Herr Stegner

Herr Stegner in Grabreihe sieben

ist letzte Woche tot geblieben.

Sein Tod kam rasch, zu früh

am Ende eines Tages Müh`.

Geklagt, getrauert und geweint,

hatte man am Grab vereint.

Doch lange ists nicht so geblieben,

Streit gab es in Grabreihe sieben.

Gleich nach dem Erdwurf schon Gemunkel.

Das Testament lag noch im Dunkel

und jeder meinte, dieses Erbe

allein nur ihm zu teil werde.

So war es still beim Leichenschmaus

und jeder ging für sich nach Haus.

Verwandte waren plötzlich Gegner.

Ach, der arme tote Stegner.

 

Dabei hat er laut gelacht,

als seine Seele um halb acht

noch einmal durch das Dörfchen flog,

wo jeder gern mal kräftig log.

Wo lobgepudelt, bauchgepinselt,

die Ehrlichkeit in Gully rinselt.

Wo Gier und Neid ganz oben stehen

und niemals müd` zu Bette gehen.

Ach, wie wird es im Himmel schön,

dachte die Seele noch beim Gehen

und entschwand in die Verheissung,

wohin es geht ganz ohne Leistung,

nur mit dem Herz am rechten Fleck,

denn das ist unser Lebenszweck.

Denn, was du angehäuft auf Erden,

wird meist ein Zangäpfelchen werden.

Schaut lieber hin wie der Herr Stegner

und lacht über die gierig Gegner,

wenn im Streit ums Testament

die Verwandtschaft auseinanderrennt.

Herr Stegner hat es früh geahnt

und sein Geld anderswo verplant.

Es war schon ausgegeben,

denn er genoss sein Leben.

Neben aller Tages Last

machte er doch gern mal Rast.

In die Näh` und in die Ferne

reiste er nämlich ganz gerne.

Nur für das Grab in Reihe sieben

war noch genügend Geld geblieben,

für Bodendecker, Rasenschnitt,

dreimal Bepflanzung und noch mit

Friedhofsgebühr und Tannengrün.

So konnte die Seele ruhig gen Himmel ziehn.

Ja, nun ist er tot geblieben.

Der Herr Stegner Reihe sieben.

Doch er hat gelebt, gelacht

und damit vieles gut gemacht.

 

Anke Dittmann 

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