Kompletter Gottesdienst Estomihi 2023 zu 1. Kor 13
Stichwort „Spiegel“
Ablaufzettel
Gottesdienst
Sonntag vor der Passionszeit – Estomihi
19.Februar 2023
„Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild
wie in einem trüben Spiegel;
dann aber schauen wir Gott von Angesicht zu Angesicht.
Jetzt erkenne ich Gott nur stückweise,
dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;
aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“
(1. Kor 13,12-13)
Vorspiel
Begrüßung
Lied 13,1-4 Lobet den Herren
Pn.: Gott sei mit euch
Gem.: und mit deinem Geist.
Psalm 31 (im Wechsel)
Pn.: Gott, auf dich traue ich,
lass mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!
Gem.: Neige deine Ohren zu mir,
hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels
und eine Burg, dass du mir helfest!
Pn.: Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.
Gem.: Du wollest mich aus dem Netze ziehen, das sie mir heimlich stellten;
denn du bist meine Stärke.
Pn.: In deine Hände befehle ich meinen Geist,
du hast mich erlöst, du treuer Gott.
Alle (gesprochen):
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
wie es war im Anfang jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Klagegebet (endet mit: Darum bitten wir)
Pn.: Kyrie eleison Gem.: Herr, erbarme dich
Pn.: Christe eleison Gem.: Christe erbarme dich
Pn.: Kyrie eleison Gem..: Herr, erbarm dich über uns
Gnadenwort (endet mit: Darum singen wir)
Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade, ein Wohlgefalln Gott an uns hat, nun ist groß Fried ohn´ Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.
Gebet Gem.: Amen
Brieflesung 1.Kor 13
Lied 25 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
Lesung des Evangeliums
Bekenntnis
Lied 50 Du bist mein Zufluchtsort (Kanon)
Predigt
Lied 112: Anker in der Zeit
Abkündigungen
Lied: 190 Verleih uns Frieden gnädiglich (2x)
Fürbittengebet
Vater unser
Sendung und Segen
Nachspiel
(Lieder nach dem Gesangbuch freiTöne)
Begrüßung
Herzlich willkommen Ihnen und euch allen heute hier zum Gottesdienst am Sonntag Estomihi.
Estomihi bedeutet übersetzt „sei mir“ und stammt aus dem Psalm 31. Diesen Psalm sprechen wir gleich und dort heißt es: Sei mir ein starker Fels und eine Burg.“
Zum baldigen Beginn der Fastenzeit begegnet uns heute das Loblied des Paulus auf die Liebe. Er versucht damit, die Gegensätze und Brüche im Leben aushalten zu helfen. Darum wird es heute gehen.
Hinweis auf den Ablaufzettel
Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes.
Gott ist Liebe.
Jesus Christus hat gezeigt, wie Liebe Menschen verändert.
Der Heilige Geist stärkt uns, auch anderen diese Liebe zu schenken. Amen.
Klagegebet:
Gott, wir kommen heute zu dir mit unseren Sorgen.
Wir sind erschüttert von dem Leid im Erdbebengebiet in Syrien und der Türkei.
Wir sind erschrocken darüber,
dass Helfende und Hilfsgüter behindert wurden.
Gott, die Kriegsbilder aus der Ukraine machen ohnmächtig und wütend,
die Kräfte, die Freiheit und Demokratie gefährden, machen Angst.
Gott, wir erkennen ein Erstarken radikaler Kräfte in unserem Land, auch in unseren Dörfern, verstehen nicht, warum aus Leid nicht gelernt wird.
Wir sorgen uns dazu um unser Auskommen, um steigende Preise
und die wachsende Spaltung der Gesellschaft, und vergessen oft, was wir Gutes empfangen.
Gott, wir werden lasch im Umgang mit Fragen des Klimawandelns und fragen uns, was uns in diesen Zeiten noch hoffen lässt und Zusammenhalt stärken kann.
Es gelingt uns nicht, dass wir uns allein auf deine Liebe verlassen. Zu viele Scherben, Veränderungen und Schmerzen verbrauchen unser Vertrauen.
