„Der hat es gut“, dachte Nico.

Max war auf dem Weg zur Apotheke und verließ Nico wieder.

Jetzt kam Maline auf ihn zu. Auch das noch.

„Na, wie geht es dir, Nico?“, fragte sie.

„Schon okay“, antwortete er.

„Ich bin mal gespannt auf dein Kostüm zu meiner Feier“, sagte sie dann.

„Ich auch“, dachte Nico, sagte es aber nicht laut.

„Hast du schon eine Idee?“, fragte sie.

Nico, dem das Thema nun schon auf die Nerven ging, rief lauter als gewollt: „Nein, noch nicht.“

Maline erschrak. „Du lieber Gott! Ich hab dich doch nur gefragt. Was ist denn mit dir los?“

Nico sagte nichts.

„Ich komme als Modedesignerin Bentch.“ Maline sprach weiter, ob er zuhören wollte oder nicht. „Mama und ich haben dafür extra ein tolles Kleid entworfen.“

„Schön für dich“, meinte Nico.

„Dir wird bestimmt auch noch was einfallen, Nico“, sagte Maline dann, um ihn aufzumuntern, „Hauptsache, du kommst. Es wird bestimmt lustig.“

Maline ging wieder ihrer Wege und Nico schlurfte mit der alten, langsamen Capucina über den Dorfplatz Richtung Kirche.

„Schade, dass es bei uns keinen McDonalds gibt“, dachte Nico, „ich würde jetzt gern eine Portion Chicken McNuggets verdrücken.“ Aber bis zum nächsten McDonalds war es weit, zu weit für ihn und vor allem für Capucina.

Als sie bei der Kirche vorbei gingen läutete auf einmal eine der Glocken. Nico wunderte sich.

Es klang traurig, wie bei einer Beerdigung oder wie am Karfreitag. Und als er zum Kirchturm hinaufschaute, kam ihm plötzlich die Idee. Jetzt wusste er, wie er sich verkleiden würde. Nicht als Drache oder Krokodil, nein, viel besser. Solch ein Kostüm hatte es noch nie gegeben! Nicos Gesicht hellte sich auf und er kraulte Capucina hinter dem Ohr. Sie schaute ihn dankbar an.

„Solch ein Spaziergang ist eine gute Sache“, dachte er. „Danke, Cina!“ Er beschleunigte seinen Schritt und konnte es kaum erwarten nach Hause zu kommen.

„Hallo Mama“ schrie er durch das ganze Haus, als er zurück war. „ich habe eine Idee. Die Idee!“

Seine Mutter kam die Treppe herunter in die Küche, wo Nico schon gespannt am Tisch saß. Stift und Papier hatte er sich schon gegriffen.

„Na, jetzt bin ich aber gespannt“, sagte seine Mutter.

Nico strahlte sie an. „Ich gehe zum Kostümgeburtstag als der liebe Gott“, verkündete er dann feierlich.

Seine Mutter lehnte sich ein Stück zurück und runzelte die Stirn. Aber sie kannte ihren Sohn. Wenn Nico sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde er nicht lockerlassen.

„Du sollst dir aber kein Bild von Gott machen, heißt es in der Bibel“, sagte sie, „Gott ist überall, wie soll das Kostüm denn aussehen?“

„Ich habe schon eine Idee“, sagte Nico. „Du nähst mir einen Umhang aus einem alten Bettlaken und ich bemale es mit allem, was mir zu Gott einfällt.“

 

So kam es. Als Nicos Mutter das Kostüm genäht hatte, legte Nico es sorgsam auf den großen Esstisch. Dann legte er alte Zeitungen hinein und begann zu malen. Erst die eine und dann die andere Seite. Extra Stoffmalstifte hatten sie dafür gekauft.

Seine Mutter staunte. Nico malte die Erde mit Tieren im Wasser und auf dem Land. Er malte Menschen mit verschiedenen Hautfarben und leckere Sachen zu essen. Dann malte er Jesus, seine Geburt in Bethlehem und wie er die Kinder segnete und dann seine Kreuzigung. Er malte ein großes Herz und ein großes Ohr und einen Mund mit einer Sprechblase. In der Sprechblase standen die 10 Gebote.

Seine Mutter setzte sich zu ihm und sie überlegten gemeinsam weiter. Im Alten Testament sei Gott auch als Wind beschrieben oder als Feuersäule und als Licht, meinte die Mutter. „Außerdem hält er die schützende Hand über uns“, ergänzte Nico und malte eine Hand. „Gott ist auch da, wo Menschen sich verstehen“, überlegte seine Mutter weiter. „Dann male ich zwei, die sich umarmen“, schlug Nico vor.

Es dauerte sehr lange, bis Nico das Kostüm fertig gemalt hatte. Aber es wurde wunderschön, lebenslustig und bunt.

