In einem Spontantheater werden zu Beginn die Rollen vergeben und anschließend den TeilnehmerInnen Zeit gegeben, sich vorzubereiten. Dann der Text gelesen und die TeilnehmerInnen agieren und sprechen, was der/die Erzählende vorträgt.
Bei dieser besonderen Form des Spontantheater schreibt vorher jede/r Teilnehmende einen Spruch/Zitat/Sprichwort auf, die dann in eine Schüssel in der Bühnenmitte gesammelt werden. Immer wenn in der Regieanweisung Zettel steht, nimmt die sprechende Person einen Zettel heraus und liest ihn laut vor.
Rollen:
Erzählerin
Therapeutin Fiona Fit
Paul Plappermaul, Moderator
Schwester Herta
Kameramann
Alfred
Herr Rehbock
Zuschauer (2)
Wachtmeister Großkotz
Wir sind heute zu Besuch im Altenheim „Methusalem“.
Es finden hier besondere Angebote für Senioren und Seniorinnen statt. Heute erleben Sie einen Bericht aus der Biographiewerkstatt.
Der Moderator Paul Plappermaul betritt dazu den Gruppenraum. Er hält ein Mikrophon in der Hand. Dicht gefolgt von seinem Kameramann, der immer auf der Suche nach der besten Einstellung ist.
Paul Plappermaul eingebildet und übertrieben:
Liebe Zuschauer, – ich begrüße sie sehr herzlich – zu unserer beliebten – und berühmten – und wichtigen Sendung: – „Kein Schwein interessiert´s – aber dich!,“ – live aus dem Altenheim „Methusalem“. – Ich darf Ihnen zunächst – die Beschäftigungstherapeutin – Frau Fiona Fit vorstellen.
Der Kameramann umkreist Frau Fit.
Die Zuschauer gähnen.
Frau Fit säuselt: Herzlich willkommen – hier in unserer Einrichtung. – Sie wissen ja, – wir sind ein Pilotprojekt – und eine Einrichtung – , die ihrer Zeit weit voraus ist.
P:P.: Nehmen Sie deshalb – schon so junge Menschen auf?
Frau Fit: Natürlich. – Wir kommen alle schneller – in das Rentenalter als gedacht. – Und Sie wissen ja. Unser Motto ist: (Zettel)
P.P. sichtlich beeindruckt.: Großartig. – Wirklich beeindruckend.
Frau Fit: Ich möchte ihnen nun – unseren ältesten Bewohner vorstellen. (ruft laut) Alfred.- Alfred!
Alfred kommt mit Krücke um die Ecke in den Raum geschlurft. Er geht sehr gebückt, ganz tief gebückt, so als würde er fast umkippen.
Frau Fit: Alfred ist ein ganz spezieller – Bewohner unserer Einrichtung. – Manche denken, wenn sie ihn sehen- : (Zettel)
Das ging Paul Plappermaul auch gerade durch den Kopf.
Plötzlich kommt die überaus attraktive Pflegeschwester Herta in das Zimmer.
Zuschauer: Aah! Wow!
Sie ist ganz aufgeregt. Ihre Haare sind zerzaust. Der Kameramann nimmt sie sofort ins Visier. Viel zu laut fragt sie:
Herta: Hat jemand Herrn Rehbock gesehen? – Er ist verschwunden.
Fiona Fit bleibt wie immer gelassen und sagt: Hier aus unserem Haus – kann er nicht entkommen. – Es ist alles abgeriegelt. – Wir sind immerhin ein Altenheim. – Also keine Aufregung.
Herta aber lässt sich nicht beruhigen: Aber er war am Medizinschrank. – Er hat Schwester Martha umgehauen – und die Aufputschmittel geschluckt.
Paul Plappermaul horcht auf. Das klingt nach einer guten Story.
PP: Das ist ja sehr interessant. – Aufruhr im Altenheim. – Und wir life dabei.
Zuschauer: Geil! – Supersendung!
Frau Fit wirkt nun nervöser und fragt: Die Aufputschmittel?
Herta antwortet nach Luft ringend: Genau – und dann ist er damit ab – Richtung Küche. – Aber da ist er nicht mehr – und das Nudelholz fehlt.
Frau Fit, blasser geworden: Nur das Nudelholz?
Herta zögerlich: Naja, – das Nudelholz und – das Fleischbeil.
Frau Fit springt auf: Wir müssen sofort – alle Bewohner in Sicherheit bringen – und die Polizei rufen. – Herr Plappermaul, die Sendung wird verschoben. –
Frau Fit betätigt den Notrufknopf.
Doch dies Geschehen will sich Herr Plappermaul natürlich nicht entgehen lassen, ein aufgeputschter Alter mit einem Nudelholz und einem Fleischbeil. Das wird das Sendeereignis, seine Chance. Er strahlt über das ganze Gesicht.
Aber dann sind merkwürdige Geräusche auf dem Flur zu hören. Ein Grummeln wie von einem wilden Tier. Das muss Herr Rehbock sein. Er grummelt lauter.
Rehbock: Grummeln
Es klingt unheimlich.
Paul Plappermaul denkt: (Zettel)
Und da ist auch schon das Nudelholz am Türrahmen des Zimmers zu sehen. Der Kameramann schwenkt sofort seine Kamera. Paul Plappermaul kann mal wieder den Mund nicht halten.