Deshalb bitten wir:
Kyrie
Gnadenwort
In Jesus Christus erfahren wir, was Liebe heißt. Er gibt uns nicht auf. Er ermuntert uns durch seinen Geist, über unseren Schatten zu springen. Wir können weitergehen und mehr erreichen, als wir meinten. Dankbar für diese Barmherzigkeit singen wir:
Gem.: Allein Gott in der Höh´ sei Ehr
Gebet
Gott, du leidest mit uns an dieser Welt und bist dem Leiden in Christus nicht aus dem Weg gegangen. Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und Frieden, nach Verstehen und Hoffnungszeichen. Hilf uns, dass auch wir Mut gewinnen, deiner Liebe zu folgen. In dieser Hoffnung bewahre uns durch Jesus Christus, unseren Freund und Bruder.
Gem.: Amen.
Die GottesdienstbesucherInnen erhalten vor der Predigt einen kleinen Spiegelmosaikstein.
Die Liebe Gottes sei mit uns allen. Amen.
Bei Paulus heißt es: Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel; dann aber sehen wir Gott von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich Gott nur stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; ab die Liebe ist die größte unter ihnen.
Liebe Gemeinde!
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Diese Frage aus dem Märchen Schneewittchen ist weltweit bekannt. Und der geheimnisvolle Spiegel gibt eine Antwort.
Spiegel sind etwas Besonderes, sie ermöglichen es, dass wir uns selbst wahrnehmen. Die Schönste im ganzen Land, die Stiefmutter, muss, als sie älter wird, erkennen, dass Schneewittchen schöner ist als sie. Ob es ihr wirklich der Spiegel sagt, oder sie es sich im Stillen im Blick in den Spiegel eingestehen muss, sei dahingestellt. So ein Spiegelbild zeigt uns ja nicht immer das Angesicht, das wir gern sehen würden.
Für uns heute sind Spiegel selbstverständlich. In jedem Haus hängt ein Spiegel. Manche werfen eventuell noch einen Blick hinein, bevor sie aus dem Haus gehen. Wie sitzen die Haare? Sehe ich so müde aus, wie ich mich fühle? Wie steht mir mein neues Kleid?
Zur Zeit der Märchen war ein Spiegel für die einfachen Menschen ein Luxusgegenstand. Nur Reiche besaßen Spiegel. Erst ab dem 17. Jahrhundert konnte man einfacher Spiegel herstellen und in Königsschlössern entstanden ganze Spiegelsäle.
Im Altertum war sogar das Spiegelbild im Wasser die einzige Möglichkeit, sich selbst zu sehen. Zur Zeit von Paulus kann man von Spiegeln in heutiger Form noch nicht sprechen. Die ersten Spiegel waren aus Metall gegossen und wurden poliert. Zwar entwickelten die Römer im ersten Jahrhundert erste Glasspiegel, aber sie waren selten. Die polierten Metalle gaben nur ein trübes Bild, unscharf, matt. „Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel“, schreibt Paulus.
Das ist unbefriedigend, wenn wir uns gern erkennen möchten. Und das meint Paulus auch im übertragenen Sinn. Wir möchten die Welt gern begreifen, genauer durchschauen, uns selbst besser wahrnehmen. Doch in so vielen bleibt die Welt dem Menschen ein Rätsel und der Mensch dem Menschen auch. Paulus selbst hat es erlebt. War er doch einmal ein Christenverfolger gewesen und hatte Christen zur Anklage geführt. Nun war er selbst Christ geworden, verkündigte die Liebe Gottes, auch unter Lebensgefahr. So sehr können Menschen sich verändern. Und er hat sich für sein früheres Tun sicher geschämt und darunter gelitten, konnte aber das Leid, das er über andere gebracht hat, nicht mehr rückgängig machen.
Es gibt auch Menschen, die nach außen ganz reizend sind. Sie gelten als interessant, aufgeschlossen, offen und nach innen hinein in die Familie sieht es ganz anders aus, da wird bestimmt, befohlen, geherrscht, gedemütigt.
Oder umgekehrt. Zuhause ist alles liebevoll und auf der Arbeit zeigt sich eine andere Seite. – Die möchte ich nicht zur Chefin haben. Eli Wiesel, ein KZ-Überlebender, hat das einmal drastisch gesagt, dass manche der grausamen KZ-Wärter in ihrer Familie wunderbare Väter waren. Gespaltene Persönlichkeiten.
Wie geht das zusammen? Wie ist das auszuhalten? Und wer sind wir wirklich? Wenn wir uns anschauen, bleibt es oft ein unklares Bild wie in einem alten Spiegel – verzerrt. Und dazu ist alles seitenverkehrt.
Niemand ist leicht zu erkennen und zu durchschauen. Manchmal ringen wir mit uns selbst, weil wir spüren, dass es schräg ist, was wir tun oder vorhaben, können aber einen besseren Weg nicht klar erkennen.