 

Endlich kam Malines Geburtstag. Nico hatte es geschafft, von seinem Kostüm noch nichts zu verraten.

Er zog es schon Zuhause über. Sein Gesicht malte er gelb an und seine Haare sprühten sie goldgelb ein. Das sollte die Sonne sein.

Seine Mutter machte natürlich noch ein Foto von Nico. Solch ein Kostüm hatte es noch nie gegeben.

„Ich bin mir sicher, es würde auch Gott gefallen“, sagte sie Nico noch, als er aufbrach.

 

Am Abend kam Nico strahlend nach Hause. Es war eine wunderschöne Geburtstagsfeier gewesen. Alle hatten Nicos Kostüm bestaunt. Viele Fotos wurden gemacht: „Der liebe Gott“ mit dem „Feuerwehrmann“, „der liebe Gott“ mit der Modedesignerin Bentch“, „der liebe Gott“ mit dem „Fußballspieler“ und der „Tänzerin“.

Nico zog sein Kostüm ganz vorsichtig aus. Seine Mutter hängte es auf einen Bügel. Es würde in seinem Schrank einen besonderen Platz erhalten, da war sich Nico sicher.

 

 

 

Anke Dittmann 2011©

Sprechmotette zum Reformationstag

(für 3 Personen mit verteilten Rollen)

 

1: 95 Thesen

2: An der Schlosskirche zu Wittenberg

3: Aus Liebe zur Wahrheit und im Verlangen, sie zu erhellen, sollen die folgenden Thesen in Wittenberg disputiert werden

1: These 27: Lug und Trug predigen diejenigen, die sagen, die Seele erhebe sich aus dem Fegefeuer, sobald die Münze klingelnd in den Kasten fällt

2: Dieser Luther

3: Mut hat er ja

1: Die Kirche tobt

2: Sie werden keine Ablassbriefe mehr los

1: Er macht ihnen das Geschäft kaputt

2: Das Geschäft mit der Angst

3: These 43: Man muss die Christen lehren: Wer einem Armen gibt oder einem Bedürftigen leiht, handelt besser, als wenn er Ablässe kauft

2: Kluger Mann, dieser Martin

1: Lebensmüde und vogelfrei

2: Aber er steht da und kann nicht anders

3: selbst wenn die Welt voll Teufel wäre

2: Endlich einer mit Gewissen

1: Gott helfe ihm

 

3: Luther ist nicht allein

2: Andere sind auch dabei

1: Männer und Frauen

3: Das Priestertum aller Gläubigen

1: Philipp Melanchton und Katharina Zell

2: Elisabeth zu Calenberg-Göttingen und Ulrich Zwingli

1: Johannes Calvin und Anna-Maria Schurmann

2: Manche vergessen heute

3: Besonders die Frauen

1: Luther protestiert und reformiert

2: Gottesdienste auf Deutsch

3: Luther schaut dem Volk aufs Maul

2: Der Papst verbannt ihn

3: Doch Luther verbrennt die Bannbulle

 

1: Priester dürfen heiraten

3: Luther heiratet

2: Katharina von Bora

1: Das evangelische Pfarrhaus entsteht

3: Pfarrmänner, Pfarrfrauen, Pfarrkinder stehen für den Glauben ein

1: Bis heute prägend

2: Erst nur mit der Unterordnung der Frau

1: Dann endlich auch gleichberechtigt

3: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.

 

1: Die Erfindung des Buchdrucks

2: Wie ein Gottesgeschenk

3: Flugschriften überall

1: Unglaublich: die Bibel auf Deutsch

2: Dank Junker Jörg

3: und dem weisen Friedrich, der ihn auf der Wartburg schützte

1: Ein Buch in deutschen Haushalten!

2: Ein Schaft

1: Alle lernen lesen

 

2: Sie lesen:

3: Ihr seid nicht mit Silber oder Gold erlöst worden

1: Erlösung – für Geld nicht zu haben

2: Sie lesen

3: Nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern er hat uns zuerst geliebt

1: Errettung – nicht durch unser Mühen und unsere Werke

2: Mit unserer Macht ist nichts getan

3: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

 

1: Wir sind Protestanten

2: Wir sind getauft. Wir sind frei.

1: Wofür?

2: Um jetzt besonnen und gerecht und gottselig zu leben

3: Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.

2: Gestärkt durch das Abendmahl in beiderlei Gestalt

1: und mit der Gabe des Heiligen Geistes

2: leben wir

1: hier und dereinst

2: Ewig

1: Allein aus Gnaden

2: Gesegnet

 

3: Ich danke dir, mein himmlischer Vater,

durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn,

dass du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast,

und bitte dich,

du wolltest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan habe,

und mich diese Nacht auch gnädiglich behüten.

Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele

und alles in deine Hände.

Dein heiliger Engel sei mit mir,

dass der böse Feind keine Macht an mir finde.

Amen.

 

 

Anke Dittmann ©

 

 

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