Im Laufe unseres Lebens kommen immer wieder neue Situationen und Aufgaben auf uns zu. Auf vieles können wir uns gar nicht vorbereiten, vieles haben wir so nicht gelernt, und manches entwickelt sich so schnell, dass wir immer wieder vor neuen Fragen stehen. Uns bleibt dann nichts anderes übrig, als sich mit dieser neuen Sache vertraut zu machen. Mal müssen wir uns einarbeiten lassen, mal in etwas einlesen. Manchmal muss man sich sogar so richtig in eine Sache einfuchsen. Ich muss mich erkundigen und informieren. Aber ein Mensch wächst ja mit seinen Aufgaben. Schulungen stehen an, eine gewisse Einarbeitungszeit wird mir zugestanden.
Manchmal aber werden wir auch ins kalte Wasser gestoßen und müssen uns ganz schnell auf neue Gegebenheiten einstellen, die ein ganzes Leben durcheinander würfeln können. Oder wir müssen andere mit neuen Situationen vertraut machen, wenn sich Lebensbedingungen verändern. Und das gilt insbesondere, wenn neue Menschen in unser Leben kommen.
„Sich vertraut machen“, bei diesen Worten denke ich zu Weihnachten auch an Josef und Maria. „Da machte sich auf Josef aus Galiläa mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.“ So übersetzt es Luther aus dem Lukasevangelium.
Josef und Maria haben sich im Zuge von all den Geschehnissen rund um die Geburt von Jesus mit vielem vertraut machen müssen. Josef musste lernen, dass das Kind seiner Verlobten nicht vom ihm war und Gott möchte, dass er trotzdem bei ihr bleibt. Maria musste die Engelbegegnung verkraften. Das war für sie schon wie ein Sturz ins kalte Wasser, als plötzlich ein Erzengel kam und mitteilte, dass sie ein Gotteskind zur Welt bringen wird. Gut, dass eine Schwangerschaft neun Monate lang ist, da kann man sich mit der neuen Situation vertraut machen. Dann noch kurz vor der Geburt die Volkszählung, die die kleine werdende Familie zu einer mühevollen Wanderung zwingt. Sicher mussten sich Josef und Maria auch erstmal mit dem Stall vertraut machen. Den Ort für die Geburt hatten sie sich sicher anders gewünscht. Dann all die merkwürdigen Besuche von Hirten, die von Engeln erzählen, von Königen mit denkwürdigen Geschenken, das war auch nichts, worauf sich die beiden vorbereiten konnten. Und was später noch alles geschah mit diesem Jesuskind, als er erwachsen war …, also ich habe ganz schön Respekt vor Josef und Maria.
In der Weihnachtsgeschichte heißt es: Maria hörte gut zu, sie behielt alle diese Worte der Gäste und bewegte sie in ihrem Herzen. Sie machte sich mit diesem besonderen Kind und der neuen Situation vertraut. Vielleicht ahnte sich schon, dass einiges auf sie zukommen würde.
Ich danke Josef, dass er bei Maria geblieben ist, und danke Maria für alles, was sie für dieses Gotteskind auf sich genommen hat.
Jetzt zu Weihnachten hören wir diese Geschichte wie jedes Jahr. Sie ist uns vertraut. Wir lieben die vermeintlich heimelige Nähe im Stall. Viele Sehnsüchte werden wach, manche Menschen werden etwas weicher in dieser Zeit. Ich frage mich aber, haben wir uns mit dem Gottesgeschenk zu Weihnachten, mit Jesus, auch vertraut gemacht?
Die Worte: sich vertraut machen, werden als eine Möglichkeit im Englischen mit „become familiar“ übersetzt. Auch im Deutschen gab es früher das Wort familiarisieren, das heute nicht mehr benutzt wird. In Bezug auf die Botschaft von Weihnachten gefällt es mir aber. Es spiegelt viel wieder vom Verständnis von Kirche und Gemeinde. Weihnachten heißt auch: Gott kommt zu uns auf die Erde und bietet uns an, mit ihm vertraut zu werden. So eng, wie in einer Familie. Das heißt, er gehört zu uns und wir zu ihm und uns verbindet ein liebevolles Band. Das ist dann keine Begegnung, die nach Weihnachten vorbei ist, sondern die uns zur weiteren Auseinandersetzung und zum Zusammenkommen einlädt. Wollen wir da dranbleiben, brauchen wir auch Informationen. In Manches kann man sich gut einlesen, die Bibel haben wir ja, oder man erkundigt sich bei verschiedenen Gemeindeangeboten. Ich kann die Geschichten hören und ein Deutungsangebot bekommen, etwa im Gottesdienst. Wie auch immer. Lassen Sie sich einladen, sich zum vertrauten Weihnachtsfest auch vertraut zu machen mit dem Gotteskind Jesus, welches Josef angenommen hat. Bewegen Sie dieses Wunder von Gottes Kommen in ihren Herzen wie Maria. Sie sind in der Familie Gottes willkommen und angenommen und Sie können an vielen Aspekten aus dem Glauben wachsen. Das hilft im Leben etwa für Herausforderungen oder, wenn uns das Leben wie auch immer geartet überrascht.
©Anke Dittmann
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