Paulus beschreibt mit dem trüben Spiegel auch noch die Beziehung zu Gott. Wir können uns nicht nur selbst nicht genau erkennen, sondern mit Gott kann es uns auch so gehen. Wir verstehen ihn nur stückweise. Es ist wie ein Puzzle, wo wir uns das ganze Bild noch nicht erschließen können. Warum lässt er so viel Leid zu? Warum hat er nicht aufgehört uns Menschen zu lieben? Wir erkennen nur bruchstückweise.
Mir gefällt diese Beschreibung unseres Daseins. Da gibt es im Leben so viele Puzzleteile, die ich einfach nicht zusammenbekomme. Wie können die Freude über Geburt und der frühe Tod an einer grausamen Krankheit in einem Bild verbunden werden? Wie soll ich beim Blick in die Welt angesichts von Krieg und Unrecht und Gewalt Kraft gewinnen, am Puzzle meines Lebens weiterzubauen? So vieles bleibt, dunkel, verzerrt, rätselhaft.
Paulus gibt im Korintherbrief zwei Antworten: Erstens:
- Die Liebe bleibt! Glaube und Hoffnung auch, aber die Liebe ist die größte Kraft überhaupt. Brüche, Veränderungen, älter werden, wunderschöne Glücksgefühle, gelungene Beziehungen, Scheitern, Streit, Enttäuschung, Fragen ohne Antworten… wie kann uns das zusammenhalten als Mensch und als Gemeinschaft? Es geht, wenn wir uns angenommen und geliebt wissen. Von Gott, der mit uns in der Taufe einen Bund geschlossen hat, von unseren Eltern und der Familie, von FreundInnen. Wenn ich Bezugspersonen habe, wo ich so sein darf, wie ich bin. Wo ich Zuhause bin.
Dann erwächst aus der Liebe Hoffnung und der Glaube, dass es sich zu leben lohnt. Ich weiß dann:
*Ich bin nicht wertlos, wenn meine Abschlussprüfung daneben ging.
*Ich bin nicht wertlos, wenn meine Partnerin oder mein Partner mich verlassen hat.
*Meine Lebenszeit ist nicht wertlos, wenn ich auch die Lebenszeit eines geliebten Menschen nicht verlängern konnte und ihn viel zu früh hergeben musste.
*Ich bin nicht wertlos, wenn ich dem Druck im Beruf nicht standhalten kann.
*Mein Leben ist nicht umsonst, auch wenn ich selbst vielleicht nur Bruchteile der Welt verbessern kann.
Und die bleibende Liebe macht es möglich, dass wir einander in allem Leid Erfahrungen von Glaube, Hoffnung und Zuversicht schenken können. – Gemeinsam schweigen, Zeit teilen, Einladungen, gute Worte, etwas zum Wohlfühlen, all das hilft, die Bruch- oder Teilstücke unseres Lebens verbinden oder in unseren Lebensweg integrieren zu können.
Die Liebe Gottes zu uns, die Jesus uns vorgelebt hat, ist dabei ein gutes Vorbild. Man kann es auch so sagen: Mit jeder Tat der Liebe kommt der Himmel schon jetzt auf die Erde.
Antwort zwei von Paulus:
- Es wird eine andere Zeit kommen als unser Jetzt. Zweimal sagt er: dann aber. Er verheißt, dass wir Gott schauen werden von Angesicht zu Angesicht und dann werden wir ihn und uns ganz erkennen. Die offenen Fragen werden eine Antwort finden. Wir werden mit dem Durcheinander in uns und in unserer Lebensgeschichte und unserer Welt nicht ohne Antwort bleiben. Aus dem Vorläufigen hier wird etwas Endgültiges.
Zugegeben, manches möchte ich jetzt schon genau wissen. Es gibt so viele große Warum?-Fragen ohne Antwort. Dass habe ich nicht nur bei Beerdigungen oft so empfunden, sondern auch bei Naturkata-strophen, für die Menschen nichts können, wie Erdbeben – wie jetzt in Syrien und der Türkei, und in der Folge davon Tzunamis, die so viele Menschenleben zerstören, wie wir es vor Jahren im indonesischen Raum erlebt haben.
Aber der Glaube hilft mir, trotzdem nicht aufzugeben. Weil es Schreckliches und Böses gibt, muss ich nicht aufhören, Gutes zu versuchen, Schönes zu schenken, oder an Gott zu glauben.