PP: Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer. – Sie haben im richtigen Moment eingeschaltet. Wir haben einen Notfall im Altenheim.- Ein wahrer Krimi…
Zuschauer johlen. Johlen!
Fiona Fit ist wütend und schlägt Paul Plappermaul das Mikro aus der Hand.
Die Zuschauer reißt dies von den Sitzen:
Zuschauer: Bravo! Super! – Der Plapperpaul kriegt eins aufs Maul!
Aufgeregt und wirr im Kopf ruft Fiona Fit: (Zettel)
Das kann Paul Plappermaul nicht auf sich sitzen lassen. Er kontert: (Zettel)
Während sich die beiden nun alles Wichtige gesagt haben, hat sich Herr Rehbein Beil und Nudelholz schwingend in das Zimmer gewagt. Schwester Herta hat sich unter dem Tisch versteckt. Vor Angst klappern ihre Zähne.
Herta: Zähne klappern
Alfred, der die Situation nicht so ganz überblickt, will auch etwas sagen.
Da ihn Herr Rehbock an alte Zeiten erinnert, hebt er zum Gruß seine Krücke und ruft:
Alfred: (Zettel)
Dieser Ausruf ist wie ein Signal für Herrn Rehbock. Er stürzt sich mit unerwarteter Schnelligkeit auf seine Therapeutin Fiona Fit. Beide gehen zu Boden. Dabei schlägt Frau Fit mit ihrem Kopf auf den Fuß von Alfred. Dieser jault auf.
Alfred: Jault.
Und im Reflex schlägt Alfred Herrn Rehbock mit der Krücke das Beil aus der Hand. Schwester Herta schnellt unter dem Tisch hervor und nimmt das Beil an sich. Herr Rehbock fuchtelt daraufhin wütend mit dem Nudelholz und ruft:
Rehbock: Zettel
Der Kameramann kann sich gar nicht so schnell hin- und her wenden, wie das Geschehen seinen Lauf nimmt. Er fuchtelt mit der Kamera nach links und rechts.
Die Zuschauer sind von dieser außergewöhnlichen Einstellung begeistert.
Zuschauer: Mehr! Mehr!
Herr Rehbock, die Bewegungen des Kameramanns im Visier, haut ihm das Nudelholz auf den Kopf. Der Kameramann geht zu Boden. Ende der Bildübertragung.
Zuschauer: Buh!
Herr Rehbock schwenkt sein Nudelholz, als hätte er eine Schlacht gewonnen.
Alfred sichtlich beeindruckt ruft: Vorwärts Kameraden!
Und stürzt sich auf Paul Plappermaul. Doch noch bevor er ihn mit seiner Krücke zusammenschlagen kann, ist draußen das Polizeiauto zu hören.
Zuschauer: Tatü, tata. Tatü tata.
Alle fallen in eine Art Schockstarre.
Wenige Sekunden danach stürmt Wachtmeister Großkotz den Gruppenraum. Sofort durchblickt er die Situation und greift seine Trillerpfeife. Die hat er immer bei sich aus den Zeiten als Verkehrspolizist. Er pfeift kräftig.
Daraufhin stehen alle stramm. Nur der Kameramann bleibt bewusstlos liegen.
Wachtmeister Großkotz ruft: Alle Mann auf ihre Zimmer!
Herr Rehbock und Alfred verlassen daraufhin wie mechanisch den Raum. Schwester Herta nimmt das Nudelholz und das Fleischbeil an sich und geht. Paul Plappermaul schüttelt sich und schaut verärgert auf die kaputte Kamera. Fiona Fit sieht das und tritt mit breiten Grinsen noch mal kräftig auf die Kamera drauf.
Herr Wachtmeister sagt daraufhin zu Frau Fit: Bingen Sie endlich Ruhe in ihren Laden hier.- Ich kann schließlich nicht – jeden Tag kommen.
Daraufhin fragt Paul Plappermaul entsetzt: Passiert so was hier öfter?
Fiona Fit funkelt ihn giftig an: Wir sind eben ein Pilotprojekt – und arbeiten erlebnisorientiert, – da muss man manche Kinderkrankheit – in Kauf nehmen.
Paul Plappermaul fehlen das erste Mal in seinem Leben die Worte. In dem Moment wacht sein Kameramann auf. Er nutzt die Chance, auch einmal etwas sagen zu können. Egal was!
Kameramann: (Zettel)
Dann ergreift er seine Kamera. Sie scheint unverwüstlich zu sein und er nimmt Paul Plappermaul groß ins Bild. Sie sind wieder auf Sendung.
Paul Plappermaul ist völlig fertig mit der Welt.
Resigniert und müde sagt er: Dies war meine letzte Sendung von: – Kein Schwein interessiert´s – aber dich. – Ich gehe jetzt sofort in den Ruhestand. – Auf Nimmerwiedersehen.
Das ist eine gute Nachricht. Die Zuschauer applaudieren, trampeln und pfeifen.
Dann wendet sich Paul Plappermaul zu Fiona Fit und fragt: Ist hier noch ein Platz frei?
Doch sie sagt nur: Frau Fit: Zettel
Ende der Sendung.
Anke Dittmann©
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