Eine Erzählpredigt für einen Familiengottesdienst
Simon war acht Jahre alt, als er das erste Mal mit seinen Eltern zu einer Hochzeitsfeier mitkommen durfte. Er war stolz darauf und fühlte sich groß. Außerdem nahm er sich vor, dass er alles genau beobachten wollte, denn er war neugierig darauf, wie so eine Hochzeitsfeier wohl ablief.
So ging er nach der Mittagshitze mit seinen Eltern zu Fuß in das kleine Nachbardorf Kana. Etwa zwei Stunden gingen sie. Aber Simon wurde nicht müde, er war zu aufgeregt.
Als sie ankamen, waren schon viele andere Gäste im Haus des Brautpaares. Es war voll an den Tischen. Und die Tische waren reich gedeckt. Es gab Brot und Trauben, Fisch und Fleisch. Die Gäste tranken Wein und die Bediensteten des Hauses liefen hin und her, um die Gäste zu versorgen.
Kaum hatte Simon am Tisch Platz gekommen, er saß etwa dem Brautpaar gegenüber, da begann auch Musik zu spielen und sie sangen viele fröhliche Lieder. Simon beobachtete das Brautpaar, das etwas schüchtern am Tisch saß. Er sah sich genau die fröhlichen Gesichter der Gäste an und er versuchte, die Lieder mitzusingen und die Texte zu verstehen. Ihm gefiel dies Fest. Und er spürte, wie wichtig dieser Tag für die Brautleute war.
Auf einmal unterbrach die Musik für einen Moment. Simon drehte seinen Kopf in die Richtung, in die nun alle sahen. Ein Mann hatte den Raum betreten, gefolgt von einer älteren Frau und anderen jungen Männern.
„Das ist Jesus“, flüsterte einer. „Jesus aus Nazareth, der Sohn der Maria.“ Und die Art, wie dies gesagt wurde, machte Simon neugierig auf diesen Mann. Jesus hob die Hand zum Gruß und wurde freudig aufgenommen wie alle anderen Gäste auch. Er nahm am Tisch Platz, aß und trank und redete freundlich mit den Menschen. Nichts Aufregendes geschah.
Gerade als Simon das Interesse an ihm verloren hatte, bemerkte er, dass Maria, Jesu Mutter, zu ihrem Sohn kam und ihm aufgeregt etwas ins Ohr flüsterte. Jesus winkte ab, als er wollte er ihr sagen: „Mach dir keine Sorgen.“ Doch bemerkte Simon kurz danach auch Unruhe unter den Gästen. Und die Bediensteten kamen nicht mehr unablässig gelaufen, um nachzuschenken.
Simon stand leise vom Tisch auf. Er wollte dieser Sache auf den Grund gehen. So verließ er den Hochzeitsraum und ging in die Kammer, wo alle Speisen bereitgehalten wurden. Dort hörte er zu, was die Diener aufgeregt besprachen.
„Was sollen wir tun?“, fragte einer der Diener. „Aller Wein ist ausgeschenkt. Kein einziger Tropfen ist mehr in den Krügen. Was sollen wir nun den Gästen anbieten?“
Die Diener waren ratlos. „Draußen werden es bald alle wissen“, meinte ein anderer. „Und dann ist es mit der Hochzeitsfreude vorbei.“
Doch kaum hatte er das gesagt, da kam auch schon Jesus zu den Dienern heraus. In seinem Gesicht lag keine Aufregung. Er sah ganz ruhig aus, als wüsste er genau, was er tun wollte. Simon war gespannt, was jetzt passieren würde.
Jesus zeigte auf sechs große Steinkrüge, die an der Tür standen. Es waren keine Weinkrüge, nur leere Wasserkrüge.
„Füllt die Krüge mit Wasser!“, sagte Jesus zu den Dienern. Sie schauten ihn verwundert an, taten aber, was er gesagt hatte. Bis zum Rand füllten sie die Krüge mit Wasser.
Simon überlegte, was Jesus wohl vorhatte? Wozu brauchte er so viel Wasser?
„Nun schöpft daraus!“, sagte Jesus. „Und bringt es dem Speisemeister, damit er davon kostet.“
Wieder gehorchten die Diener. Sie füllten einen Becher ab und brachten ihn dem Speisemeister. Der nahm den Becher und trank.
„Oh!“, rief er dann erstaunt. „Was für ein köstlicher Wein! Wo habt ihr ihn her?“ Und er holte schnell den Bräutigam und sagte ihm: „Sieh, dieser Wein ist ja viel besser als der vorige Wein! Warum hast du diesen Wein bis jetzt aufgespart?“
Doch der Bräutigam wusste nicht, woher der gute Wein kam. Nur die Diener und Simon wussten es. Wasser hatten die Diener in die Krüge geschüttet und Wein hatten sie herausgeschöpft. Dieser Jesus hatte ein Wunder getan.
Simon stand immer noch in der Speisekammer. Er war ein wenig durcheinander, denn er konnte sich nicht erklären, wie Jesus dieses Wunder getan hatte. Staunend blickte er den Mann Jesus an, als er an ihm vorbeiging, um den Raum zu verlassen. Jesus blieb dieser Blick von Simon nicht verborgen. Kurz blieb er bei ihm stehen, lege ihm die Hand auf den Kopf und lächelte ihm freundlich ins Gesicht. Simon überkam dabei das Gefühl, dass dieser Mann noch viel mehr tun konnte, als das, was er hier beobachtet hatte.
Ohne großes Aufsehen ging Jesus wieder in den Hochzeitsraum. Und in den kommenden Stunden wurde das Fest noch viel fröhlicher als zuvor. Alle tranken von dem köstlichen Wein und wunderten sich, woher er wohl kam. Jesus saß mitten unter den Leuten und freute sich an deren Freude. Und sie feierten bis weit in die Morgenstunden hinein.
Als Simon mit seinen Eltern nach Hause ging, fragte ihn sein Vater: „Simon, bist du gar nicht müde?“ Simon schüttelte den Kopf. Aber er sagte nichts. Mit seinen Gedanken war er noch ganz bei diesem Mann aus Nazareth. Er spürte, dass er mehr erlebt hatte als eine Hochzeitsfeier. Und ihm gefiel dieser ruhige, freundliche Wundertäter, den sie Jesus nannten.
Anke Dittmann ©️
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