Hätte Gott uns sonst, nachdem Menschen Jesus gequält und hingerichtet haben, die Osterhoffnung geschenkt?
In den Stückwerken unseres Leben, im trüben Spiegel, der uns nicht alle Fragen beantwortet, und auch im Blick in den klaren Spiegel, der uns auf uns zurückwirft und kein Durchgang in eine neue Welt ist, wie in vielen märchenhaften Geschichten, – in all dem bleiben wir gehalten. Gehalten von einer Liebe, die uns hier und jetzt Kraft zum Leben gibt. Wir erleben sie im Vertrauen auf Gott und in einem liebevollen Miteinander, dass Gott uns zutraut.
Diese Liebe Gottes hat Paulus durch sein wechselhaftes Leben getragen, dass auch oftmals in Gefahr war; Schiffbruch und Gefängnis hat er durchlitten. Aber er hat nicht aufgehört, von dieser Liebe zu erzählen mit ganzer Kraft, mit vollem Risiko und ehrlich gegenüber seiner Person und seiner Lebensgeschichte.
Wir können ihm dafür danken. Aber mehr noch: Wir können diese Liebe erfahrbar machen als Kraft, die uns am Dunkel im Leben, an allen Rätseln und Verzerrtem oder an Brüchen nicht zerbrechen lässt, und deshalb trotz allem Liebe wagen im Miteinander. Und das hilft uns dann auch, dass wir beim Blick in den Spiegel uns selbst ins Gesicht sehen können.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft halte unseren Verstand wach und unsere Hoffnung groß. Amen.
Fürbitte
Gott, wir danken dir für die Größe deiner Liebe zu uns und dafür, dass diese Liebe niemals aufhört.
Wir danken dir für die Kraft der Liebe, die uns helfen kann, die Stückwerke und Brüche unseres Lebens auszuhalten und uns an guten Erfahrungen und liebevollen Begegnungen zu freuen und zu stärken.
Wir danken auch dafür, dass wir Liebe schenken können und damit anderen in Krisen ihres Lebens beistehen können.
So finden wir im Trüben neue Hoffnung und in Urklarheit und Angst bleibt unser Glaube ein starker Rückhalt.
Wir bitten dich in diesen Tagen für die Opfer von Naturkatastrophen. Lass sie die nötige Hilfe erfahren.
Wir bitten für die Opfer von Diktatur und Gewalt,
für die unterdrückten Frauen, die zu Unrecht Verhafteten, für Kriegsopfer und Flüchtlinge.
Diese Lebensbrüche fordern viel, hilf uns sie zu lindern, wo wir können, und lass uns nicht stumm bleiben,
sondern für die Leidenden unsere Stimme erheben.
Gott, wir bitten dich für die Menschen,
die große Verantwortung tragen,
dass sie weise Entscheidungen treffen.
Wir bitten um mehr Sachlichkeit in Konflikten und
auch um Eigeninitiative, wo Grenzen erreicht werden.
Lass uns vertrauen, dass wir auch Herausforderungen und sogar Zumutungen gewachsen sein können, wenn wir einander so begegnen, wie Jesus es vorgelebt hat.
Gott, wir bitten dich für die Menschen in unseren Gemeinden, die müde geworden sind von den Diskussionen um neue Strukturen und Zuständigkeiten. Lass sie viel mehr Kraft schöpfen aus deiner frohen Botschaft.
Wir bitten auch darum, dass wir in der Kirche Konflikte konstruktiv lösen können.
Und wir hoffen, dass viele zu unserer Gemeinschaft zurückkehren. Mutig können wir dafür werben.
Gott, wir bitten dich für die Menschen in unserer Gemeinde, die an Veränderungen, an Abschieden, Schmerz, Krankheit und Sorgen zu zerbrechen drohen. Wir denken an die Einsamen und diejenigen, die sich nicht verstanden fühlen und besonders an die Kinder und Jugendlichen, die sich um ihre Zukunft sorgen.
Lass uns dem Glaube, der Liebe und der Hoffnung ein Angesicht geben,
das klar ist, weil es um deine Liebe weiß.
Alles, was uns weiter bedrückt, schwer auf dem Herzen liegt und dazu die Menschen, die wir lieben, vertrauen wir dir mit an, wenn wir das Gebet sprechen, das Jesus uns geschenkt hat.
Vater unser
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